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Der (nächste) Tiefpunkt ist erreicht. Das verdiente 0:3 gegen den Hamburger SV (sic!) stürzte die Fohlenelf aus Mönchengladbach endgültig in den Abgrund. Die 4. Niederlage in Folge zementiert nicht nur den Fehlstart und den 18. Tabellenplatz, sondern lässt auch für die kommenden Wochen mit 6 weiteren Spielen in 22 Tagen wenig Gutes erahnen.

Dabei gab es vor der Partie Grund zum Optimismus. Die Rückkehr von Martin Stranzl sollte die zuletzt so arg vermisste defensive Stabilität zurückbringen und die Wende zum Guten einleiten. Wie passend, dass der grausame Abend mit dem negativen Höhepunkt einer schweren Kopfverletzung von Borussias Abwehrchef endete. Da die Fraktur der Augenhöhle in der letzten Nacht operativ behandelt werden musste, droht nunmehr eine erneute Pause von mehreren Monaten und die Vorrunde könnte für den so wichtigen Österreicher schon wieder vorbei sein.

Fahrlässige Transferpolitik

Es ist aber ohnehin bedenklich, dass dem Ausfall eines 35jährigen solch große Bedeutung beigemessen werden muss. Stranzls zunehmende Verletzungsanfälligkeit ist spätestens seit vergangenen März bekannt. Einen solch wichtigen und zentralen Spieler im Kader mit einer Handvoll talentierter Jungspieler ersetzen zu wollen, hat sich bereits jetzt als zu naiv und fahrlässig herausgestellt. Sicherlich hat es auch ohne ihn in der vergangenen Rückrunde gut funktioniert. Aber da hatte Borussia einen solchen Positivlauf, das all das funktionierte, was derzeit schief läuft. Und spätestens die ungewisse Verletzung von Alvaro Dominguez in diesem Sommer sowie der Abgang von Defensiv-Führungsspieler Christoph Kramer hätten die Alarmglocken der sportlich Verantwortlichen aktivieren müssen. Ausgerechnet in einer solch wichtigen Saison mit der ersten Champions-League-Teilnahme und der Herkulesaufgabe trotz der Doppelbelastung die sportlichen Erfolge der jüngsten Vergangenheit bestätigen zu wollen, wurde ein Jugendförderprogramm getestet, dass schlussendlich auch den Talenten keine große Hilfe ist. Ein Marvin Schulz oder ein Andreas Christensen könnten in einer funktionierenden Defensive sicherlich mehr glänzen als dies zur Zeit der Fall ist.

Um dies aber kategorisch klarzustellen: Die sportlich Verantwortlichen heißen in erster Linie Max Eberl und Lucien Favre und sind nach den so erfolgreichen letzten Jahren über jeden Zweifel erhaben. Der konstruktiven Kritik an ihren Entscheidungen müssen sie sich stellen. Jegliche Diskussionen, die in den nächsten Tagen und Wochen mit Sicherheit durch den Boulevard und diverse Fanforen getragen werden und sie in irgendeiner Form in Frage stellen sollen, verbieten sich aber von selbst. Der Kredit, den sie sich über Jahre hinweg aufgebaut haben, ist noch sehr lange nicht aufgebraucht. Eberl sprach dem Trainer daher zurecht das Prädikat "unrauswerfbar" zu und damit sollte allermindestens für die gesamte Vorrunde das Thema beendet sein.

