Mit einer bitteren 1:2-Heimniederlage gegen die TSG Hoffenheim verabschiedete sich Borussia Mönchengladbach für dieses Jahr von der Bundesliga. Ein Jahr, das mit dem Erreichen der Champions League und dem Einzug ins Achtelfinale einige glorreiche Höhepunkte hatte, versandete im Bundesligaalltag zuletzt in biederer Tristesse. Das alles wurde aber überschattet von einer dummen Aktion des Marcus Thuram.

Der Franzose ließ sich kurz vor dem Spielende beim Stand von 1:1 zu einer Spuckattacke aus nächster Nähe ins Gesicht seines Gegenspielers Posch hinreißen. Eine Kurzschlussreaktion, die aller Voraussicht nach mindestens 6 Spiele Sperre nach sich ziehen wird und ihn bis einschließlich zum Rückrundenauftakt gegen Dortmund zum Zuschauen zwingen dürfte. Eine Auszeit, die er sich aber mehr als verdient hat und die er nutzen sollte, um sein Verhalten ernsthaft zu reflektieren.

Selbst wenn er in dieser Szene provoziert worden sein sollte, ist dies unentschuldbar –unabhängig von der derzeitigen Corona-Situation, in der Spucken sogar noch eine zusätzliche potentielle Gesundheitsgefährdung darstellt. Thuram war in seiner bisherigen Zeit bei Borussia und in diversen Interviews als sehr sympathischer und reflektierter Profi aufgefallen. Umso enttäuschender, dass ausgerechnet ihm so ein Aussetzer passiert, für den er sich noch am Samstagabend demütig entschuldigt hat, was als erster wichtiger Schritt angesehen werden kann. Sein Trainer Marco Rose hatte dies im Namen des Vereins bereits direkt im Anschluss an die Partie getan.

Thuram wird besonders bei der Herbeiführung von Elfmetern fehlen. Zum wiederholten Mal diese Saison wurde er im Strafraum gefoult, was zur zwischenzeitlichen 1:0-Führung durch Lars Stindl beitrug. Bezeichnend, dass es trotz einiger hochkarätiger Chancen (insbesondere für Breel Embolo) nur zu einem Elfmetertor reichte. Das Foul an Thuram war dessen einzige nennenswert gute Aktion in diesem Spiel. Wie schon in den letzten Wochen wirkte der Stürmer ausgelaugt und weit entfernt von der Bestform vergangener Tage. Das gilt aber für einen Großteil der Mannschaft, die derzeit ihren eigenen Ansprüchen hinterherläuft und mittelmäßigen Teams wie Hertha, Hoffenheim oder Frankfurt maximal auf Augenhöhe begegnen kann.

In Halbzeit 1 hatte es unter diesen Umständen noch ganz ordentlich ausgesehen, denn Borussia hatte dort das Geschehen im Griff und war die überlegene Mannschaft, die verdientermaßen mit 1:0 führte. Nach dem Seitenwechsel wurden die Gäste dann aber stärker, während Borussia nur noch passiv darum bemüht war, die defensive Ordnung beizubehalten. Dies kann im System Rose aber nur mit enormer Laufbereitschaft und Aggressivität im Pressing umgesetzt werden, wozu die Mannschaft derzeit ganz offensichtlich nicht über 90 Minuten in der Lage ist. So fing sie sich zunächst den überfälligen Ausgleich, der symptomatisch war für die aktuellen Probleme.

Ein eigener Angriff wurde leichtfertig hergeschenkt, weil Bebou sich in der eigenen Hälfte gegen zwei Gladbacher viel zu leicht durchsetzen konnte. Er wollte den Ball einfach mehr als der soeben eingewechselte Wolf und startete so den Angriff, der zur Wende führte. Dass es später in Unterzahl sogar noch ein weiteres Gegentor und somit eine Niederlage gab, war die Krönung einer durchwachsenen Saisonphase mit zuletzt sechs sieglosen Spielen in Folge und nur drei Punkten, die zum Teil sogar noch höchst glücklich zustande kamen.

