frankfurt neuIm sogenannten Top-Spiel der Bundesliga treffen am Samstag um 18:30 Uhr mit Eintracht Frankfurt und Borussia Mönchengladbach zwei Mannschaften aufeinander, die zuletzt nicht gerade für positive Schlagzeilen gesorgt haben. Die Ergebnisse der letzten Wochen legen nahe: Eintracht Frankfurt droht die Saisonziele zu verfehlen, Borussia Mönchengladbach hat die Saisonziele verfehlt (auch wenn Trainer und Sportdirektor wortreich beteuern, im Grunde keine Ziele gehabt zu haben). Dem entsprechend ist die Stimmung in beiden Lagern nicht eben berauschend. 

Mag in Mönchengladbach zunächst der Sieg gegen Wolfsburg trotz nicht gerade berauschender Leistung als Stimmungsaufheller getaugt haben, verursachen die Nachrichten dieser Woche wieder einmal Bauchweh. Da ist zunächst der bedauerliche Abgang von Lars Stindl, zu dem Kollege Spoo bereits hinreichend salbungsvolle Formulierungen als Nachruf gefunden hat. Da ist die – lang erwartete – Bekanntgabe der ablösefreien Wechsel von Thuram und Bensebaini. Da ist die (verständliche) Kundgabe der Unzufriedenheit von Marvin Friedrich, die Unruhe brachte. Und da sind die Vertragsverlängerungen von Tony „Fußballgott“ Jantschke und Tobias Sippel, die vom Management als positive Nachrichten verkauft werden, die aber ebenfalls für Sorgenfalten bei der Anhängerschaft sorgen. Um nicht missverständlich zu werden: Es gibt wohl niemanden, der Tony Jantschke nicht mag und ihm die Verlängerung nicht gönnt und auch Tobias Sippel hat sich abgesehen von ein paar Unsicherheiten bei seinen letzten Einsätzen nichts zuschulden kommen lassen. Trotzdem wird niemand „Tony und Tobi“ als Hoffnungsträger für die Zukunft wahrnehmen oder gar diese Vertragsverlängerungen als Ausweis eines in sich geschlossenen Zukunftskonzepts verstehen. In der Summe der Nachrichten wirkt die Lage eher so, dass alle die, die problemlos einen anderen Verein finden, sich anders orientieren, während der Rest bleibt. Folgerichtig verpuffen auch die Versuche des Managements ziemlich wirkungslos, der Öffentlichkeit diese Vertragsverlängerungen als positives Signal zu verkaufen, und sei es auch nur wegen der Wichtigkeit der Protagonisten „für die Kabine“. Solange der „Umbruch“ nur aus Abgängen besteht, jedoch keinerlei Perspektiven aufgezeigt werden, wird das so bleiben.

Gut, dass es dem Gegner auch nicht besser geht. Die letzten Überschriften der Frankfurter Rundschau zur Eintracht lauten „ … das Rätsel Daichi Kamada“, „Glasner: Erstaunlich dünnhäutig“, „Der gewohnte Absturz von Eintracht Frankfurt“ und „Eintracht: Zwischen Tristesse und leichter Hoffnung“. Man könnte meinen, der kommende Gegner schafft es bei gutem Verlauf gerade noch in die Relegation. Tatsächlich wirkt das aus der Außenperspektive ein bisschen wie Jammern auf hohem Niveau und damit nicht ganz rational. Richtig ist zwar, dass in den letzten 9 Pflichtspielen (und einem Freundschaftsspiel gegen Fürth) nur ein Sieg gelang, wodurch man aus der Champions League ausschied (was allerdings gegen den Tabellenführer der italienischen Liga passieren kann) und in der Bundesliga den Anschluss an die Plätze 1-4 komplett verloren hat. Dennoch ist nach wie vor eine Qualifikation für die Europa League möglich, sei es über den DFB-Pokal (Sogar was Blechernes ist also noch in Reichweite!) als auch über die Liga. Auch Frankfurt hat mit ablösefreien Abgängen zu kämpfen – Kamada! – und auch hier stellt sich zunehmend die Frage, was aus Kolo Muani nach der Saison wird (wobei da der Preis vermutlich deutlich auskömmlicher sein wird als die im Fall von Koné diskutierten Beträge).

