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“Nicht mutig genug” sei man bei eigenem Ballbesitz gewesen befand Lars Stindl, Florian Neuhaus forderte im Rückspiel müsse man „mutiger sein“, während Trainer Rose klarstellte, dass die an den Tag gelegte Mutlosigkeit keineswegs der Matchplan gewesen war: „Wir wollten mutig sein…“ Nun wir wollen jetzt hier nicht unser eigenes Mütchen an der Mannschaft kühlen, wo wir unseren Unmut über die widrigen Umstände der gestrigenPartie gegen Manchester City ja schon im Vorfeld ausführlich dargestellt hatten. Frei nach Murphys Gesetz war ja eigentlich alles verkehrt an diesem ersten Auftritt der Borussia in der KO-Phase des höchsten europäischen Wettbewerbs seit 43 Jahren : Keine Zuschauer! „Heimspiel“ in Budapest! Nach verkündetem Trainerabschied! Während einer Formkrise! Gegen die wohl beste Mannschaft der Welt! An einem Mittwochabend! Da gab es halt wenig, was den Gladbachspielern Mut hätte machen können und dementsprechend verlief auch die Partie, vor allem in der ersten Halbzeit. 

Maro Rose liess die erste Elf antreten, die einzig erwähnenswerte Variante dabei war, dass Marcus Thuram zunächst auf der Bank saß und Denis Zakaria zum Einsatz kam. Wer glaubte, Rose würde mal wieder die 3er/5er-Kette ausprobieren, täuschte sich allerdings, denn Zakaria spielte nicht hinten zwischen Elvedi und Ginter, sondern verstärkte das defensive Mittelfeld, eine Angesichts der Spielstärke des Gegners sehr nachvollziehbar Maßnahme. Allerdings konnte auch so nicht verhindert werden, dass dich von Beginn an ein extrem einseitiges Spiel entwickelte. Manchester City ließ Ball und schwarze Hemden laufen, die Borussia war bedacht darauf schlimmstes zu verhindern. Das Bemühen selbst spielerische Elemente einzubringen war da: trotz des Drucks der Guardiola-Elf versuchte man sich immer wieder durch Passspiel aus der Defensive zu befreien, aber spätestens, wenn die Mittellinie in Sichtweite kam, gab es den Fehlpass. Es war vor allem hier im Aufbauspiel wo man Angst und Verunsicherung der Mannschaft klar spürte: Es wurde zulange gezögert, die Zuspiele waren ungenau und so war der Ball stets nach wenigen Sekunden wieder im Besitz des englischen Tabellenführers. Zu vielen klaren Chancen kam City zwar nicht, aber es reichte dann eben eine perfekt geschlagene Halbfeldflanke, um nach einer knappen halben Stunde völlig verdient in Führung zu gehen. 

Dass man trotz des großen Qualitätsunterschiedes auch gegen Manchester City eine Chance haben kann, deutete die Anfangsphase der zweiten Halbzeit an. Die Borussia war nun sichtlich bemüht, mehr für die Offensive zu tun und zeigte auch in einigen Situationen, dass die Abwehr der Engländer durchaus verwundbar sein kann, aber meist war der finale Pass einfach unsauber. Mit einer Fohlenelf (und vor allem einem Florian Neuhaus) der Form der Gruppenphase wäre durchaus etwas möglich gewesen an diesem Abend, aber einem Team, das gegen Köln und Mainz nichts auf die Reihe bekommt, fehlt dann in so einem Spiel das Selbstverständnis, welches man z.B im Heimspiel gegen Real noch hatte. So blieb ein Plea-Abschluss mit der Hacke die beste Chance zum Ausgleich und quasi im Gegenzug entschied City das Spiel mit einer Fast-Kopie des ersten Tores: Cancelos flankt aus dem Halbfeld, Bernardo Silva köpft, diesmal aber nicht direkt ins Tor, sondern in die Mitte zu Gabriel Jesus, der nur noch den Fuß hinhalten muss. 

Dass in den Schlusssekunden, Hannes Wolf noch ein Geschenk der City-Abwehr nicht verwerten kann, sondern allein vor Ederson scheiterte, rundet das Bild eines gebrauchten Abends für die Borussia ab. Man kann der Mannschaft dabei wenig Vorwürfe machen, der Einsatz stimmte, die Innenverteidigung sah zwar bei den Toren nicht so gut aus, verhindertet aber ansonsten sehr viel, man tat, was man konnte, aber im Moment ist das nicht so viel. 

An das Rückspiel in Manchester in 3 Wochen muss in Mönchengladbach zunächst niemand denken, denn in den nächsten Tagen stehen auf nationaler Ebene 3 Spiele an, die vorentscheidend für den weiteren Verlauf der Saison sein werden. In der Liga muss man am Samstagabend beim Tabellenzweiten in Leipzig ran, eine Woche später kommt Bayer Leverkusen in den Borussiapark. Dazwischen gibt es noch das Pokalviertelfinale gegen Dortmund, dass unter den gegebenen Umständen kaum brisanter sein könnte. Es ist nur gut ein Jahr her, dass die Borussia in Leipzig ihre vielleicht beste Halbzeit der gesamten Marco Rose-Zeit hinlegte und letztendlich nur von Schiedsrichter Stieler am Sieg gehindert werden konnte. Diesmal sind die Vorzeichen jedoch gänzlich andere: Der Red Bull-Verein hat sich seine CL-Niederlage gegen ein Premier League - Team schon in der Vorwoche abgeholt und geht ausgeruht in dieses Topspiel, während die Borussia nach dem aufreibenden Spiel gegen Manchester City vermutlich zur Rotation gezwungen sein wird. Auch in besseren Saisonphasen hat dies stets zu Qualitätsverlust geführt, sodass die Hoffnungen auf einen ersten Auswärtssieg in Leipzig eher gering sind.