In der aktuellen Form erscheint sogar der letzte Gegner des Jahres am kommenden Dienstag nicht mehr so leicht wie man nach der Auslosung geglaubt hätte. Von der Papierform her sollte ein Regionalligist eigentlich keine Hürde für einen Champions League Achtelfinalisten sein. Derzeit tritt Borussia aber maximal wie ein durchschnittlicher Bundesligist auf und die SV 07 Elversberg hat durchaus Drittliganiveau. In der 1. Pokalrunde konnten sie immerhin den Zweitligisten FC St. Pauli hoch verdient mit 4:2 schlagen.

In der Regionalliga Südwest, die nach einer sechswöchigen Corona-Pause erst am 12.12.2020 fortgesetzt wurde, zeigten die Saarländer zuletzt ebenfalls wechselhafte Leistungen. In der vergangenen englischen Woche gab es drei Unentschieden. Vorigen Mittwoch wurde dabei eine 2:0-Führung beim Bahlinger SC in der Nachspielzeit noch verschenkt. Diesen Samstag reichte eine 1:0-Führung beim Tabellenführer SC Freiburg II ebenfalls nicht zum Sieg. Ähnlichkeiten mit bestimmten Bundesligisten sind rein zufällig und würden am Dienstag eigentlich für ein Elfmeterschießen sprechen, was Borussia sich und seinen Fans hoffentlich ersparen wird.

Der größte Erfolg der Elversberger war 2013 der Aufstieg in die 3. Liga, wo sie sich aber nur ein Jahr lang halten konnten und direkt als Tabellenletzter wieder abstieg. Am kommenden Dienstag könnte der Verein evtl. den größten Tag seiner Vereinsgeschichte feiern, sollte er tatsächlich den großen Champions-League-Teilnehmer ausschalten. Vorsicht ist besonders für Gladbachs Kapitän geboten: 2010 konnten die Saarländer schon einmal einen Bundesligisten im DFB-Pokal besiegen – es war Hannover 96, die damalige Mannschaft von Lars Stindl.

Eine besondere Verbindung zur Borussia besteht durch den Trainer: Horst Steffen absolvierte zwischen 1991 und 1993 24 Spiele für die Fohlen und war u. a. ein Teil der Elf, die 1992 im Halbfinale des DFB-Pokals Bayer Leverkusen bezwang. Steffen selbst verschoss dabei seinen Elfmeter. Im Finale gegen Hannover wurde er von Jürgen Gelsdorf nicht mehr berücksichtigt. 2010 kehrte Steffen zur Borussia zurück, wo er bis 2013 die U19 trainierte. Seit Oktober 2018 ist er nun Trainer in Elversberg, wo ihm ein pokalerfahrener Co assistiert. Rudi Thömmes schrieb 1997/98 DFB-Pokalgeschichte, als er mit Eintracht Trier das Pokalhalbfinale erreichte und u. a. bei den Siegen über Schalke und Dortmund traf.

Borussia sollte die Partie also aus mehreren Gründen nicht zu sehr auf die leichte Schulter nehmen. Elversberg Abwehrchef Kevin Conrad z. B. war im Vorjahr noch Kapitän beim Drittligisten Waldhof Mannheim. Im Angriff stehen mit dem 34jährigen Kevin Koffi und Luca Schnellbacher zwei torgefährliche Leute parat, die ebenfalls langjährige Erfahrung in der Dritten Liga vorweisen können. Der Ivorer markierte in 12 Spielen dieser Saison bereits 8 Treffer, wenngleich der letzte fast zwei Monate zurückliegt. In den letzten drei Partien war sein Sturmkollege Schnellbacher mit vier Toren erfolgreicher. Auch in der Erstrundenpartie gegen St. Pauli traf der 26jährige doppelt, sodass auf ihn ganz besonders zu achten sein wird.

Steffen wird seine Elf aller Voraussicht nach mutig und mit aggressivem Pressing auf- und einstellen, was der psychisch wie physisch angeschlagenen Mannschaft von Marco Rose nicht schmecken wird. Tritt sie auf wie in den letzten Wochen, so wird die Partie trotz der offensichtlichen Qualitätsunterschiede kein Selbstläufer werden. Nichtsdestotrotz sollten es die Gladbacher im letzten Spiel des Jahres schaffen können, sich ein letztes Mal zusammenzureißen und die drei Klassen Unterschied auf dem Rasen sichtbar werden zu lassen, damit sich das sportlich insgesamt erfolgreiche Jahr 2020 nicht endgültig dem ansonsten so traurigen Bild dieses Jahres anpasst.