WhatsApp_Image_2023-06-11_at_13.54.12.jpegMehr als 9000 Zuschauerinnen und Zuschauer bei einem Frauenfußballspiel. Das ist neu für Mönchengladbach. Das ist neu für Borussia. Dass die erste Frauenmannschaft des Vereins schon einmal in der ersten Bundesliga gespielt hat, ging seinerzeit fast unter. Das Interesse an Frauenfußball war 2018 noch eher gering, Borussia spielte eine Saison, gegen die selbst die Bundesligageschichte von Tasmania Berlin bei den Herren wie ein Erfolg anmutet. Der Verein machte aus der Situation, plötzlich zwei Erstligisten zu haben, damals gar nichts. Die Frauen firmierten nicht einmal unter "ferner liefen". Ganz offenbar war man in Mönchengladbach noch einmal weniger "so weit", wie im Rest der Republik. Spätestens seit der Europameisterschaft im vergangenen Jahr hat Frauenfußball allerdings einen Popularitätsschub erfahren. Erstmals flaute das Interesse der Öffentlichkeit nach so einem Turnier nicht umgehend wieder ab. Erstmals stiegen nach dem Vize-EM-Titel auch die Zuschauerzahlen in der Bundesliga, sahen mehr Menschen bei den Europapokalspielen im Fernsehen zu, scheint sich Deutschland aufzumachen, den fußballspielenden Frauen zumindest mehr als Wohlwollen entgegenzubringen, auch wenn wir von Verhältnissen wie in England oder Skandinavien noch weit entfernt sind.

Borussias Frauen sind nach ihrem Abstecher in die Bundesliga bis in die dritthöchste Spielklasse durchgereicht worden. Als Meisterinnen der Regionalliga West ging es am Sonntag im Borussia-Park im ersten Relegationsspiel um den Aufstieg in die Zweite Bundesliga. Die Osttribüne war gut gefüllt, die anderen Stadionseiten waren, bis auf den kleinen Streifen im VIP-Bereich, nicht geöffnet worden. Das führte zu einer für die männerbundesligaerprobten Zuschauerinnen und Zuschauer zu einer etwas merkwürdigen Atmosphäre. Man schaute auf die nackte Nordkurve, gelegentlich ließ das die alles in Allem gute Unterstützung etwas einschlafen. Die Stadionregie sorgte immerhin für ein angemessenes Drumherum, vor dem Spiel war alles, wie wir es kennen: Mannschaftsvorstellung, Elf vom Niederrhein, Einlauf, Anstoß.

Borussia hatte das Spiel in der ersten Halbzeit komplett im Griff, ging früh in Führung durch eine Freistoßflanke von Emily Tichelkamp, die durch Freundin und Feindin hindurch ins lange Elversberger Eck segelte. Auch danach war Borussia drückend überlegen, zeichnete sich durch hartnäckige Zweikampfführung und Ballsicherheit aus und kam zu zahlreichen Chancen. Elversberg hatte kaum Gelegenheiten sich zu befreien. Das zweite Gladbacher Tor fiel allerdings durch einen mehr als schmeichelhaften Elfmeter. Die Schiedsrichterin wertete eine eigentlich harmlose Rettungstat der saarländischen Torhüterin als Foul an Verteidigerin Carolin Corres. Sarah Schmitz verwandelte den Strafstoß sicher.

In der zweiten Halbzeit dann zollte Borussia dem hohen Tempo und intensiven Spiel des ersten Durchgangs Tribut. Die Spielerinnen wirkten zunehmend "alle". Die Gegnerinnen schienen das zu spüren und wurden mutiger. Ein Ballgewinn, der nicht hätte sein müssen wurde durch einen wuchtigen Fernschuss fortgeführt, der vorbei an der weit vor dem Tor stehenden Gladbacher Torfrau Luisa Palmen zum Anschlusstreffer führte. Borussia hatte auch im zweiten Durchgang zwei-drei gute Gelegenheiten, aber Elversberg drückte gegen Ende mehr, so dass das Team von Trainer Jonas Spengler sichtlich froh war, als die Partie vorbei war. Die Mannschaft zeigte kämpferisch eine geschlossene Leistung, spielerisch ragte Mittelfeld-Lenkerin Kristina Bartsch heraus, in der Abwehr zeigte Madita Giehl in ihrem vorletzten Spiel für Borussia eine blitzsaubere Leistung.

Für das Rückspiel bedeutet der 2:1-Sieg: Alles ist offen. In Elversberg wird Borussia ohne die ungewohnte lautstarke Unterstützung von den Rängen auskommen müssen. Wer sich von dem Spiel hat packen lassen, erwägt vielleicht, die Mannschaft zu begleiten. Verdient hätte sie es, die Autofahrt von Gladbach nach Quierschied-Göttelborn, wo die Partie stattfinden wird, dauert drei Stunden.