Es gibt schlechte Verlierer und es gibt Julian Nagelsmann. Der sympathische Jungtrainer gab sich nach der Punkteteilung seines FC Bayern mit Borussia Mönchengladbach in der heimischen Arena als Kämpfer für Fairness und die Schönheit des Spiels. Attraktiv ist die Bundesliga nach Ansicht des stets gelassenen Landsbergamlechers immer dann, wenn ein Gegner seine Bayern freundlich zum Toreschießen einlädt und sich das Lob, richtig mitzuspielen versucht zu haben, verdient, indem er sich mit 5, 6 oder gar 7 zu null aus dem Stadion - daheim oder auswärts - schießen lässt. Eine attraktive Bundesliga, so meint der kesse Juniorcoach mit dem Antlitz eines Exemplars der Familie der Sciuridae kurz nach Vollzug der Ehe, benötigt dringend einen Serienmeister, dessen zwölfter Titelgewinn der erste mit makelloser Punktebilanz ist. Nur so ist der Fußball zu retten. Und wenn sich zu Spielverderbern, die auf 10x10 Metern verteidigen noch ein Schiedsrichter gesellt, der, anstatt die Weltstars in den roten Trikots zu schützen, einfach so pfeift, wie das Regelwerk es vorsieht, dann ist es bald geschehen um diese Bundesliga. Dann ist es reine Notwehr, wenn sich der FC Bayern doch noch der Superleague anschließt, in der man sich nicht mehr mit Holzfüßen wie am Samstagabend herumärgern muss. Es ist bereits viereinhalb Jahre her, dass Max Eberl, die Älteren werden sich erinnern, zum ersten und einzigen Mal andere als lobende Worte für einen Akteur im Fußballbusiness wählte. Und es traf ausgerechnet das Wunderkind unter den Fußballehrern. War das schon das erste Anzeichen dafür, dass Max Eberl gerade eine Metamorphose durchzumachen begann. Oder hatte er damals vielleicht einfach nur einen sehr lichten Moment? 

Genug des Sarkasmus. Julian Nagelsmann ist natürlich kein schlechter Verlierer, weil sein Team am Samstag Abend überhaupt nicht verloren hat. Er ist allerdings, wenn er ernst meint, was er nach dem Spiel von sich gegeben hat, ein lausiger Analyst. Dass Bayern dieses Spiel hoch hätte gewinnen können, geschenkt. Wer Augen hat, zu sehen, dem ist klar, dass Borussia das Glück des Tüchtigen hatte. Aber ausgesprochen tüchtig waren die Gladbacher und Schiedsrichter Schlager hat zum Ausgang der Partie allenfalls insofern beigetragen, dass er sie jederzeit im Griff hatte und vernünftig, konsequent und ohne Ansehen der Person leitete. Bayern war nicht treffsicher, die Abseitsentscheidungen bei den Treffern von Mané waren vollkommen korrekt und außerdem Yann Sommer. 

Die Leistung des Torhüters ist überall hinreichend gewürdigt worden. Und wer das Sportstudio am späten Samstagabend gesehen hat, kennt jetzt die Adresse der Wortspielhölle: Am Lerchenberg, 55127 Mainz. Man denke sich einen Scherz mit dem Nachnamen des Torhüters aus und sei sich gewiss: Den hat man in der Sportredaktion des ZDF schon längst erfunden. Hätten sie das gelassen, vielleicht hätte Yann Sommer sogar eine vernünftige Antwort auf die Frage nach der Vertragsverlängerung gegeben. Naja, vielleicht auch nicht. Um das Thema abzuschließen: Besser als der Schweizer gegen Bayern kann ein Torwart nicht halten.

Über all dem Lob für Yann Sommer soll aber nicht untergehen, dass auch andere Akteure im Trikot von Borussia ein großartiges Spiel gemacht haben. Alles, was zentral mit dem Abwehren von Bayern-Angriffen betraut war, verdiente sich großes Lob: Ko Itakura, Nico Elvedi, Christoph Kramer, Manu Koné. Der Bus stand gut am Gladbacher Strafraum. Ob Daniel Farke ihn wider anderer Versprechungen persönlich dort abgestellt hatte oder ob sich das Gefährt einfach nicht in Bewegung setzen ließ, das war eine reife Leistung. Nicht zu Unrecht hatten die Bayern die Gladbacher Außenpositionen als Schwachpunkte ausgemacht. Luca Netz und Joe Scally standen unter starkem Druck und waren Sané und Coman deutlich unterlegen. Ihre Kollegen im Zentrum bügelten aber fast alles aus, was die beiden 19-Jährigen zuließen. 

Die Leistung der nominellen Offensive ist kaum fair zu bewerten. Jonas Hofmann und Florian Neuhaus machten nach hinten anständig mit, nach vorne ging nichts, auch die Ballsicherung war an diesem Abend nicht ihr Ding. Alassane Plea wusste offenbar nicht so richtig, was in diesem Spiel seine Aufgabe sein sollte oder konnte. Marcus Thuram war sich für keinen Weg nach hinten zu schade und vorne war er da, als er gebraucht wurde. Anerkennung gebührt Einwechselspieler Hannes Wolf, der für Plea kam und dafür sorgte, dass Borussia dann bis zum Ende doch mit elf Mann spielte.

Das Gegentor kassiert zu haben, ist schade, aber angesichts des Spielverlaufes sollte man sich wirklich nicht beschweren. Viele erwarteten allerdings danach, dass Borussia doch noch zusammenklappen würde wie ein VfL Bochum. Stattdessen gab es in den letzten sieben plus sechs Spielminuten mehr Zug nach vorne als in den 82 Minuten vor dem Sané-Treffer. Thuram und Herrmann hatten sogar noch zwei Torchancen. Und die Hintermannschaft blieb hochkonzentriert bis zum Abpfiff. Nach dem der eingangs erwähnte sympathische Jungtrainer irrigerweise noch ein Handspiel gesehen zu haben glaubte. Aber alles Hampeln half nicht. Borussia hatte die Bundesliga erfolgreich unattraktiv gemacht.

Schämen wir uns jetzt noch ein wenig, hoffen darauf, dass der Wind nicht noch den Torwart aus dem Transferfenster weht und dass bis Donnerstag vielleicht noch der eine oder andere Alt- oder Neuborusse am Schreibtisch von Roland Virkus Platz nimmt und ein Autogramm da lässt.