mainz neuBevor wir uns mit dem Spiel in Mainz beschäftigen können, ist – leider – noch einmal etwas zum Aufeinandertreffen mit dem FC Bayern München zu sagen. Julian Nagelsmann wurde vom DFB dafür, dass er nach dem Spiel das Schiedsrichtergespann als „weichgespültes Pack“ bezeichnete, zu einer Geldstrafe von 50.000 EUR verurteilt, jedoch nicht gesperrt. Mit Verlaub, lieber DFB, diese Strafe ist ein Witz und kann nicht anders als mit einem Bayernbonus erklärt werden. 50.000 EUR sind mutmaßlich weniger als 1% des Jahreseinkommens von Herrn Nagelsmann und werden von diesem aus der Portokasse bezahlt. Also genau das Gegenteil einer Strafe die wehtut. Das ist sehr verwunderlich angesichts des großen Eifers, mit dem der DFB gegen Beleidigungen von den Rängen vorgeht, also durch Akteure, auf die die Vereine tendenziell keinen bis wenig Einfluss haben. Dennoch wurden in diesen Fällen – man erinnere sich an Dietmar Hopp und einige Bemerkungen über seine sicherlich herzensgute Mutter – neben Geldstrafen auch Spielabbrüche, Platzsperren, Zuschauerausschlüsse und sogar Punktabzüge diskutiert und angedroht. Offensichtlich kann der DFB Beleidigungen verfolgen, wenn er das denn will. Beim FC Bayern und Julian Nagelsmann will er das aber nicht, das ist der einzige Schluss, den man aus dem Urteil vom Dienstag ziehen kann. „Pack“ – das ist nach der Definition eines Wörterbuches eine Bezeichnung, für „Menschen, die man verachtet und die man für heruntergekommen, betrügerisch oder Ähnliches hält“. Ein bekannter SPD-Politiker musste sich jahrelang von interessierten Kreisen verbal verprügeln lassen, nachdem er – meines Erachtens zurecht – randalierende Neonazis und AfD-Sympathisanten als „Pack“ bezeichnet hatte. Aber der Trainer des FC Bayern München kommt praktisch straffrei davon, nachdem er ein Schiedsrichtergespann als „Pack“ bezeichnet? Nicht Euer Ernst, lieber DFB, oder? Leider doch. Damit führt der DFB alle Kampagnen für mehr Respekt und Gleichbehandlung im Fußball, sei es in der Bundesliga oder auf Amateurebene komplett ad absurdum. Denn entweder kann sich in Zukunft jeder, der mit dieser oder ähnlicher Wortwahl auf irgendeinem Dorfsportplatz auf den Schiedsrichter losgeht, auf das Beispiel Nagelsmann berufen und hat alle Chancen, ohne Sperre davonzukommen. Oder der DFB bestraft weiter die Kleinen und beweist damit erneut, dass für den FC Bayern und sein Personal andere Regeln gelten. Beide Szenarien sind ein verheerendes Signal an die Basis.

Nun aber zu Mainz: Am Freitagabend treffen zwei punktgleiche Mannschaften aufeinander, die beide am letzten Spieltag einen unerwarteten Sieg landen konnten. Mainz 05 repräsentiert dabei genau die Art Fußball, gegen die die aktuelle Mannschaft von Borussia Mönchengladbach schwer zurechtkommt. Giftig, diszipliniert gegen den Ball und – wie viele Teams aus der Mitte der Tabelle – gut im Umschaltspiel. Zudem präsentiert sich Mainz 05 seit Anfang Januar in der Bundesliga recht formstark, Niederlagen fing man sich nur gegen Dortmund und bei Union Berlin ein, mit Ausnahme des Unentschieden gegen Stuttgart wurden alle anderen Spiele – Bochum, Augsburg, Leverkusen – gewonnen. Daraus lässt sich ableiten, dass Mainz anders als Borussia Mönchengladbach zuverlässig gegen die Teams auf Augenhöhe und darunter punktet und sich auf dieser Basis Niederlagen gegen Spitzenmannschaften leisten kann. Herausragende Spieler der letzten Wochen waren der Koreaner Jae-Sung Lee, der feine Technik mir einer gehörigen Portion Kampfgeist verbindet und Karim Onisiwo. Diese beiden und Markus Ingvartsen sind mit 6,7 und 8 Toren auch die bisher erfolgreichsten Torschützen der Mainzer, die ihre Torgefährlichkeit also recht gleichmäßig verteilen. Auf Borussia Mönchengladbach kommt also keine leichte Aufgabe zu, auch wenn Mainz mit Platz 14 in der Heimtabelle sicherlich nicht zu den heimstärksten Teams der Liga zählt.

