Die Niederlage gegen Mainz war unschön, aber kein Beinbruch. Auf diese Lesart werden sich die meisten einigen können, die das Heimspiel am vergangenen Sonntag gesehen haben. Ähnlich äußerten sich auch Spieler und Trainer nach einer Partie, die aus Gladbacher Sicht unglücklicher nicht hätte laufen können: Pech (oder mangelndes Vermögen) im Abschluss und diese vermaledeite 53. Minute mit Notbremse, Platzverweis und direkt verwandeltem Freistoß. Ansonsten war es in Ordnung. Aber reicht es, um am Sonntag etwas beim Tabellenführer zu holen? 

Immerhin findet das Spiel nicht auf dem Platz des Grauens statt – dem alten Freiburger Stadion mit dem nahezu quadratischen Feld. Dort hat Borussia oft verloren, selten gepunktet und zuletzt 2007 gewonnen. In der neuen Arena gab es in der vergangenen Saison ein etwas wildes 3:3, den Punkt rettete Lars Stindl mit einem Treffer in letzter Sekunde. 

Nun ist die Tabelle nach fünf Spieltagen nur wenig aussagekräftig, Borussia war vor drei Jahren sogar mehrere Wochen lang Spitzenreiter und es bedurfte der Punkteteilung der bisher führenden Mannschaften aus München und Berlin, um die Badener ganz nach vorne rücken zu lassen. Aber als Momentaufnahme zeigt sie: Freiburg knüpft an eine starke Saison bruchlos an. Vier Siegen steht eine eher unglückliche Heimniederlage gegen Dortmund gegenüber. 

Diese Niederlage leitete ein Patzer des ansonsten sehr zuverlässigen Torhüters Mark Flekken ein. Der in Freiburg zum niederländischen Nationalspieler avancierte Torwart war in der vergangenen Spielzeit ein Garant für den Freiburger Erfolg in der Liga. Fun-Fact mit Borussia-Bezug: Flekken begann seine Profikarriere bei Alemannia Aachen und wurde dort Nachfolger des einstigen Gladbacher Hoffnungsträgers Michael Melka. 

Ein weiterer Freiburg-Gladbach-Bezug ist weniger von hinten durch die Brust ins Auge herzustellen: Matthias Ginter spielt seit dieser Saison wieder bei seinem Heimatverein. Seine letzte Saison in Gladbach war von allerlei unschönen Nebengeräuschen begleitet, in Freiburg spielt er bisher eine tadellose Saison und wird der ihm zugedachten Rolle als Führungsspieler gerechter, als das bei Borussia der Fall war, gleichwohl er auch in Gladbach einen mehr als soliden Innenverteidiger gab. 

Auch der Rest der Freiburger Defensive kann sich sehen lassen. Dabei spielt das Team flexibel mit Dreier- oder Viererkette, zuhause meist Letzteres. Der junge Kilian Sildillia hat sich auf rechts den Stammplatz erarbeitet, neben Ginter verteidigt der österreichische Nationalspieler Philipp Lienhart und links, ungefähr seit Elizabeth II den britischen Thron bestiegen hat, Christian Günter. 

Vor der Schaltstelle im Mittelfeld – in der Regel Nicolas Höfler und Maxi Eggestein tummelt sich in der Offensive ein weiterer Ex-Gladbacher. Vincenzo Grifo funktioniert bekanntlich nur in Freiburg, dort aber richtig. Drei Bundesligatore hat der Mann, der in Freiburg zum italienischen Nationalspieler wurde, in dieser Saison schon erzielt. Und auch beim etwas mühsamen Auftaktsieg in der Europa-League traf Grifo, Standardspezialist, der er ist, per Elfmeter. Ein weiterer Neuzugang, der sich im ansonsten recht stabilen Freiburger Gefüge etabliert hat, ist der torgefährliche japanische Nationalspieler Ritsu Doan auf dem rechten Flügel, dem auch in der Euro-League das letzten Endes entscheidende zweite Freiburger Tor gelang.

Vorne fehlt Roland Sallai verletzt, Michael Gregoritsch dürfte wieder den Vorzug vor Nils Petersen erhalten, der Edeljoker durfte am Donnerstag gegen Qarabag von Beginn ran. 

