Mit dem 2:0-Erfolg über den VfL Bochum hat Borussia eine gute Antwort auf die zuletzt stark nachlassende Stimmung rund um den Borussia-Park gefunden. Gab es vor der Partie noch vereinzelte Pfiffe, so zeigten sich die Fans am Ende versöhnt und feierten ihr Team so wie es in dieser Saison nur selten der Fall war. Wieder einmal zeigte sich, wie leicht die Anhänger der Borussia zu begeistern sind – nämlich immer dann, wenn sie das Gefühl haben, dass sich die Mannschaft zerreißt und ihr Bestes gibt. Dies war an diesem Samstag – anders als in so vielen Partien dieser Saison – der Fall, weshalb auch die schwächeren Phasen zu Beginn jeder Halbzeit verziehen wurden. In den kommenden Wochen sollte sich diese Einstellung in der Mannschaft fortsetzen, damit die nicht zwingend als positiv zu erwartenden Ergebnisse der beiden folgenden Auswärtsspiele die Stimmung nicht schon wieder umschwenken lassen. Für die Zukunft des Vereins und die schwierige Kaderplanung dieses Sommers wäre es wichtig, mit einem halbwegs positiven Gefühl aus dieser erneut enttäuschenden Saison zu gehen.

Insbesondere der 2:0-Treffer von Kapitän Lars Stindl war ein emotionaler Höhepunkt der ansonsten eher von Tiefpunkten geprägten Saison. Aber auch die Leistungen einiger anderer Akteure seien zu würdigen. Stefan Lainer z. B. rechtfertigte, warum er den Vorzug vor Konkurrent Joe Scally erhalten hat. Zwar profitierte er davon, dass der Gegner überschaubare Qualitäten mitbrachte und ihn somit defensiv nicht zu stark forderte. Aber gerade der unbändige Einsatz des Österreichers war ein wesentliches Element, das der Mannschaft zuletzt fehlte.

Auch Marvin Friedrich lieferte bei seinem ersten Startelfeinsatz seit November eine solide Partie und besserte seine Gegentor-Statistik auf, die Daniel Farke offensichtlich sehr genau verfolgt. Mit ihm in der Startelf hat Borussia in dieser Saison mehr Spiele gewonnen als verloren. Da er bei Union Berlin vier Jahre lang Stamm- und Führungsspieler war, möchte man sich wünschen, dass er auch ins zukünftige System der Borussia erfolgreich eingebaut werden könnte. Trotz aller Bekundungen, ihn über die Saison hinaus halten zu wollen, ist aber eher damit zu rechnen, dass sich der Ex-Berliner im Sommer einer neuen Herausforderung stellen und den Verein verlassen wird.

Dies wird bei Ramy Bensebaini definitiv der Fall sein, der beide Treffer vorbereitete und damit die zuletzt zahlreichen Fragen der Fans beantwortete, warum der Trainer weiterhin auf ihn anstatt auf Zukunftslösung Luca Netz setzt. Dieser konnte bei seinen bisherigen Auftritten in dieser Saison leider nicht nachhaltig für sich werben und wird sich im kommenden Jahr im Wettbewerb mit Neuzugang Ullrich gehörig steigern müssen, um die Fußstapfen des Algeriers zu füllen. Bensebaini hat in seinen 111 Pflichtspielen für Borussia 32 Torbeteiligungen gesammelt, was für einen Abwehrspieler eine überragende Bilanz ist. Ein Spieler, der zum Erzrivalen aus Dortmund wechselt, muss in Mönchengladbach immer mit Kritik leben. Solange er aber ein Borusse ist – also bis Ende Juni dieses Jahres – sollte er aber zumindest nicht ausgepfiffen werden.

Das gilt genauso für Trainer Daniel Farke, der von der Kritik der enttäuschten Fohlen-Fans ebenso wenig verschont blieb. Auch dies ist zum Teil nachvollziehbar, weil die Erwartungen, insbesondere was den Einsatz und Kampf der Mannschaft angeht, zuletzt weit unterschritten wurden und der Trainer hierzu seit Monaten keine Lösungen findet. Zudem lassen sich Fußballfans ungern für dumm verkaufen: Die sehr positiv verzerrte Darstellung des Trainers nach den enttäuschenden Partien dieses Jahres hatte oft keinen realen Bezug.

Es ist grundsätzlich gut, wenn ein Trainer gut kommunizieren kann, wofür er in der Hinrunde auch noch gefeiert wurde. Man sollte solche öffentlichen Statements aber nicht überbewerten. Intern werden zumindest zum Teil kritischere Worte gewählt werden, denn auch Farke wird mit der Leistung dieser Saison insgesamt nicht zufrieden sein können. Wenn die Mannschaft im Durchschnitt in jeder zweiten Partie enttäuscht, wird dies letztlich auch der Trainer erkennen (müssen).

