stuttgart neuBorussia Mönchengladbach trifft – ausnahmsweise am Samstag um 15:30 Uhr – auswärts auf den VfB Stuttgart. Es gab Zeiten, da war das ein Spitzenspiel. Es gab Zeiten, da war das ein Spiel, in dem Borussia Mönchengladbach krasser Außenseiter gegen einen VfB war, der „Augenhöhe mit den Bayern“ als Ziel ausgegeben hatte. Heute ist es ein Spiel zweier Mannschaften, von denen die eine im Niemandsland der Tabelle steht und die andere verzweifelt nach Luft schnappt, um im Kampf gegen den Abstieg den Kopf über Wasser zu halten oder wenigstens den derzeitigen Relegationsplatz zu sichern.

Stuttgart – siehe oben – ist ein dem 1.FC Köln nicht unähnlicher Verein, der – auf schwäbische Art und Weise – immer noch in dem Bewusstsein lebt, eigentlich zu Höherem geschaffen zu sein als Abstiegskampf. Vielleicht ist gerade dieses Missverhältnis zwischen dem eigenen Anspruch (oder dem Anspruch des Umfelds) und dem eigenen Leistungsvermögen die Ursache für die Art Turbulenzen, die der VfB in dieser Saison durchlebt, insbesondere für den Umstand, dass mit Sebastian Hoeneß mittlerweile der vierte Trainer in dieser Saison auf der Bank sitzt. In die Saison gestartet war man mit Pellegrino Materazzo, der in den letzten Jahren gute Arbeit geleistet hatte, jedoch nach einer Serie von 9 Spielen ohne Sieg gehen musste. So so weit, so nachvollziehbar, so sind die Mechanismen des Geschäfts (5 EUR ins Phrasenschwein). Bis zur WM-Pause durfte sich der bisherige Co-Trainer Michael Wimmer versuchen, dem zwar keine Verbesserung der Platzierung, aber immerhin eine Stabilisierung der Ergebnisse gelang (3 Siege, 1 Unentschieden, 3 Niederlagen). Das war den Verantwortlichen aber offensichtlich nicht gut genug – sodass Anfang Dezember Bruno Labbadia installiert wurde. Von außen betrachtet ein Fehlschlag mit Ansage – die Mannschaft des VfB ist eher eine, die Fußball spielen will, der Trainer einer mit dem „Hauruck-Feuerwehrmann-Wir wollen-Euch-kämpfen-sehn!“-Image. Das hat nicht gepasst, dass die Stuttgarter nach nur einem Sieg, 3 Unentschieden und 7 Niederlagen zum Zeitpunkt von Labbadias Abgang Anfang April immer noch wacker den 16. Platz verteidigen konnten, lag mehr an der Schwäche der Konkurrenz als an den eigenen Ergebnissen. Seit Anfang April darf sich nun Sebastian Hoeneß versuchen, der immerhin noch ungeschlagen ist und wieder einen ähnlichen Ansatz wie Materazzo verfolgt.  

Stuttgart muss dabei den Spagat schaffen, einerseits noch auf etwas Blechernes – den DfB-Pokal – schielen zu können und andererseits die Bundesliga nicht vernachlässigen zu dürfen, will man dem Schicksal des 1.FC Kaiserslautern entgehen, der 1996 als Pokalsieger abstieg.

Stuttgart muss aus der Stammelf auf den Japaner Ito wegen einer Gelbsperre vezichten, der wahrscheinlich durch Mavropanos ersetzt wird. Ansonsten sind alle an Bord. Erwartet wird eine Dreierkette aus Mavropanos, Waldemar Anton sowie dem personifizierten Sicherheitsrisiko Zagadou. Im Mittelfeld sind als Flügelspieler Vagnoman und Sosa zu erwarten, letzterer ist seiner Wirkung durch den Weggang seines früheren Flankenziels Kalaijdzic weitgehend verlustig gegangen. Zentral spielen Endo und Karazor, als Angreifer ist mit Silas und Führich zu rechnen. Keine schlechte Mannschaft, aber eben auch keine, die geeignet ist, die insgeheim gehegten höheren Ansprüche in Stuttgart zu bedienen.

Und Borussia Mönchengladbach? Sportlich herrscht eine geradezu ätzende Langeweile, die Saison ist mittlerweile jeglicher Spannung beraubt und das Einzige, was momentan interessiert, ist die Perspektive für die nächste Übergangssaison. Diesbezüglich predigt der Verein eine Mischung aus Kontinuität (auf der Trainerbank und im "Staff") und Umbruch (in der Mannschaft). Verglichen mit Stuttgart ist das natürlich eine wohltuende Langeweile, die man sich im Schwäbischen wahrscheinlich wünschen würde. Verglichen mit dem, was die Gladbacher Mannschaft an guten Tagen zu leisten in der Lage ist, ist das Abschneiden schlicht und einfach enttäuschend und die daraus resultierende Langeweile frustrierend. Da Thuram sicher und Bensebaini und Koné wahrscheinlich ausfallen, besteht Gelegenheit, sich schon mal die personelle Konstellation des Folgejahres zu gewöhnen – mit Netz als Linksverteidiger und Plea in der Spitze (wo er eigentlich auch hingehört). Da immerhin die Chance besteht, dass Stuttgart mitspielen will, ist die Reise in den Süden wenigstens nicht von vornherein so komplett aussichtslos wie der Versuch, in der letzten Woche gegen Union Berlin zu punkten.

Der SEITENWAHL-Tipp:

Uwe Pirl: Zwei Mannschaften, die eigentlich Fußball spielen können, von denen die eine aber nicht mehr richtig will und die andere vor lauter Verunsicherung und Abstiegsangst nicht mehr richtig kann liefern ein unansehnliches Spiel und trennen sich 1:1. Hilft insbesondere den Stuttgartern nicht wirklich, den Gladbachern ist es ja eh egal.

Michael Heinen: Stuttgart braucht den Sieg dringender als Borussia. Dies spiegelt sich auf dem Platz wider, wo der VfB mit 2:1 gewinnt.

Christian Spoo: Borussia bleibt auf dem Erfolgspfad: Nur ein Gegentor pro Spiel, da sollte man wirklich nicht meckern. 1:0 für den VfB.

Michael Oehm: In Stuttgart haben wir schon schlecht ausgesehen, wenn wir ansonsten gut aussahen. Das Spiel im kleinen Freiburg endet mit einer 3:0 Demütigung.

Thomas Häcki: Für Stuttgart geht es um alles, für Gladbach nur um die Ehre und somit für nichts. Entsprechend gewinnt der VfB mühelos mit 4:0.

Claus-Dieter Mayer war beim Friseur