Copyright: Ulrich Hufnagel/Hufnagel PR

Derbysiege ohne Publikum fühlen sich nicht an wie Derbysiege. Vor 300 zugelassenen Kölner Fans hat Borussia die obligatorischen drei Punkte in Müngersdorf geholt, war so überlegen, wie es angesichts der Kräfteverhältnisse angemessen scheint, hat aber doch das eine oder andere Fragezeichen hinterlassen. Der 1.FC Köln war auf ganzer Linie unterlegen, wurde nur gefährlich, wenn Borussia mal einen Bock schoss und hätte gegen konsequentere Gladbacher auch durchaus höher verlieren können.

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Das Spiel begann aus Gladbacher Sicht sehr gut. Borussia startete druckvoll, kam umgehend zu guten Chancen und sorgte mit zwei Treffern durch Plea und Lainer innerhalb weniger Minuten dafür, dass die Partie im Grunde nach 16 Minuten entschieden war. Bis dahin war es ein perfekter Nachmittag. Danach kam der FC nach einem krassen Fehler des heute mehrfach unkonzentriert wirkenden Yann Sommer zu einer hundertprozentigen Chance. Sebastian Andersson brachte den Ball, den ihm von Sommer freundlich serviert worden war, aber nicht im leeren Tor unter. Danach war es ein anderes Spiel, was wohl weniger an dieser Situation lag, sondern an der Harmlosigkeit, die die Kölner ansonsten ausstrahlten. Bis zur Halbzeit agierte Borussia nurmehr mit angezogener Handbremse. Nach vorne tat das Team fast nichts mehr, überließ dem FC, das Spiel zu machen, erlaubte dem Gegner aber nicht, aus dieser optischen Überlegenheit etwas Zählbares zu machen. Zu Chancen kamen die Kölner nicht. Nach der Pause gaben die Gladbacher noch einmal Zwischengas und näherten sich wieder gefährlicher dem Kölner Tor. Nachdem Ehizibue Thuram im Strafraum am Fuß traf, verwandelte Lars Stindl den berechtigten Elfmeter zur endgültigen Entscheidung. Das Spiel war gelaufen, Borussia kam gelegentlich weiter zu Abschlüssen, Köln mühte sich, dagegenzuhalten. Dass es noch zum Anschlusstor reichte, kam überraschend. Rexhbecaj kam zentral vor dem Strafraum an den Ball, Spieler und Tor waren ungedeckt, Yann Sommer hätte den nicht sonderlich platzierten Schuss an einem anderen Tag vermutlich erwischt, heute streckte er sich vergeblich.

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Der Sieg im zweiten Geisterderby geht völlig in Ordnung, fiel angesichts der Schwäche des Gegners eher zu niedrig als zu hoch aus. Köln war bemüht, brachte aber neben fehlender fußballerischer Qualität auch nicht den Biss auf, mit dem Union Berlin eine Woche vorher Borussia ärgern konnte. Es war ein Spiel, dass eine Mannschaft der Qualität, wie Gladbach sie derzeit hat, schlicht nicht nicht gewinnen konnte. Auffällig ist ein Spielstil, der in der vergangenen Saison für den einen oder anderen Tobsuchtsanfall bei Trainer Marco Rose gesorgt hätte. Borussia spielt derzeit wieder auffällig oft horizontal oder hintenrum. Mit dem, was wir in der letzten Spielzeit als "Rose-Fußball" kennen und schätzen gelernt haben, hat das im Moment nur zeitweise zu tun. Aktuell spielt Borussia weniger kraftaufwändig, wirkt aber auch weniger entschlossen. Ob das schon ein Vorab-Tribut an die Dreifachbelastung ist, oder ob das einfach eine Momentaufnahme ist, weil das Team noch nicht richtig in die Saison gefunden hat? Marco Rose jedenfalls sah recht gelassen dabei zu. 

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Jetzt ist erst einmal Pause. Die beiden potenziellen deutschen Neu-Nationalspieler in Reihen der Borussia machten ihre Sache gegen Köln ordentlich. Florian Neuhaus war im Vergleich zum Union-Spiel deutlich verbessert, Jonas Hofmann war Jonas Hofmann: Viele Ballkontakte, konstruktiv mit guter Bindung zum Spiel und zwei Torbeteiligungen - aber auch mit ausgelassenen Großchancen, unter anderem vor seinem Assist zum 1:0. Dass sie bei einem der drei Länderspiele, die es bis zur nächsten Borussen-Partie gegen Wolfsburg gibt, ihr Debüt feiern werden, sollte man als gegeben nehmen. Fast wichtiger ist aus Gladbacher sicht, dass sie  von den Spielen der Überflüssig-League gesund zurückkommen, wie auch die Teamkollegen aus Österreich und der Schweiz. Zumal es drei Tage vor dem Wolfsburg-Spiel erneut zum Duell Deutschland-Schweiz kommt. Breel Embolo meldete sich gegen Köln übrigens mit einem Kurzeinsatz zurück, bei der "Nati" ist er diesmal dankenswerterweise nicht dabei.

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Das Resumee der anderen SEITENWAHL-Redakteure

Mike Lukanz: Ich habe nichts sehen können, dafür richtig getippt und freue mich über den nächsten Derbysieg.

Michael Heinen: Es war ein souveräner Pflichtsieg gegen einen hoffnungslos unterlegenen Gegner. Zu Beginn beider Halbzeiten näherte sich Borussia ihrer Bestform wieder an. Hätte sie das über 90 Minuten durchgezogenm wäre ein weiteres historisches Derbydebakel für den effzeh unvermeidlich gewesen. 

Claus-Dieter Mayer: „Schaut euch dieses Kölner Stadion an, es wird für lange Zeit das letzte Mal, dass ihr hier spielen müsst“. So oder ähnlich hätte Berti Vogts dieses Spiel wohl zusammengefasst, wenn er noch Kapitän der Borussia wäre. Ansonsten gilt „Pflicht erfüllt, jetzt fängts richtig an!“