Natürlich sollte man Testspiele und die Ergebnisse dieser Partien nicht zu hoch bewerten. So war auch das gestrige 1:1 von Borussia beim FC Wegberg-Beeck eher in der Kategorie „Bezahlte Trainingseinheit“ einzuordnen. Eines hat dieses Spiel aber deutlich gezeigt: Borussia fehlt ein Knipser. Diese Planstelle hoffen die Verantwortlichen von Borussia mit dem tschechischen Nationalspieler Tomáš Čvančara beschlossen zu haben. Natürlich waren weder er noch der zweite Neuzugang der Woche Franck Honorat gestern in Wegberg auf dem Platz. Dafür kamen die Zuschauer in den Genuss von Phil Kemper, Simon Walde und Ibrahim Digberekou.

Vor allem letzterer überzeugte einmal mehr mit seiner Physis. Der 1,88 Meter große Belgier mit ghanaischen Wurzeln ist gerade einmal 18 Jahre alt, kann noch in der A-Jugend spielen, hat aber bereits einen Körperbau, mit dem er gestern den Stürmern des Regionalliga-Aufsteigers locker Paroli bieten konnte. Sollte er seinen Weg weiter fortführen, könnte Borussia sich endlich wieder einmal über ein Juwel aus der eigenen Jugend freuen. Auch der viel gescholtene Nathan N`Goumou ließ im zweiten Spielabschnitt mehrmals aufblitzen, welche technischen Möglichkeiten in ihm stecken. Wie schon erwähnt: Man sollte so einen Test aber nicht überbewerten.

Gegen die dicht stehende Abwehr der Gastgeber tat sich Borussia über die gesamte Spieldauer im ersten Spiel von Trainer Gerardo Seoane schwer damit, Torchancen zu kreieren. Es fehlten schlicht und einfach die Ideen, die Geschwindigkeit und die Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor. Plea und Herrmann vergaben im ersten Durchgang zwei gute Möglichkeiten. Im zweiten Spielabschnitt brauchte es dann die mithilfe von Takahito Ohno, der in der 82. Spielminute eine Flanke von Borussias Neuzugang Lukas Ullrich über die eigene Linie bugsierte. Man darf allerdings nicht vergessen, dass Borussia eine schwere Trainingswoche in den Beinen hatte.

Und hier kommt dann die Verpflichtung von Tomáš Čvančara ins Spiel. Der 1,90 Meter große Rechtsfuß wechselt für eine kolportierte Ablösesumme im unteren zweistelligen Millionenbereich an den Niederrhein. Wer Borussia und dessen Finanzgeschäftsführer Stefan Schippers kennt, kann sich vorstellen, dass dieser gehörig schlucken musste, als Borussias Scouting-Abteilung diesen Transfer vorschlug. Zwar hat man durch die Transfers von Hofmann und Beyer rund 25 Millionen € erlöst, davon aber Honorat und Chiarodia verpflichtet. Rechnet man noch die Verpflichtung von Julian Weigl hinzu, stehen auf der Ausgabenseite rund 27 Millionen €.

 

Der Transfer von Čvančara wirft mehrere Fragen auf.

 

Die erste ist: Wie wird der Name überhaupt ausgesprochen?

Aus berufenem Mund wurde mir gesagt, dass die Aussprache Tomasch Tschwantschara lautet. Mit kurzem o wie in "oft". Schwanschara wäre Švanšara.

 

Die zweite Frage ergibt sich, wie Borussia auf ihn aufmerksam geworden ist?

Der Spieler ist in der Vergangenheit mehrmals von Borussia beobachtet worden. Das in der Scouting-Abteilung von Borussia nicht nur Pflaumen sitzen, ist weitestgehend bekannt. Der Spieler hatte auch durch starke Auftritte in der Liga und auch auf europäischer Bühne bereits auf sich aufmerksam gemacht.

 

Die dritte Frage lautet, was für einen Spielertyp Borussia sich geholt hat?

Vorab die gute Nachricht: Es wird davon geredet, dass er schneller ist als Marcus Thuram, Sheraldo Becker oder Randal Kolo Muani, auf dem technischen Niveau von Honorat und N`Goumou unterwegs ist und er wie Honorat ein Spieler ist, der eine Mannschaft mit seiner Power mitreißen kann. Er ist jedoch kein klassischer Mittelstürmer. Vielmehr kommt er aus dem Halbfeld in den Strafraum und suchte dort den Abschluss. Er ist kein Ballbesitzspieler, weswegen eine Verpflichtung in der letzten Saison auch sinnlos gewesen wäre. Er ist vom Typ ein anderer Stürmer als zum Beispiel Embolo und Thuram, er sollte gut zu Alassane Plea oder Grant Ranos passen. Vielleicht kann sich Borussias neuer Übungsleiter ja sogar dazu durchringen, mit zwei Stürmern zu spielen. Dort wäre Čvančara bestens aufgehoben. Dazu hat er ein gutes Kopfballspiel und verteidigt auch gegnerische Standardsituationen am eigenen Fünfmeterraum.

 

Frage Nummer vier zur Verpflichtung von Čvančara ist die nach weiteren Neuzugängen?

Hier wird sich Borussia wohl nur noch zu einem Transfer hinreißen lassen, wenn vorher Platz im Kader geschaffen wird. Ob es nun Konè oder jemand anders ist, der den Verein noch verlässt, sei dahingestellt. Wie man der Presse entnehmen konnte, gab es keinen Kontakt zwischen Neapel und Borussia wegen eines Transfer von Ko Itakura. Auch ein Wechsel von Plea ist inzwischen vom Tisch, wobei dessen Ausstiegsklausel für diese Saison bereits abgelaufen sein soll.

 

Bleibt also zu hoffen, dass Gerardo  Seoane bis zum Pflichtspielauftakt am 11. August in Osnabrück gegen den Oberligisten TuS Bersenbrück aus den zweifellos guten Zutaten, die er zur Verfügung hat, ein schmackhaftes Mahl zubereitet.