Der vorletzte Spieltag einer merk- und denkwürdigen Saison ist vorbei - und er lief so, wie sich Anhänger von Borussia Mönchengladbach es sich vorher kaum hätten träumen lassen. Alle spielten für Borussia, inklusive Borussia. Damit hat es die Mannschaft von Marco Rose in der eigenen Hand, sich für die Champions-League zu qualifizieren. Liefe der kommende Spieltag ähnlich optimal wie dieser, landeten sie sogar noch auf Platz drei. Der Reflex leidgeprüfter älterer Borussenfans nach diesem zumindest ergebnistechnisch traumhaften Samstag ist: Dann verkacken wir es halt nächste Woche. Tatsächlich wird das Team gegen Hertha BSC mehr auf den Platz bringen müssen, als das in Paderborn geschehen ist. Aber die Qualifikation für die sogenannte Königsklasse ist Stand jetzt doch ein sehr wahrscheinliches Szenario. 

In Paderborn brachte Marco Rose eine gegenüber dem 3:0 gegen Wolfsburg leicht veränderte Startelf auf den Platz. Bensebaini kehrte nach seiner Sperre zurück ins Team, Jantschke spielte für den gesperrten Elvedi Innenverteidiger und rechts vorne ersetzte Patrick Herrmann Traoré. Dieser Tausch zahlte sich schon nach fünf Minuten aus, als Herrmann aus spitzestem Winkel traf. Embolo hatte aus aussichtsreicher Position geschossen, Paderborns Torwart Zingerle wehrte zur Seite ab und Herrmann brachte den Ball aus alles anderer als idealer Position im Tor unter. Borussias Auftakt war in jeder Hinsicht ein Statement. Die Mannschaft übernahm vom Anpfiff an die Kontrolle, belohnte sich zeitig und machte erst einmal genau so weiter. Die durchaus emsigen Paderborner wurden früh attackiert und das Spiel nach vorne lief zügig. Nach 24 Minuten hätte ein Angriff zum Erfolg führen müssen, Embolo, von Hofmann bedient, löffelte den Ball über das Tor. Das sollte charakteristisch für den weiteren Verlauf des Spiels werden. Die alte Borussenkrankheit "mangelnde Chancenverwertung" brach einmal mehr aus. Ohne Garantie auf Vollständigkeit, hätten Embolo und Hofmann, Herrmann und Stindl teils mehrfach die Führung ausbauen können bzw. müssen. Das alles, obwohl die Dominanz der Gladbacher Mitte der ersten Halbzeit etwas nachließ. Deutlich war man die bessere Mannschaft, ließ Paderborn aber immer häufiger in die Nähe des eigenen Strafraums kommen. Bis zur Pause ging das gut, im zweiten Durchgang dasselbe Bild: Borussia besser und schwach in der Chancenauswertung und auch nach hinten nicht mehr konsequent genug. Die Folge: Der Ausgleich. Der frühere Borusse Sven Michel überwand Sommer nach einem schönen Doppelpass. Das 1:1 war für Paderborn nicht wirklich verdient, die Gladbacher aber hatten sich das Ei durch ihre fehlende Zielstrebigkeit im Grunde selbst gelegt. 

Aber schon im Gegenzug gab es die Chance zur Rehabilitation. Der Angriff nach dem Wiederanpfiff führte zu einem Foulelfmeter. Hünemeier hatte Stindl am Bein getroffen. Den fälligen Strafstoß verwandelte der Kapitän sicher zum 2:1. Wenige Minuten später eine Szene von vorentscheidendem Chakter: Hünemeier foulte den aufs Tor zueilenden Embolo. Der rappelte sich auf, umspielte Zingerle zunächst, ließ sich aber abdrängen und brachte den Ball abermals nicht am Keeper vorbei. Doch Schiedsrichter Welz war das Foul von Hünemeier nicht entgangen. Die folgende gelbe Karte war die zweite nach dem Foul vor dem Strafstoß - Paderborn war fortan nur noch zu zehnt. In Unterzahl vermochten es die Ostwestfalen nicht mehr, Borussia wirklich unter Druck zu bringen. Stattdessen erzielte Lars Stindl nach Flanke von Bensebaini das 3:1. Zunächst verwehrte Welz dem Treffer wegen einer vermeintlichen Abseitsstellung des Flankenden die Anerkennung, der VAR korrigierte diesen Fehler jedoch. Das Spiel war entschieden. Ein sehenswertes Tor von Laszlo Benes kurz vor Schluss zählte nicht, weil der des eingewechselte Mittelfeldmann tatsächlich, wenn auch knapp im Abseits stand. 

Weil Leverkusen gleichzeitig bei Hertha BSC Berlin mit 0:2 verlor und auch Leipzig Dortmund unterlag schob sich die Borussia wieder auf Platz vier mit der leisen Hoffnung auf noch mehr. Das letzte Saisonspiel gegen Berlin wird freilich kein Selbstläufer. Dass die Hertha die "Großen" ärgern kann, hat sie jetzt bewiesen. Und in Sachen Abschlusssicherheit und was das Engagement über 90 Minuten angeht, muss Borussia nächsten Samstag im Vergleich zum Paderbornspiel noch deutlich zulegen. Wenn das gelingt, dann wird diese merk- und denkwürdige Saison zu einem erfreulichen Ende gebracht. Und 54.022 Zuschauer im ausverkauften Borussia-Park liegen sich in den Armen.

Ach nee. 

Die Stimmen der restlichen SEITENWAHL-Redaktion

Michael Heinen: Ein Spieltag wie gemalt für Borussia. Ohne die Topscorer fehlte es zwar deutlich an Effizienz, was den Fans so manches Haar gekostet haben wird. Letztlich wurde der Pflichtsieg aber souverän eingefahren und selbst das Gegentor warf die Mannschaft nicht aus der Bahn. Da Leverkusen gleichzeitig extrem schwach in Berlin agierte, stehen die Chancen auf die Champions League jetzt 90:10 für Borussia. Entschieden ist aber noch lange nichts.

Claus-Dieter Mayer: Vierter nach 33 Spieltagen... das konnte Dieter Hecking auch! Im Ernst: Das war kein einfaches Spiel und man hat es letztendliche seriös und souverän zu Ende gespielt

Thomas Häcki: Hinten hat der Fuchs die Eier

Mike Lukanz: Wir brauchen nur einen Punkt. Wir brauchen nur einen Punkt. Wir brauchen nur einen Punkt ...