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Der 31. Dezember eines Jahres ist normalerweise ein guter Zeitpunkt für einen Jahresrückblick. Da zu diesem Zeitpunkt normalerweise auch die Hinrunde der Bundesliga beendet ist und damit Herbstmeister und Abstiegskandidaten weitgehend feststellen, würde man – normalerweise – am 31. Dezember also auch ein Fazit der bisherigen Saison ziehen können. Wenn ich mich also schon an einem normalen 31. Dezember (normalerweise bin ich da Skifahren) hinsetzen und einen Artikel für SEITENWAHL schreiben würde, dann würde ich mich vermutlich in erster Linie mit dem bisherigen Verlauf der Saison beschäftigen (die im Mai beendete Vorsaison ist normalerweise gedanklich schon recht weit weg). Wäre das Jahr normal, würde ich vermutlich darüber schreiben, dass sich Borussia in der Champions League überraschend gut geschlagen hat („Achtelfinale!“), dafür in der Bundesliga ein paar Unentschieden und vielleicht die eine oder andere Niederlage („Hoffenheim! Mehr als ärgerlich…“) zu viel eingefahren hat. Ich würde versuchen zu analysieren, warum die Mannschaft momentan defensiv anfällig (These: „Durch Engpässe im Kader überspielte Viererkette …“) und offensiv wenig kreativ (These 1: „Ständige Rotation beeinflusst das Zusammenspiel offenbar doch stark …“; These 2: „Kaum Zeit für mannschaftstaktische Trainingseinheiten“) wirkt. Ich würde mich vermutlich mit der mehr oder weniger gelungenen Integration der Neuzugänge beschäftigen und zu dem Ergebnis kommen, dass Lazaro ein guter Griff ist, den man jederzeit auf verschiedenen Positionen bringen kann (gewissermaßen der legitime Nachfolger von Fabian Johnson), wohingegen Hannes Wolf als schnöseliger Typ rüberkommt, der auf dem Platz Rätsel aufgibt, durch Abspielfehler und körperloses Spiel auffällt, bisher keine Bindung zur Mannschaft findet, im entscheidenden Augenblick nach einem harmlosen Zweikampf liegen bleibt und deshalb bisher nicht das gezeigt hat, was der Trainer in ihm sieht. Ich würde mich vermutlich auch mit den Aussichten für die zweite Saisonhälfte beschäftigen, über benötigte Verstärkungen oder befürchtete Abgänge sinnieren und zuguterletzt vielleicht auch noch das eine oder andere Wort zum Verbleib des angeblich sehr umworbenen Trainers verlieren ("Entweder er bleibt oder er bleibt nicht!").

Aber was ist schon normal?  

In diesem Jahr fast nichts und deshalb ist der 31. Dezember für mich kein Skitag und auch kein Tag für ausführliche Jahresrückblicke, sondern der Tag, an dem der Vorbericht für das auf den 2. Januar terminierte Match des 14. Bundesligaspieltages in Bielefeld ansteht.

Arminia Bielefeld, von fast allen Beobachtern vor der Saison als Absteiger Nr. 1 gesehen, agiert bisher im Rahmen seiner Möglichkeiten. Die bisher erzielten Siege gegen Köln, Mainz und Schalke sind anno 2020 Pflicht, will man in der Liga bleiben. Offensiv kommt das Team arg minimalistisch daher, 9 bisher erzielte Tore sind zwar nicht der Negativrekord der Liga, werden aber nur von den Pleitegeiern aus Gelsenkirchen unterboten. So ist es wahrscheinlich keine allzu gewagte Prognose, wenn man erwartet, dass die Arminen am Samstag kein Offensivfeuerwerk abbrennen („Böllern ist ja dieses Jahr ohnehin verboten!“), sondern sich eher erstmal aus einer geordneten Defensive anschauen werden, was Borussia diesbezüglich so auf die Reihe bekommt. Personell kann Trainer Neuhaus – gefühlt seit Jahrzehnten fester Inventarbestandteil der 2. Bundesliga – im Wesentlichen aufbieten was er hat, lediglich Andreas Voglsammer, im letzten Jahr mit 12 Zweitligatoren noch einer der wesentlichen Aufstiegsgaranten kommt in dieser Saison nicht so richtig auf die Beine (nur 3 Einsätze, kein Tor) und fällt am Samstag ebenfalls aus.

Borussia Mönchengladbach wird also in Bielefeld das Spiel machen müssen. Personell spricht viel für die momentan verfügbare Bestbesetzung, d.h. mit der bekannten Viererkette aus Lainer, Ginter, Elvedi und Wendt vor Sommer. Ramy Bensebaini, dessen Corona-Infektion wohl einer der nicht ganz milden Verläufe war, ist laut Verein zwar wieder im Training, aber nur vielleicht eine Option für den Kader und wenn, dann nur für einen Kurzeinsatz verfügbar. Sofern es im Mittelfeld aus der Kombination eines eher kämpferischen Spielers mit einem eher spielerisch agierenden Partner bleibt, dürfte der Startelfeinsatz von Neuhaus (die spielerische Komponente) fix sein, wohingegen sich der Trainer ansonsten zwischen Kramer und Zakaria entscheiden kann. Davor könnte Hofmann in die Startelf zurückkehren, ebenso Plea. Vervollständigt würde diese Elf dann natürlich von Kapitän Stindl und auf der verbleibenden Außenposition entweder von Herrmann oder Lazaro.

„Wir können die Tabelle lesen und wissen, dass wir Punkte brauchen …“ – so lassen sich die Verantwortlichen Borussias in der Vorschau auf das Bielefeldspiel zitieren. Mit genau der Einstellung sollte die Mannschaft zu Werke gehen, dann funktioniert es auch mit den drei Punkten. Denn – auch wenn man das in Bielefeld vermutlich nicht so gerne hört – das Spiel gegen Arminia fällt in die Kategorie „Muss gewonnen werden!“.

Abschließend bleibt mir, im Namen der gesamten SEITENWAHL-Redaktion allen unseren Lesern und den Diskutanten in unserem Forum für die Treue im Jahr 2020 zu danken und ein gutes und vor allem gesundes Jahr 2021 zu wünschen. Hoffen wir, dass wir uns im Stadion sehen …!

Der SEITENWAHL-Tipp

Uwe Pirl:  Alle sind ein bisschen ausgeruht und frei im Kopf. Borussia kann das in Fußball ummünzen. Der 3:1-Sieg gewinnt keinen Schönheitspreis, fällt aber souverän aus.

Mike Lukanz: Das erste Ligaspiel im Jahr 2020 verlor Borussia auf Schalke, es hätte eine Warnung auf dieses so groteske Jahr sein sollen. Dennoch, zu Beginn eines Kalenderjahres muss der Optimismus überwiegen, sonst hat alles wenig Sinn. Borussia gewinnt also 2:0.

Christian Spoo: Im neuen Jahr wird ja angeblich alles besser. Aber noch hat Marco Rose keinen Impfstoff gefunden. Oder hebt ihn sich für spätere Aufgaben auf. Bielefeld-Borussia 1:1.