Nein, Heimspiele im Borussia-Park waren zu Beginn der Saison keine Festtage. Leverkusen, Bayern, Leipzig, da oszillierte die Lebensfreude zwischen einem Zahnarztbesuch mit Wurzelbehandlung und einer Coronavertretung für den Redaktionskollegen beim Parteitag der Wuppertaler CDU. Dabei ging es, nun, wirklich nicht gerade steil, aber es ging nach oben. Diese positive Entwicklung kulminierte vorerst im Spiel vom Freitagabend und der besten Saisonleistung der Borussia in der nicht mehr ganz so jungen Saison. 

Zwei Dinge stimmen für den weiteren Saisonverlauf hoffnungsfroh und sind an diesem Abend besonders hervorzuheben. Zum einen kehrte Effizienz ins Spiel der Borussia zurück. Nicht nur ging man mit der ersten richtigen Torchance, der allerdings eine bemerkenswerte Kombination von Plea und Honorat vorausging, in Führung, sondern auch in der zweiten Halbzeit reagierte man auf die Wolfsburger Drangphase mit einem Treffer genau in diese hinein und machte kurz darauf mit dem vierten Tor frühzeitig den Deckel auf die Partie. Und: man überstand beide Phasen zu Beginn der Halbzeiten, in denen Wolfsburg durchaus gefährlich agierte, dank einer konzentrierten Abwehrleistung und einem starken Nicolas. Das letzterer erstmals eine “weiße Weste” feiern konnte, war kein Zufall und Lohn dieser Anstrengungen.

Gleich mehrere Torpremieren durften bejubelt werden: Reitz und Honorat erzielten erstmals einen Treffer in der Bundesliga und Čvančara steuerte seine Torpremiere vor heimischen Publikum bei. Letzterer erarbeitete sich mehrere gute Gelegenheiten und zeigte aufstrebende Form, auch wenn er in der ersten Halbzeit erst mit dem Schuhwerk haderte, und es wechseln wollte, bis er dann traf. Auch den vierten Torschützen, Plea, muss man an diesem Abend hervorheben, denn er zeigte mal wieder das Gesicht, das ihn vor fünf Jahren mal bis in die französische Nationalmannschaft hievte. Man denke an seinen Block vor Reitz' Tor oder auch den Pass über 30 Meter genau in den Lauf von Čvančara kurz vor dem dritten Tor. Bemerkenswert aber, dass an diesem Abend keiner wirklich abfiel, sondern alle ihren Job ordentlich und in jeder Situation solide erledigten und auf die sonst üblichen Wackler verzichteten. Wenn die beiden defensiveren Mittfeldspieler Koné und Weigl eher unauffällig agierten, dann lag das nicht daran, dass sie nicht zu überzeugen wussten, sondern dass sie sich in den Dienst der Mannschaft stellten - wie alle bei diesem überzeugenden Heimsieg.

Nein, das war eine runde Sache an diesem regnerischen Freitagabend. Darüber kann, darüber soll man sich unbedingt und vorbehaltslos freuen. Das taten auch die Verantwortlichen, allen voran Trainer Seoane, der wohltuend klar analysierte, dass die Spielverlauf und Zeitpunkt der Tore einer an diesem Tage guten Mannschaft zusätzlich in die Karten spielten. Denn bei aller Freude sollte man das Spiel einzuordnen wissen. Borussia traf auf einen Gegner, der einen spiegelbildlichen Saisonverlauf im Vergleich zum eigenen vorzuweisen hat. Die Werkselfen aus Wolfsburg legten los wie die Feuerwehr und holten vier Siege aus den ersten sechs Spielen. Danach folgte aber nur noch ein mickriger Punkt in Bremen. Und wer den Verantwortlichen auf und neben dem Rasen am Freitag zuhörte, der merkte, dass man in Wolfsburg nicht so richtig weiß, woran es liegt. Außerdem sei (das Mahnen gehört schließlich auch zur Seitenwahl-DNA, den Schuh ziehen wir uns schon an) an das Freitagsspiel vor fast exakt einem Jahr, am Karnevalsauftakt des letzten Jahres erinnert, das man ähnlich berauschend gegen die wenig geliebte Namenscousine aus dem Pott gewann. Danach folgte dann ja nicht mehr so wahnsinnig viel.

 Es wäre sehr schön, wenn das dieses Jahr anders laufen würde. Gelegenheit dazu wird sich im Anschluss an die Länderspielpause bei eben jenen Dortmundern ergeben, die ebenfalls gerade deutlich Schlagseite aufzuweisen haben. Gelingt es, den derzeitigen Leistungsanstieg über diese Pause hinaus zu konservieren, sollte es also möglich sein, einen der seltenen Festtage im Pott zu erleben. Den richtigen Schuh sollte man auf jeden Fall mitnehmen und - ihn sich dann auch anziehen.