Bei Borussia muss Trainer Daniel Farke umstellen. Die rote Karte gegen den bisher so guten Ko Itakura sorgt definitiv für eine Neuordnung in der Abwehr, vermutlich fällt auch Nico Elvedi nach seiner Verletzung aus dem Mainz-Spiel noch einmal aus. Die Innenverteidigung wird dadurch ganz neu formiert. Dass Marvin Friedrich spielen wird, ist klar. Seine Größe und Kopfballstärke dürfte besonders gefragt sein Die Standardstärke der Freiburger hat Borussia in der vergangenen Saison im Heimspiel gegen Freiburg eine geradezu peinliche Niederlage beschert. Man habe das in der Vorbereitung berücksichtigt, hat Farke zu beruhigen versucht.

Als möglicher Ersatz für Elvedi kommen einige Spieler in Frage. Christoph Kramer spielte dafür, dass er eigentlich fachfremd ist, nach der roten Karte sehr gut. Dennoch ist wohl die wahrscheinlichste Variante, dass Ramy Bensebaini nach innen rückt und Luca Netz die linke Seite übernimmt. Die rechte Abwehrseite war in den vergangenen Spielen häufig die, die von den Gegnern als Schwachpunkt ausgemacht und deswegen als Einfallstor für Angriffe genutzt worden war. Tatsächlich hatte Joe Scally einige Mühe. Die Rückkehr von Stefan Lainer zumindest in den Kader ist deswegen eine gute Nachricht. 

Im Mittelfeld spricht einiges für das Startelfdebut von Julian Weigl. Der hatte in den wenigen Minuten, in denen er in Mainz auf dem Platz war, schon angedeutet, welche Rolle ihm als Ballverteiler zukommen kann. Daniel Farke hätte dann allerdings das Luxusproblem, mit Christoph Kramer den besten Mann des Mainz-Spiels „opfern“ zu müssen oder mit Manu Koné den kreativen Kopf im Aufbau. Farke selbst brachte zuletzt noch die Variante mit Weigl in der Innenverteidigung ins Spiel und verwies auf die einschlägige Erfahrung des Neuzugangs. 

Vorne ergibt sich eines von allein: Der verletzte Alassane Plea wird durch Lars Stindl ersetzt. Der Kapitän zeigte gegen Mainz direkt, wie wichtig er weiterhin für die Mannschaft sein kann und erzielte den zurecht leider nicht gegebenen Ausgleich. Florian Neuhaus und mit Abstrichen auch Jonas Hofmann sind derzeit nicht gerade in der Form ihres Lebens. Nathan Ngoumou war gegen Mainz nach seiner Einwechselung ein belebendes Element und zeigte zumindest eine Qualität, die bei Borussia nicht im Übermaß vorhanden ist: Tempo. Positionsgetreu müsste er gegebenenfalls allerdings Hofmann ersetzen. Sollte Farke den Nationalspieler aus der Mannschaft nehmen, wäre das schon eine gewaltige Überraschung. Eine Rotation mit Stindl links und Hofmann zentral wäre denkbar oder ein Seitenwechsel für Hofmann, wahrscheinlicher ist, dass die Offensive mit Ausnahme des Wechsels Plea/Stindl unverändert bleibt.

SEITENWAHL-Prognose

Christian Spoo: Borussia macht erneut ein ordentliches Spiel, kann aber nicht jeden Freiburger Standard verteidigen. Das 0:2 aus Gladbacher Sicht ist eine weitere Niederlage aus der Kategorie „unnötig aber nicht unverdient“. 

Michael Heinen: Im Europa-Park-Stadion ist Borussia ungeschlagen. Zudem gab es in Freiburg zuletzt 1 Sieg und 2 Remis bei einem Torverhältnis von 14:6. Diese positive Bilanz findet am Sonntag leider ein Ende, da der SC Freiburg ausnahmsweise mal wieder ein Heimspiel gegen Borussia mit 2:1 gewinnt.

Volkhard Patten: Mit einer löchrigen Abwehr beim Spitzenreiter zu bestehen klappt nur gegen Bayern. Die Freiburger siegen durch Tore von Ginter und Grifo mit 2:0.

Thomas Häcki: Selten war man bei einer Fahrt in den Breisgau dermaßen in der Rolle des Außenseiters. Die Borussia verkauft sich gut, glücklicher ist aber der Gastgeber beim 2:1

Claus-Dieter Mayer: Zum zweiten Mal in Folge muss Borussia auswärts beim Spitzenreiter Ran. Wieder gibt es ein Unentschieden. 2:2

Michael Oehm: Nach dem 1-0 für den SC Freiburg ist man sich sicher, dass mehr drin war. Z.B. ein 2-0.

Uwe Pirl: 6:0 geht es nicht aus. 0:9 auch nicht. 1:1 schon eher.