Einst vor langer Zeit, gab es nur eine Unterteilung einer Bundesligasaison: es gab eine Hinrunde und eine Rückrunde und das war es! Heutzutage in der schönen neuen Fußballwelt mit international synchronisierten Kalendern wird eine Saison durch Länderspielpausen fein in kleine Häppchen unterteilt. Die erste Vorspeise war dabei mit 4 Siegen sehr schmackhaft gewesen. Der nächste Gang jedoch hatte zunächst einen extrem bitteren Beigeschmack mit 2 peinlich-ernüchternden Niederlagen in Freiburg und Manchester, bevor dann 7 Punkte in 3 Ligaspielen das ganze etwas milderten und die ärgerliche Niederlage gegen Barcelona eine bittersüße Note hinzufügte. Erst am Sonntag allerdings entscheidet sich aber ob uns von dem Ganzen letztendlich schlecht wird oder ob wir dem nächsten Gang mit Appetit entgegen sehen.

Ohne den Freiburgern, Leipzigern oder Ingolstädtern zu nahe treten zu wollen, so ist dies endlich mal wieder ein Bundesligaspiel, bei dem Gladbach-Fans der Puls etwas schneller geht, zumal es unter besonderen Voraussetzungen statt findet. Borussen-Anhänger werden kaum die letzten beiden Ligaspiele in Gelsenkirchen vergessen haben wo man einmal trotz gefühlten 173% Ballbesitz keine Chance herausspielte und 1:0 verlor und dann im Folgejahr eine Gala abspulte, bei der alles richtig war ausser der Tatsache dass man statt eines 7:1 Sieges mit einer 1:2 Niederlage nach Hause fuhr. Noch prickelnder wird die Partie durch die tabellarische Situation. Vor der Saison galt der S04 wie immer als einer der grossen Konkurrenten um die internationalen Plätze, jetzt auf einmal findet man sich aber punktlos auf Platz 18 wieder. Bei einem Sieg würde die Borussia ihren Vorsprung auf 13 Punkte ausbauen, bei einer Niederlage könnte Schalke mit 7 Punkten Rückstand zumindest etwas Hoffnung schöpfen in dieser Saison noch in das Rennen um internationale Plätze mitzumischen. Insofern ist dies zumindest für die Knappen ein Schicksalspiel mit vorentscheidenem Charakter. 

Die Gladbacher müssen dabei leider auf ihren besten Spieler Raffael verzichten, der sich gegen Barcelona kurz vor der Halbzeit einen Muskelfaserriss im Oberschenkel zuzog und für einige Wochen ausfallen wird. Ansonsten kann man nach dem kräfteraubendem Spiel am Mittwoch mit einer gewissen Rotation rechnen. Im Offensivbereich ist der am Mittwoch eher glücklos wirkende Ibrahima Traoré vielleicht ein Streichkandidat, der durch Hahn oder auch den wieder genesenen Patrick Herrmann ersetzt werden könnte. Im Mittelfeld steht Strobl immer noch nicht zur Verfügung, so dass es naheliegt den wiedererstarkten Dahoud an Kramers Seite zu stellen, aber auch ein defensivere Variante mit Christensen auf der 6-er Position ist denkbar. In der der Dreierkette haben gegen Barcelona die immer noch sehr jungen Elvedi, Christensen und Korb ein Riesenspiel geleistet. Dies könnte Grund sein dem Trio erneut eine Chance zu geben, aber auch heissen, dass man einem von ihnen Regenerationsmöglichkeit gibt und Jantschke oder Vestergaard neu bringt. Im Tor wird trotz seines Patzers beim 1:2 unter der Woche auf jeden Fall Yann Sommer stehen.

Der Gegner aus Gelsenkirchen bleibt ein Rätsel in dieser Saison. Zugegebenermassen gab es nicht nur im Umfeld sondern auch im Kader einen gehörigen Umbruch, aber trotzdem sollte mit der Besetzung  eigentlich mehr möglich sein als Platz 18. In der Euro-League deutete die Mannschaft  ja auch schon ihr Potential an, indem sie sowohl bei Frankreichs Tabellenführer und neuem Favre-Verein Nizza gewann als auch die Leipziger B-Mannschaft aus Salzburg besiegte. In der Liga hingegen läuft so wenig zusammen, dass Manager Heidel am vergangenen Wochenende den Charakter des Teams in Frage stellte, typischerweise ein Eingeständnis kompletter Hilflosigkeit. Dass mit Höwedes jetzt noch der einzige Spieler, den Heidel von dieser Kritik ausnahm, angeschlagen ist, passt irgendwie ins Bild des FC Schalke 04 dieser Tage. Ebenfalls noch fraglich ist ob der verschnupfte Huntelaar bis Sonntag wieder einsatzfähig ist. Trotzdem tut die Borussia gut daran, den momentanen Tabellenstand zu ignorieren und sich auf ein Duell mit einem direktem Konkurrenten um die europäischen Plätze einzustellen, denn unterschätzen sollte man die Schalke auf keinen Fall.

 

Seitenwahl-Prognose: 

Claus-Dieter Mayer: Ein nervöses aber spannendes Spiel endet letztendlich 1:1, ein Ergebnis mit dem beide leben können, das aber keinen glücklich macht. 

Michael Heinen: Bis zur letzten Minute der regulären Spielzeit beißen sich die Schalker trotz großem Engagement die Zähne aus an der erstaunlich stabilen Gladbach-Defensive. Dann fällt in der 90. Minute doch noch der 1:1-Ausgleich. Die Schalke-Arena steht Kopf und bejubelt den ersten Punktgewinn dieser Bundesliga-Saison wie eine Meisterschaft. Der kollektive Freudentaumel dauert noch an, da pfeift der Schiedsrichter in der 4. Minute der Nachspielzeit noch einmal Freistoß für Borussia. Dahoud legt kurz ab auf Christensen, der den Ball durch die Abwehrmauer ins Schalker Tor jagt und das Stadion in ein Tränenmeer verwandelt.

Christian Spoo: Borussia hat noch Barcelona im Kopf, Schalke Red Bull getrunken. 2:0 für Max Eberls Wunschtrainer.

Volkhard Patten: Schalke wird nach sechs Niederlagen in der Liga mit viel Glück den Einzug in die EL schaffen.

Thomas Häcki: Schalke hat die Krise. Gladbach hat ein Auswärtsspiel. Die Schalker Krise endet daher denkbar knapp mit 2:1 für die Knappen. Typisch Borussia.