hoffenheim neuIn einem letztendlich bedeutungslosen Spiel stehen sich zum Abschluss der Bundesligasaison 2020/21 Borussia Mönchengladbach und der sympathische Traditionsverein aus dem Kraichgau, die TSG „1899“ Hoffenheim gegenüber. Beide Teams stehen im Niemandsland der Tabelle, beide können weder absteigen noch in der Tabelle Verbesserungen erreichen. Es wird ein Duell der Enttäuschten, beide Teams dürften mit der Saison nicht zufrieden sein.

Während auf Gladbacher Seite von vornherein alle Ziele verfehlt wurden, ist es bei den Kraichgauern vermutlich nicht die Abschlussplatzierung in absoluten Zahlen, die unzufrieden macht, sondern der Umstand, dass man nach der Hinrunde mit Tuchfühlung zu den Champions-League-Plätzen auf Rang 5 und nach dem 25. Spieltag auf sogar auf Platz 4 lag, ehe nach dem Sieg in Köln Anfang März eine Serie von 8 Spielen ohne Sieg alle Träume vom internationalen Fußball zunichtemachte. Während Borussia aufgrund interner Querelen sowohl im Team als auch im Verein und eines diffusen Gefühls des Nichtzueinanderpassens zwischen Trainer und Mannschaft daran scheiterte, das ohne Zweifel vorhandene Potential auszuschöpfen, lassen sich in Hoffenheim die Ursachen relativ klar benennen: Zu viele Verletzte ließen dem Team auf der Zielgeraden buchstäblich die Luft ausgehen. Auf der Ausfallliste für den kommenden Spieltag stehen mit Munas Dabbur, Florian Grillitsch, Ermin Bicakcic, Benjamin Hübner, Chris Richards, Dennis Geiger, Marco John, Fisnik Asllani und Havard Nordtveit 9 Spieler, davon 6 potenzielle Startelfkandidaten. Möglicherweise kommt auch noch Ihlas Bebou dazu.

Einen Abschied auf Hoffenheimer Seite, der leider nicht auf dem Platz stattfinden wird, gilt es gesondert zu erwähnen: Mit Havard Nordtveit verlässt ein Spieler die Bundesliga, der die meisten seiner Bundesligaspiele für Borussia Mönchengladbach gemacht hat und der einer der Protagonisten von Borussia Barcelona war. Dass Nordtveit nach seiner Gladbacher Zeit nirgends mehr richtig Fuß fassen konnte, teils verletzungsbedingt, teils, weil es einfach nicht passte, ist schade für ihn, zeigt aber auch, dass Borussia Mönchengladbach in der Verfassung der letzten Jahre ein guter Ort war für Profis gehobener Qualität, die aber nicht die absolute Klasse für die ganz großen Vereine hatten.

Ob das in Zukunft noch so sein wird, ist fraglich. Denn während die Borussia der Jahre 2011 -2020 sich nicht nur durch sportlichen Erfolg auszeichnete, sondern auch durch ein augenscheinlich gesundes internes Klima, das von manchem sogar als zu ausgeprägte Wohlfühloase verunglimpft wurde, erinnert der Verein momentan mehr an die Borussia von Peter Pander und Dick Advocaat: Misslungene Pressekonferenzen, die mehr Fragen aufwerfen, als dass sie welche beantworten; Spieler, die in Podcasts beunruhigende Innenansichten des Vereins liefern; mündige Spieler, die für angemessen formulierte kritische Töne in Interviews offensichtlich durch Versetzung auf die Bank und demonstrative Nichteinwechslung selbst dann bestraft werden, wenn auf ihrer Position für jeden ersichtlich Notstand herrscht. Das alles ist eine ungesunde Mischung aus Zeiten, die man vergangen glaubte. Dies aufzuarbeiten, würde aber den Rahmen des Vorberichts sprengen.

Denn noch ist ein Spiel zu spielen. Bei Borussia sind bis auf den gesperrten Elvedi und den operierten Jantschke alle mehr oder weniger fit (d.h. eine Halbzeit halten sie vermutlich durch). Vermutlich wird der Trainer in seinem letzten Spiel dieser Saison an der Grundordnung wenig ändern. Auch wenn Ginter ein Abschiedsspiel zu wünschen wäre steht zu vermuten, dass die Dreierkette aus Beyer (wenn die Muskeln mitmachen), Friedrich und Bensebaini bestehen wird. Davor wird natürlich Koné nach abgesessener Gelbsperre wieder ins defensive Mittelfeld zurückkehren, aber ansonsten wird man die vertrauten Gesichter sehen.

Auch wenn Hoeneß dahingehend zitiert wird, dass er morgen keinen Sommerfußball sehen möchte – ganz vermeiden wird sich das wohl nicht lassen. Zwei Varianten von Sommerfußball sind denkbar. Da ist einerseits der Nichtangriffspakt, also ein öder Kick, auf den eigentlich keiner Lust hat. Und da ist andererseits ein von taktischen Fesseln und Erfolgsdruck befreites Spiel zweier Mannschaften, die offensiv besser sind als defensiv und das jetzt einfach nochmal zeigen wollen. Hoffen wir, dass es letzteres wird.

Der SEITENWAHL-Tipp:

Uwe Pirl: Da es für niemanden mehr um etwas geht, kann man frei aufspielen. Das endet 3:3. Danach geht in Gladbach hoffentlich die Aufarbeitung los.

Christian Spoo: War das Ukraine-Spiel die letzte Niederlage von Adi Hütter als Trainer von Borussia Mönchengladbach. Möglich wär‘s, denn zum Ausklang der unerträglichsten Bundesligasaison seit 2020/21 gewinnt seine Mannschaft nochmal mit 2:1 gegen Hoffenheim.

Michael Heinen: Borussia startet furios in die Partie und führt zur Halbzeit mit 2:0. Ein Sieg zum Abschluss würde aber nicht zu dieser Saison passen. Das fällt zum Glück auch der Mannschaft noch gerade rechtzeitig auf, sodass sie sich am Ende mit einem 2:2 ins Ziel rettet. Die Borussen-Fans können trotzdem feiern: Endlich ist diese elendige Saison vorbei.

Claus-Dieter Mayer: Beim launigen 3:3 am letzten Spieltag zeigen beide Teams nochmal alles, was sie ausmacht: Jede Menge Potenzial gepaart mit katastrophalem Defensivverhalten und teilweise mangelnder Einstellung.

Volkhard Patten: Nach einer Saison wie ein Autounfall ist das einzig Positive an diesem Nachmittag das neue Trikot. Nach der 1:4-Klatsche geht's in die unruhige Sommerpause.

Thomas Häcki: Ein Spiel mit Unterhaltungswert, welches man schon nach dem Stadionbesuch vergessen hat... Trotz der 7 Tore beim 4:3

Christian Grünewald: So manch einer auf und neben dem Platz sagt Ade/i, Abwehrreihen existieren bei beiden Teams ohnehin größtenteils auf dem Papier. Daher darf man auf ein fröhliches Hin- und Her bei sonnigem Wetter hoffen. 2:4.