Gladbach aber leider auch nicht zu den Auswärtsstärksten, was diesen positiven Punkt ein wenig relativiert. Im Gegensatz zu Mainz ist bei Borussia die Personalsituation nicht ganz unangespannt, insbesondere der Ausfall von Julian Weigl schmerzt sehr. Ansonsten fallen noch Tony Jantschke und Olschowsky aus, was sich zwar nicht unmittelbar auswirken wird, die Breite des Kaders aber weiter verringert. Vermutlich wird Kramer wieder auf seine angestammte Position auf der Doppelsechs rutschen. Je nach Fitness und taktischen Überlegungen kann dann der Rest der Offensive von vier Spielern aus der Gruppe Stindl, Neuhaus, Wolf, Plea, Thuram und Hofmann bestehen, wobei viel dafür spricht, dass Hofmann und Stindl als Startspieler gesetzt sind.

Borussia Mönchengladbach hat am Freitagabend die Chance zu beweisen, dass der Sieg gegen Bayern München keine Eintagsfliege war, sondern wieder Hunger auf mehr geweckt hat. Gelänge es in Mainz zu punkten oder sogar zu gewinnen, wäre das für die Stimmung im und um den Verein sicherlich hilfreich. Borussia Mönchengladbach hat aber am Freitag leider auch die Chance zu beweisen, dass diese Mannschaft nicht in der Lage ist, gegen Gegner auf Augenhöhe und darunter den Willen aufzubringen, den es braucht, um auch gegen solche Gegner in der Bundesliga zu punkten. Tritt letzteres ein, wäre das wohl der Abschied auch von der Möglichkeit, wenigstens noch Platz 7 zu erreichen.

Der SEITENWAHL-Tipp:

Uwe Pirl: Mainz ist nicht schwach genug für die Annahme, man könne da auch mit 80% gewinnen. Die Mannschaft weiß das und reißt sich zusammen. Belohnt wird das mit einem 2:1-Erfolg in Mainz. Platz 7 bleibt in Reichweite.  

Volkhard Patten: Borussia wie immer: Gegen Topteams motiviert, gegen kampfstarke Mannschaften zaudernd. Mainz siegt 2:0.

Christian Spoo: Allen Beschwörungen zum Trotz bringt Borussia wieder nur die halben PS auf den Platz. Folgerichtig geht das Spiel mit 1:3 verloren.

Thomas Häcki: 6-Punkte Spiel um Europa? Ein Gegner der intensiv auf die Knochen geht, statt mitzuspielen? Ein Spiel in dem die Mannschaft Charakter zeigen kann? Das direkte Spiel nach einem Bayern Sieg? Dann sind ja alle Zutaten für eine 0:1 Niederlage beisammen.

Claus-Dieter Mayer: Man glaubt es kaum, aber in den letzten 6 Spielen in Mainz verlor die Borussia nie und gewann viermal! Auf der anderen Seite ist Mainz natürlich genau die Art von Mannschaft, gegen die man in dieser Saison in den Larifari-Modus übergeht. Beides bestätigt sich beim trostlosen 0:0, das auf der anschließenden PK selbstredend als "ganz starke Auswärtspartie, vor allem in der Defensive" gepriesen wird.

Michael Heinen: Es wird langsam mal Zeit für einen zweiten Sieg in Folge. Wenn es in Mainz nicht gelingt, wird es diese Saison vermutlich gar nichts mehr. Um das zu verhindern, muss ein 2:1-Auswärtssieg her.