Die aktuelle Spielzeit ist im Grunde das genaue Gegenteil einer „Übergangssaison“ gewesen. Es war noch einmal so etwas wie die letzte Chance der alten Generation, mit einem „Hurra“ anstatt mit einem „Gott sei Dank ist es vorbei“ abzutreten. Es wäre Farke zu wünschen gewesen, den schlecht zusammengestellten, aber individuell hochklassigen Kader noch ein letztes Mal gemeinsam zu Höchstleistungen zu bringen. Dies ist ihm leider nicht gelungen. Farke wollte auch mit dieser Mannschaft unbedingt seinen Spielstil durchsetzen. Dies konnte aber am Ende nicht gelingen, weil die Defensive zu fehleranfällig, das Mittelfeld zu langsam und der Sturm zu ineffizient ist. Schon in England stand Farke in der Kritik dafür, nach dem (zweifachen) imposanten Aufstieg in die Premier League jeweils an seinem System festzuhalten, obwohl dies gegen deutlich stärkere Gegner nicht mehr funktionierte. Dies brachte ihm zwar ob des erfrischend offensiven Spiels viel Lob ein von seinen Trainerkollegen, dafür aber sehr wenige Punkte. Es ist etwas müßig darüber zu spekulieren, ob es zielführender gewesen wäre, das System bei Borussia an das vorhandene Spielermaterial anzupassen. Adi Hütter ist es immerhin mit einer völlig anderen Spielweise auch nicht nachhaltig gelungen, bessere Leistungen und Ergebnisse abzurufen.

Der Transfer von Julian Weigl ist ein starkes Signal dafür, dass der Verein über den Sommer hinaus mit Farke plant. Dies ist ein mutiger Schritt, denn anders als es Roland Virkus in der Pressekonferenz vergangene Woche äußerte, hat der Trainer bislang in Mönchengladbach noch nicht „gezeigt, dass er es meistern kann“. Vereinzelte Situationen, wie beim Führungstor in Frankfurt oder eben gegen Bochum, deuten an, welche Potenziale in dieser Mannschaft und in diesem Spielsystem schlummern. Wenn diese aber nur derart sporadisch abgerufen werden, ist es im Ergebnis zu wenig. Man kann Farke zugutehalten, dass es mit diesem Kader sehr schwierig gewesen ist und schon zwei andere Trainer vor ihm daran gescheitert sind. Auf dieser Basis lässt es sich rechtfertigen, ihm zur neuen Saison mit einem neuen Kader, der stärker auf ihn und den „Borussia-Weg“ ausgerichtet ist, eine echte Chance bieten zu wollen – wenn Virkus von ihm als Trainer derart überzeugt ist. Er muss sich aber darüber im Klaren sein, dass Farke mit der Hypothek einer enttäuschenden Saison in die neue Spielzeit startet und dort von Anfang an unter besonderem Druck stehen wird. Startet Borussia gut in die neue Spielzeit, wird dies bald kein Thema mehr sein und das Umfeld wird den Trainer wieder als „Menschenfänger“ feiern. Bei einem Fehlstart dürften die Unmutsäußerungen aber noch deutlicher ausfallen als vor der Partie gegen Bochum.

In jedem Fall sollte sich der Verein bewusst sein, dass ein jeder Trainer immer nur ein „Passant“ ist, wie es Vorstand Hans Meyer einst so treffend ausdrückte. Neue Spieler sollten daher nicht nur auf den Trainer ausgerichtet werden, sondern auf die allgemeine Philosophie des Vereins, die dann u. a. auch bei der Wahl eines neuen Trainers im Vordergrund stehen muss.

Die jüngsten Verlautbarungen, mit Scally und Weigl zwei weitere Stammspieler an den Verein zu binden, sind positiv zu werten und passen zur Fohlenphilosophie. Dies ist aber erst der Anfang eines sehr ereignisreichen Sommers, der dem Verein bevorstehen wird. Roland Virkus und seinem Team muss das Kunststück gelingen, mit überschaubaren finanziellen Mitteln nicht nur die abwandernden Leistungsträger zu ersetzen, sondern darüber hinaus den Kader wieder breiter aufzustellen als es in dieser Spielzeit der Fall war. Anders als es in diesem Jahr der Fall war, wird es im Sommer zu einem echten Umbruch und danach zu einer Übergangssaison kommen, in der die Erwartungen nicht zu hoch angesetzt werden dürfen. Erwarten werden die Fans aber auch dann vorrangig eins: dass die Mannschaft konstant volle Einsatzbereitschaft erkennen lässt. Wenn sie dann noch besser auf das Spielsystem ausgerichtet ist und dieses dadurch besser umsetzt, wird es in der kommenden Saison hoffentlich wieder etwas häufiger im Borussia-Park so stimmungsvoll zugehen wie am vergangenen Samstag.