freiburg neuNull Torhüter, 10 Gegentore. Das sind die Themen, mit denen sich Fans von Borussia Mönchengladbach in den wenig erfreulichen Tagen zwischen Mainz und Freiburg beschäftigen, die Hauptgegenstand der Berichterstattung dieser Woche waren und die auch auf der donnerstäglichen Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Freiburg viel Raum einnahmen. Null Torhüter im Training – diese bedrohliche Nachricht war Anfang der Woche in verschiedenen Medien zu lesen. Viel besser ist es wohl nicht geworden. Glaubt man den Aussagen der Pressekonferenz, liegen die Chancen auf eine Einsatzfähigkeit von Jan Olschowsky bei Null und die Chancen auf eine Einsatzfähigkeit von Jonas Omlin bei 5-10%. Also wird mit hoher Wahrscheinlichkeit Tobias Sippel am Samstag das Gladbacher Tor hüten. Tobias Sippel war jahrelang ein guter zweiter Torwart hinter Yann Sommer mit dem Ruf, ihn jederzeit bringen zu können, wenn es denn sein muss. Dieser Ruf hat leider gelitten durch einige Fehler und Unsicherheiten bei seinen letzten Auftritten. Bleibt also zu hoffen, dass er die Kurve bekommt und die Kritiker, die in ihm ein Sicherheitsrisiko sehen, am Samstag widerlegt.

Mit den 10 Gegentoren sind die 4 vom letzten Freitag und die 6 aus dem letzten Heimspiel gegen Freiburg gemeint. Am letzten Freitag wie vor eineinhalb Jahren präsentierte sich die Mannschaft von Borussia Mönchengladbach in der Defensivarbeit erschreckend schwach und ergab sich mehr oder weniger in ihr Schicksal. Dass sich in der Mentalität des Teams seit der Klatsche gegen Freiburg nichts, aber auch gar nichts geändert hat, war im Grunde das Hauptthema der Pressekonferenz, in der einmal mehr nach den Ursachen dieser fehlenden Widerständigkeit in der Mannschaft gefragt wurde. Eine richtige Antwort darauf gab es trotz vieler Worte nicht. Einig waren sich Daniel Farke und Roland Virkus allerdings darin, dass es der Mannschaft an den nötigen Charaktereigenschaften dafür mangelt, mit Widerständen in Form von aggressiven Gegenspielern oder Rückständen umzugehen und diese zu überwinden. Was einerseits ein Armutszeugnis für die Spieler ist, andererseits aber auch Fragen in Richtung Kaderplanung bzw. sportliche Leitung aufwirft, denn diese Situation ist ja nicht erst seit der Niederlage gegen Mainz bekannt, sondern im Grunde spätestens seit der verkorksten Rückrunde der Saison 20/21 ziemlich offensichtlich.

Fragen an die Kaderplanung wirft auch das Bekenntnis auf, einerseits keinerlei Backup für Nico Elvedi zu besitzen (Marvin Friedrich sei leistungsmäßig nahe dran, könne aber nur die rechte Innenverteidigerposition spielen, so Farke), weshalb dieser auch bei der derzeitigen mehr als offensichtlichen Formschwäche keinerlei Pause bekommen kann, und andererseits im Fall Jordan Beyer die weitere Entwicklung nicht in der eigenen Hand zu haben. Bleibt zu hoffen, dass die Kaufoption für Burnley höher ist als das in verschiedenen Medien angedeutet wurde und dass man wenigstens angemessene Fristen zur Ausübung vereinbart hat.

Der SC Freiburg repräsentiert wie Union Berlin in Sachen Mentalität das genaue Gegenteil von Borussia Mönchengladbach und vermittelt ein Bild extremer mannschaftlicher Geschlossenheit, bei der einer für den anderen kämpft und wirklich jeder Spieler bereit ist, immer an sein Limit zu gehen. Im Fall des SC Freiburg verbindet sich das auch mit hoher spielerischer Qualität. Diese Kombination ist neben der Konstanz auf der Trainerposition und den Fähigkeiten der sportlichen Leitung mutmaßlich einer der Gründe, warum der SC Freiburg – so hart muss man das sagen – mittlerweile im Bundesligaranking an Borussia Mönchengladbach vorbeigezogen ist.  Ein weiterer Grund ist die Breite des Kaders, der zwar mit Ausnahme vielleicht von Grifo ohne spektakuläre Einzelkönner auskommt, jedoch anders als Borussia Mönchengladbach Stammspieler gleichwertig zu ersetzen vermag. Träfe die vom Kicker prognostizierte Aufstellung zu, säßen mit Gulde, Kübler, Schmid, Jeong, Keitel, Sallai oder Petersen eine Reihe von Spielern auf der Bank, die im Vergleich zur Startelf keinen Qualitätsverlust bedeuten.

Logischerweise wurde Freiburg von Virkus und Farke in der Pressekonferenz mit Lob geradezu überschüttet – zurecht, denn dass dieser Verein seine Möglichkeiten extrem effizient und noch dazu auf recht sympathische Weise nutzt, dazu gibt es wohl keine zwei Meinungen.

Ungeachtet dieses ganzen Lobes und ungeachtet der Tatsache, dass man Freiburg sympathisch finden kann, steht am Samstag ein Fußballspiel an. Und in diesem Fußballspiel wird es wieder um die Mentalität gehen. Denn wenn die Gladbacher Elf am Samstag ähnlich zu Werke geht wie letzten Freitag, wird das Spiel enden wie im Dezember 2021.

Der SEITENWAHL-Tipp:

Uwe Pirl: Zählt Freiburg aus Sicht der Gladbacher Spieler mittlerweile zu den „Großen“, gegen die man eine Extraportion Motivation hat? Man kann es hoffen, aber tippen will man nicht darauf. Wahrscheinlicher ist, dass sich die Misere fortsetzt. 3:1 für Freiburg.

Michael Heinen: Das 0:6 aus dem Vorjahr überschattet, dass Borussias Heimbilanz gegen Freiburg zuletzt ordentlich war. Gegen Topteams ist die Mannschaft zudem meist motiviert. Da der SC inzwischen eins ist, reicht es zu einem 3:2-Heimsieg.

Volkhard Patten: Borussia wird nach dem 0:6 aus der letzten Saison mit seiner Ersatzgeschwächten Mannschaft nur 0:4 verlieren und dass dann als Verbesserung zur Vorsaison verkaufen.

Christian Spoo: Ein Debakel wie im Vorjahr gibt es nicht, aber für die 1:2 Heimniederlage kann Borussia sich nichts kaufen.

Thomas Häcki: Um gegen Freiburg zu bestehen, braucht man Widerstandsfähigkeit, eine stabile Abwehr und einen guten Torwart.... Was soll's? 1:3

Michael Oehm: Es ist eine traurige Wahrheit, dass Freiburg eine der Mannschaften ist, die in den letzten Monaten des Wirkens von Max Eberl an der Borussia vorbeigezogen ist. Da sie zudem einen Spielstil pflegt, der der Borussia nicht liegt, wird es wohl auf eine Heimniederlage hinauslaufen, die hoffentlich weniger desaströs als beim letzten Aufeinandertreffen ausfällt. 0-2

Claus-Dieter Mayer: Borussia beweist mal wieder ihren Wundertueten-Charakter und besiegt den SC Freiburg in einem guten Spiel mit 3:1