Ein weiteres Wochenende zum Vergessen liegt hinter Borussia. Nach einem durchaus Hoffnung machenden ersten Spieltag mit Punkt gegen Bayern ist man nach drei Partien fast schon geneigt, von einem Fehlstart in die Saison 2021/22 zu sprechen. Nach dem Katastrophenauftritt in Leverkusen war auch beim Spiel in der Alten Försterei wenig zu sehen, das geeignet wäre, Zuversicht unter den Anhängern zu wecken. Dazu kommt das schwerstmögliche Los im DFB-Pokal. Will man es positiv wenden, bedeutet das alles, dass Max Eberl wohl mindestens bis 2023 in Mönchengladbach bleiben wird, wenn er den Verein nicht unbeblecht verlassen möchte.

Das Bemerkenswerte beim Auftritt gegen Union Berlin war einmal mehr, wie blutleer Borussia in der Gesamtschau wirkt. Es ist dem einzelnen Spieler zu kaum einem Zeitpunkt das Bemühen abzusprechen. Totalausfälle sind nicht zu beklagen. Teilweise spielt man sogar ganz anständig vor sich hin. Im entscheidenden Moment aber fehlt vorne komplett der Punch, hinten die letzte Konsequenz. Konsequent ist allerdings, dass man Spiele gerade gegen engagierte Teams auf diese Weise verliert. Und Union Berlin ist ein engagiertes Team. Das weiß man allerdings nicht erst seit diesem Wochenende. So ist es fatal, wenn der letzte Pass fast nie ankommt, wenn die Borussen in den eher seltenen Abschlusssituationen Defizite bei der Schusstechnik zeigen. Es ist fatal, den Gegner durch einen kurzen Moment der Unachtsamkeit mit einem Larifari- oder gar Harakiri-Pass zum Kontern einzuladen, wenn die Mittel fehlen, diese Konter dann wieder einzufangen. Es ist fatal, wenn vier Mann um zwei Stürmer herumrotieren und sich, statt einmal entschieden dazwischen zu gehen – und sei es auch unter dem Risiko einer Verwarnung – fasziniert anzuschauen, was Max Kruse einst schon im Gladbacher Trikot ganz gut konnte. Es sind immer nur Nuancen, die fehlen, aber die machen den Unterschied. "Die wollen nicht" ist ein Vorwurf, der ins Leere zielt. Borussia versuchte es bis zum Ende, kam tatsächlich in der Nachspielzeit noch zum Anschlusstreffer und sogar einer Ausgleichschance. Es ist eher ein undefinierbares "Die können nicht so richtig wollen", wenn man versucht, das Gesehene halbwegs griffig zusammenzufassen.

Wie aber kommt das? Was fehlt Borussia nicht erst seit dieser Saison? Die halbwegs gefälligen, aber oft uninspirierten und merkwürdig emotionslos wirkenden Auftritte gibt es seit Dieter Hecking. Im ersten (und einzig echten) Rose-Jahr sah es zwischenzeitlich anders aus, dann verfiel die Mannschaft wieder in ihren Trott, bisher hat auch Adi Hütter ganz offenbar den Hebel nicht gefunden. Der freute sich nach dem Spiel öffentlich über die Tatsache, dass man optisch möglicherweise ein leichtes Übergewicht hatte und sich wie erwähnt ganz manierlich durchs Mittelfeld kombinierte. Dass das nicht reicht, um Union Berlin oder die meisten anderen Bundesligisten zu schlagen, wird er ahnen und schlimmstenfalls erfahren.

Die möglichen Erklärungsansätze sind allesamt nicht neu und teilweise traut man sich gar nicht recht, sie ins Feld zu führen, weil sie nach populistischem Stammtischgeschwätz klingen. Stichworte: Schwiegersöhne. Viele Indianer, keine Häuptlinge. Komfortzone Borussia. Das ist alles natürlich viel zu simpel aber gleichzeitig vermutlich nicht ganz falsch. Sprüche wie diese greifen aber zu kurz. Es ist das Gesamtgefüge, in dem es auf merkwürdige Weise nicht passt. Borussia wirkt im Moment auf dem Platz wie daneben – wie die jungen Leute sagen – lost. Das Spiel folgt keinem klaren Plan, erneut spielt man nur irgendwie Fußball. Dazu kommt die Transferperiode, die keine war und bleibt der Eindruck, dass Max Eberl und sein Team es diesmal nicht hinbekommen haben. Die Freude, das Team zusammengehalten zu haben, wirkte aufgesetzt. Zu deutlich hatte man zuvor „wir sind zu Verhandlungen über fast alles bereit“ signalisiert. Zu offensichtlich ist, dass diverse Spieler im Moment nicht weiter für Borussia spielen, weil sie möchten, sondern weil sie müssen. Nicht unterschlagen werden soll dabei allerdings, dass einer davon, Denis Zakaria, in Berlin einer der raren Lichtblicke war. Ein Häuptling aber ist auch er nicht. Bezeichnend aber, dass Adi Hütter für Zakaria Christoph Kramer vom Feld nahm, einen derjenigen die der Trainer explizit zu einem seiner Strukturspieler und mithin Häuptlinge auserkoren hat. Das Problem bei Borussia scheint derzeit ein strukturelles zu sein.

Nun sind erst drei Spieltage gespielt, der Trainer noch neu, diverse Spieler sind verletzt und einige sind womöglich nach der Länderspielpause wieder da. Von daher ist diese Bestandsaufnahme eventuell ein wenig schwarzmalerisch. Gerne würden wir uns in Bälde korrigieren. Im Moment aber deutet einiges auf eine komplizierte Saison hin.