Kein Schönreden

Ebenso erfrischend positiv waren die Aussagen von Borussias Manager nach dem Hamburg-Debakel. Obwohl es gleichfalls eine gute Strategie sein kann, in schlechten Zeiten positive Aspekte herauszustreichen, um das Selbstbewusstsein der verunsicherten Mannschaft schrittweise wieder aufzubauen, ist es ebenso richtig, nichts schönzureden wo es nichts schönzureden gibt. Es war zwar positiv, dass Borussia sich zumindest ab der 20. Minute sichtlich mühte, über den Kampf ins Spiel zurückzufinden und dass die Mannschaft nach dem 0:3 nicht völlig einbrach und noch höher unterging. Dies ist aber das mindeste, was von einem Profi erwartet werden muss und kann beim besten Willen nicht der Anspruch sein, den auch die Spieler selbst an sich richten. Nicht nur für die (gestiegenen) Ansprüche der Borussia ist dies viel zu wenig. Dies gilt gerade für die erfahrenen Spieler im Team, die in ihrer Karriere schon einiges erlebt und zudem nachgewiesen haben, dass sie es deutlich besser können. Wenn selbst die zuletzt passsichersten Spieler der Liga auf einmal so verunsichert sind und selbst auf kürzeste Distanz den Ball nicht mehr zum Mitspieler bekommen, ist dies inakzeptabel und muss entsprechend angeprangert werden.

Gegen den HSV hatte Lucien Favre bewusst auf Erfahrung gesetzt und eine defensive Grundausrichtung mit nahezu ausschließlich etablierten Kräften gewählt. Bis auf Lars Stindl standen zu Spielbeginn ausschließlich Borussen auf dem Platz, die im Vorjahr zum hervorragenden Saisonergebnis beigetragen hatten. Der Gedanke dahinter war einleuchtend. Um jeden Preis sollte die defensive Stabilität wiedererlangt werden, die für Favre die Basis jeglichen Erfolgs darstellt.

Die Hoffnung auf Besserung starb trotzdem schon in den ersten 10 Minuten der Partie. Der HSV ging aggressiv zu Werke und störte Borussias zutiefst verunsicherte Defensive früh. Die so erfahrene Innenverteidigung aus Stranzl und Brouwers ließ sich davon sichtlich beeindrucken und leistete sich zahlreiche unverständliche Ballverluste. So war das 0:1 in der 11. Minute nach Katastrophen-Rückpass von Tony Jantschke nur die logische Folge einer desolaten Anfangsphase, die sich in den kommenden 10 Minuten auf grausamste Weise fortsetzte. Danach fing sich die Mannschaft ein wenig und fand über den Kampf etwas besser ins Spiel - allerdings auf extremst niedrigem Niveau. Gegen diszipliniert verteidigende Hamburger fand die Mannschaft in 90 Minuten keinerlei Mittel, um gefährlich in Tornähe zu gelangen.

Desolater Auftritt einer desolaten Mannschaft

Die Fohlenelf war stets bemüht, ohne irgendeine Form von Zielstrebigkeit oder Selbstbewusstsein an den Tag zu legen. Insgesamt war es ein desolater Auftritt einer komplett verstörten Mannschaft, der in jedem Moment die Angst vor dem erneuten Versagen im Gesicht geschrieben stand. Offensiv war in einem Heimspiel gegen den HSV keine einzige Torchance zu verzeichnen. Defensiv wurden mit inzwischen 11 Gegentoren in den ersten 4 Partien der Saison mehr Treffer kassiert als in der gesamten Rückrunde der Vorsaison.

Borussia befindet sich ohne Wenn und Aber in einer handfesten Krise und hat einen Negativlauf erwischt, aus den sie sich nunmehr Schritt für Schritt herauskämpfen muss. Schon nächsten Dienstag besteht dafür die nächste Chance, wobei für die erste CL-Partie in Sevilla niemand mehr irgendetwas erwarten wird. Optimisten mögen einwenden, dass dies vielleicht sogar die dankbarere Ausgangslage ist, wenn die Mannschaft ohne großen Druck auftreten kann. So traurig es ist, nachdem sich Fans und Mannschaft über Monate auf die Spiele in der internationalen Königsklasse gefreut haben: In der jetzigen Situation ist die Champions League nicht mehr als ein Testlauf, um für die wirklich wichtigen Spiele in der Bundesliga zurück in die Spur zu finden. Am kommenden Samstag wartet dort bereits das Derby, in dem bekanntlich eigene Gesetze gelten. Irgendwann wird es Borussia gelingen müssen, den Bock umzustoßen und wo bietet sich dafür eine bessere Gelegenheit als in Köln?