Für das Spiel am Samstag bedeuten diese tatsächlichen oder vermeintlichen Miseren natürlich nichts, das fängt bei 0:0 an. Bei Frankfurt ist Götze gesperrt und Max fällt aus, sodass die Last des kreativen Offensivspiels auf dem zuletzt formschwachen Kamada liegen wird, dem man in Frankfurt gerade ähnliche Gefühle entgegen bringt wie Thuram und Bensebaini in Gladbach. Ansonsten darf man eine Dreierkette mit dem unermüdlichen Hasebe im Zentrum erwarten, davor eine Doppelsechs mit Rode und Sow, vor zwei Außenbahnspielern sollen dann vermutlich Borré, Kamada und Kolo Muani für Torgefahr sorgen.

In Gladbach sind alle man an Bord, sodass Daniel Farke die Qual der Wahl hat, wen er aufstellen soll. Angesichts dessen, dass Farke bisher die Breite des Kaders – vorsichtig ausgedrückt – eher zurückhaltend genutzt hat, darf mit Kontinuität gerechnet werden. Bis auf die Rückkehr von Koné für Neuhaus und von Hofmann für Ngoumou wird die Startelf der gegen Wolfsburg entsprechen. Ab der 75. Minute gibt’s dann Spielpraxis für einige andere.

Was gibt es zu gewinnen? Wenig. Vielleicht treibt ja die Aussicht, in der ewigen Bundesligatabelle den VfB Stuttgart zu überholen und auf Platz 4 vorzurücken, die Mannschaft zu einer Glanzleistung? Eher nicht.

Man muss nicht allzu sehr spekulieren, um vorauszusehen, welche Mannschaft in Frankfurt mehr sichtbares Engagement an den Tag legen wird – die, für die es wirklich noch um etwas geht. Deshalb sollte man die Erwartungen an einen Auswärtssieg in Frankfurt nicht zu hoch hängen. Viel wichtiger – und da kommen wir wieder zum Anfang des Artikels – wäre es, wenn der Verein endlich sowas wie ein Zukunftskonzept erkennen ließe.

Der SEITENWAHL-Tipp:

Uwe Pirl: Borussia liefert einen typischen Auswärtskick des Jahres 23 ab. Glücklicherweise fällt Frankfurt auch nicht viel mehr ein. Das sogenannte Topspiel ist ein müdes 1:1.

Christian Spoo: Zwei Siege in Folge? Ist das schon eine Serie? Ist auch egal, denn Borussia verliert mit 1:3. Immerhin: Eine ganze Saison ohne zwei Siege in Folge ist definitiv eine Serie.

Thomas Häcki: Gibt es einen Grund, warum sich die Fohlen plötzlich kämpferisch zeigen sollten? Nach dem 0:2 heißt die Antwort ganz klar: Nein.

Michael Heinen: In Frankfurt gibt es leider nichts zu holen. Borussia verliert mit 1:2.

Michael Oehm: Als unverbesserlicher Optimist glaube ich, dass Borussia die Serie mit schwachen Spielen, in denen trotzdem gepunktet wird, um ein weiteres ausbaut. 1:1

Claus-Dieter Mayer: Wer glaubt, Daniel Farkes Stolz auf ein Unentschieden beim Europaleague-Sieger in der anschließenden Pressekonferenz müsse wohl berechtigt sein, hat das Spiel nicht gesehen. Beide Mannschaften murksen sich ein 1:1 zusammen, bei dem noch nicht mal die Tore sehenswert sind.