7 Kilometer weniger! Die Basics fehlen! Nur mit Fußball geht es nicht! Wer nach der Mönchengladbacher Niederlage in Freiburg die Schlagzeilen überfliegt, muss vermuten, eine Schönspielertruppe vom Niederrhein wäre ähnlich teilnahmslos überrannt worden wie in der letzten Rückrunde in Hannover. Ganz so schlimm war es dann auch wieder nicht. Nur anders schlimm.

 

Wenn man versucht, die einzig maßgebende Statistik der gefallenen Tore mit Hilfe anderer Statistiken zu erklären, wird es im Fußball oft problematisch. Die höhere Mannschaftslaufleistung der Freiburger macht sich so offensichtlich gut als Ergänzung zum 3:1 Sieg der Breisgauer, dass man kaum widerstehen kann, einen Zusammenhang herzustellen und damit gleichzeitig den fußballerisch überlegenen Gästen eine apathische Herangehensweise zu unterstellen.  Eine höhere Zweikampfquote wäre auch schön als Beweis, die geht allerdings knapp mit 51,5 % an die Borussen, ebenso wie die Tacklings mit 15:14. Spiele wiederum über den Ballbesitz zu erklären ist bekanntlich etwas suspekt geworden, die 65 % Ballbesitz und fast doppelt so viel gespielten Pässe der Gäste passen aber ebenfalls nicht zu einer Schlafmützenmannschaft, also hält man sich doch lieber an die sympathisch klaren Kilometerwerte. Welche Aussagekraft haben die Statistiken denn nun?


Tatsächlich haben sich die Borussen ihre Niederlage auf etwas andere Weise verdient, als dass sie von den Freiburgern in Grund und Boden gelaufen worden wären. Die Hausherren überließen den Borussen meist den Ball und warteten an der Mittellinie, um von da aus zackig den Ballführenden anzugreifen und gleichzeitig die näheren Räume für ihn eng zu machen. Dabei gingen sie kämpferisch und teilweise hart bis unfair vor, wenn auch nicht übertrieben. Aber immer so schnell und aufmerksam, dass auch weite Flankenwechsel völlig ohne Wirkung blieben. Und dagegen taten sich die Mönchengladbacher das ganze Spiel über schwer.


Der SC Freiburg demonstrierte gleichzeitig, dass die Mannschaft mit weniger Ballbesitz oft die besseren Chancen hat; bis zum 1:0 wurde es praktisch nur vor Sommers Gehäuse gefährlich. Auch die Mehrkilometer lassen sich damit erklären, denn die Freiburger waren zu ständigem Verschieben gezwungen. Das hat mehr mit der Bereitschaft zu tun, seiner taktisch passiven Rolle gerecht zu werden und weniger mit Motivation.


Allerdings waren die Probleme der Borussen nicht zu übersehen, mit dem Ball über die Mittellinie oder gar in Nähe des Strafraums zu kommen. Zum ersten Mal in dieser Saison vermisste man die Pässe von Xhaka und die Dribblings und schnellen Zuspiele von Dahoud. Über das zentrale Mittelfeld ging kaum eine Passfolge nach vorne, und da die Außenbahnen konsequent verschlossen blieben, kamen die drei Offensivkräfte kaum einmal ins Spiel. Das Führungstor durch Hazard fiel, als die Borussen einmal die Wacheren waren und der Belgier seine Schusstechnik ausspielte.


Die drei Gegentore in der zweiten Halbzeit bedeuten nicht, dass die Gladbacher im Sturmlauf der Freiburger untergegangen wären. Am ehesten kippte das Spiel noch beim Ausgleich, als die Borussen in einigen Situationen mehrfach den kürzeren zogen und sich von den Hausherren überwältigen ließen. Wenn man der Mannschaft etwas vorwerfen muss, dann zu wenig Gespür für die Entwicklung des Spiels, wenn der Gegner mutiger wird und man entsprechend entschlossener dagegen halten muss. Dennoch sah es bis zur 84. Minute sogar so aus, als wäre das Unentschieden für die Borussen zu wenig, bei ständig eigenem Ballbesitz. Und es sah auch so aus, als wollten sie mit Hahn und Herrmann auf dem Platz noch einmal ihre Chance suchen. Dem 2:1 gingen noch ein Mönchengladbacher Angriff und ein Eckball voraus, dann ein Rückpass auf Torwart Schwolow, der knapp vor Hahn an den Ball kommt und sieben Sekunden später zappelt der Ball in Sommers Netz.


Bei dem Versuch, das Ergebnis noch umzubiegen, hatte Kramer den Blick zu sehr nach vorne gerichtet und weniger auf Christensen, der seinen Pass bekommen sollte, der Ballverlust führte dann zum Elfmeter und zum 3:1. Und hier liegen die Gründe für die Niederlage: Zu wenig Bewusstsein fur die Gefahr in gegnerischen Angriffen, zu wenig Aufmerksamkeit in Situationen, die kein Gegentor bringen dürften. Beim 2:1 reicht eine Kopfballverlängerung, so einfach darf kein Angriff durchgehen. Kein Mal ausgespielt worden, aber drei Gegentore, diese Statistik reiht sich nahtlos ein in die Auswärtsbilanz der letzten Rückrunde, als auch auf alle erdenklichen Weisen dem Gegner die Punkte überlassen wurden. Wenn diese Unbedarftheit wie beim 2:1 ausgemerzt werden kann, dürfte keiner mehr über Kilometerwerte sprechen.

Auch was die Intensität der Zweikämpfe und des Spiels angeht, könnten die Borussen insgesamt etwas wacher sein; hier bekommt Eberls Kritik Substanz, dass es nur mit Fußball nicht reicht. Man kann Schiedsrichter Osmers zwar für ein paar Dinge kritisieren, der vieles laufen ließ und gelegentlich abrupt die Linie wechselte. Aber er ignorierte auch Christensens Gesichtswischer im Strafraum und war an keiner entscheidenden Szene beteiligt, daher hat er mit dem Spielausgang nichts zu tun. Dafür darf man die Borussen darauf hinweisen, dass bei einer toleranten Haltung des Schiedsrichters das Spiel ruppig werden könnte, und damit kamen die Freiburger einfach besser klar.

Bei den bisherigen Siegen konnten die Spieler Werbung für sich betreiben. Die Niederlage dürfte den Konkurrenzkampf wieder anheizen, speziell bei der Personalie Dahoud. Ob das Wert für das Spiel in Manchester hat, ist wiederum nicht so sicher.