"Wir werden uns zusammensetzen" ist wohl der meistgeäußerte Satz in der Borussiasphäre seit die Saison aus bekannten Gründen mitten in der Vorrunde unterbrochen wurde. Welches Gesicht die Mannschaft haben wird, wenn der Spielbetrieb wieder startet, wenn die Rückrunde los geht und erst Recht wenn man die kommende Spielzeit in den Blick nimmt, es ist jetzt, Anfang 2023 kaum deutlicher, als es beim vorerst letzten Bundesligaspiel - 4:2 gegen Dortmund, die Älteren werden sich erinnern - der Fall war. Die erste Personalie war diejenige, die wohl mehr als alle anderen erwartet worden war: Christoph Kramer bleibt über die Saison hinaus Borusse. "Vorläufig um zwei Jahre" habe man den Vertrag mit dem Mittelfeldspieler verlängert, twitterte Borussia. Kramer selbst erneuerte seine Absicht, seine Karriere in Mönchengladbach zu beenden und dass der Verein im Moment durchaus ein Interesse daran hat, den 31-jährigen zu halten, wundert nicht. Kramer gehört in dieser Spielzeit zu den Leistungsträgern und ist dann eben doch noch etwas jünger als Lars Stindl, dessen Vertrag ebenso zum Saisonende ausläuft und der ähnlich wie Kramer und Tony Jantschke gefühlt schon zum Inventar gehört. Ob und wie es mit Stindl und Jantschke weitergeht, ist bisher nicht geklärt, sollten in den nächsten Tagen Fotos mit glücklich lächelnden Mitt-Dreißigern und einem ebenso gut aufgelegten Roland Virkus veröffentlicht werden, es würde niemanden wundern. So gerne man diese Spieler mag, und so zuverlässig immer noch ihren Dienst tun, die Fußballerlaufbahn ist endlich und Ausweis einer zukunftsgerichteten Kaderplanung wäre die Verlängerung dieser Verträge nicht, denn keiner dieser Profis spielt für lau. Es ist gut und wichtig, ein Gerüst zu haben, aber zu viele Spieler der Marke "verdient" sollte sich Borussia nicht leisten.

 

Verdient ist Yann Sommer zweifellos, aber die Hoffnung, den Torwart länger zu binden, scheint mehr oder weniger dahin. Das Interesse von Bayern München wird konkreter, Sommer selbst soll Borussia schon von seinen Plänen unterrichtet haben, in den Süden Deutschlands zu wechseln. Falls das so ist, geht es nurmehr um die finanziellen Modalitäten eines Wechsels. Wie viel ist Bayern bereit, für Sommer zu zahlen, falls der Rekordmeister ihn wirklich nur als Platzhalter für Manuel Neuer betrachten sollte? Bei welcher Summe würde Borussia schwach? Wie wichtig ist Sommer, um die Saisonziele zu erreichen? Und was sind diese Ziele überhaupt. Sollte der Anspruch weiterhin sein, sich für das internationale Geschäft zu qualifizieren, wäre der Verlust des großen Rückhalts der vergangenen Jahre kaum zu kompensieren. Will man sich ohnehin nur in der Bundesliga halten, kann das auch mit einem anderen, wenn auch weniger beschlagenen Keeper gelingen. Ob der dann Jan Olschowsky heißt oder ob man einen Teil der Ablösesumme in eine externe Lösung investiert, ist dem Vernehmen nach noch ungeklärt. Olschowskys Vertrag läuft ebenfalls aus. Sollte man dem Nachwuchsmann jetzt einen anderen Torwart vor die Nase setzen, dürfte das seine Neigung, in Mönchengladbach zu verlängern, nicht gerade verstärken. Ob Olschowsky aber wirklich gut und weit genug ist, um in Sommers Fußstapfen zu treten, weiß man im Verein vermutlich besser als wir das von außen beurteilen können. Letzten Endes stehen da ein ordentlicher und ein guter Auftritt in der Bundesliga. Zu wenig, um von hier aus ein Urteil zu fällen. Presseseits ist von Interesse am australischen Nationalkeeper Mat Ryan die Rede. Der 30 Jahre alt und international erfahren, das wäre die Sicherheitslösung. Andererseits würde Borussia erneut zeigen, dass in Mönchengladbach kein Weg von der U19 oder U23 in die Bundesliga führt.

Bei allen weiteren Personalien heißt es aktuell: Keine Bewegung. Marcus Thuram hat im Dezember auf internationalem Parkett vorgespielt, ist seitdem aber noch nicht in Gladbach gewesen. Bei ihm wie bei Ramy Bensebaini geht es wohl nur noch um die Frage, ob man sie jetzt für etwas oder nach der Saison für kein Geld ziehen lässt. Und wie bei Sommer muss Borussia eine Kosten-Nutzen-Rechnung aufmachen, sofern es aktuell überhaupt Kaufinteressenten gibt. Im Sommer steht, will man überhaupt nennenswerte Transfererlöse erzielen, wohl der Abschied von Manu Koné an. Bei Jonas Hofmann und Alassane Plea wird sich gleichzeitig erweisen, ob die umjubelten Vertragsverlängerungen mehr waren, als Schadensbegrenzung. Beide verfügen nach allem, was man weiß, über Ausstiegsklauseln. Wie die gestrickt sind, ist freilich nicht öffentlich bekannt. Dass nach der Saison ein kompletter Neuaufbau ansteht, ist angesichts dieser Verhältnisse eine wahrscheinliche Option. Dass bei all diesen Unwägbarkeiten noch mehr als eine halbe Saison zu spielen ist, gerät bei all diesen Personalfragen fast schon in den Hintergrund. Dabei ist das Abschneiden in dieser Saison durchaus maßgebend dafür, welche Spieler man zum Wechsel nach Mönchengladbach wird bewegen können und welche man überhaupt bezahlen kann. Es gab schon entspanntere Winterpausen für Borussenfans.