Nicht unwahrscheinlich, dass dies nach einem wenig attraktiven Spiel zwischen Bayern München und Borussia Mönchengladbach das Fazit vieler Beobachter sein wird. Tatsächlich waren die Voraussetzungen für ein attraktives Duell zwischen zwei der prägendsten Mannschaften der Bundesligageschichte schon besser. Für Bayern München ist das Spiel nach der am letzten Spieltag gesicherten Meisterschaft nur ein wahrscheinlich relativ lästiger Zwischenschritt auf dem Weg zum Pokalspiel gegen Leverkusen und zum Champions-League-Halbfinale gegen Real Madrid. Das sieht man schon daran, dass momentan im Zusammenhang mit Bayern München niemand über das Spiel gegen Gladbach spricht, sondern Angelegenheiten wie die Verpflichtung von Nico Kovac und eventuelle Vertragsverlängerungen mit Robben und Ribery deutlich spannender sind.

Die einzig spannende Frage vor dem Spiel wird sein, ob Jupp Heynckes seine Mannschaft als B- oder C-Team auf den Rasen schickt, wie viele Stammspieler also im Hinblick auf die kommenden Aufgaben geschont werden. Einfluss auf die Siegchancen von Borussia Mönchengladbach wird das vermutlich nicht haben, denn selbst mit Martinez, Robben, Ribery, Lewandowski, Kimmich und James auf der Bank ist Bayern München in der Lage eine Mannschaft aufzustellen, die jederzeit Favorit gegen die Gladbacher ist.

In Mönchengladbach dagegen hängt man immer noch der Theorie an, nur eine äußerst seltene Ballung widriger Umstände wie Verletzungspech und eine Vielzahl schreiender Ungerechtigkeiten bei der Anwendung des Videobeweises (ist ja klar, die sitzen ja in Köln!) hätten das Erringen der Deutschen Meisterschaft 2017/18 oder wenigstens die Qualifikation für die Champions League verhindert.

So jedenfalls ließ sich der Trainer in einem recht ausführlichen Interview mit der Rheinischen Post verstehen, gewürzt mit der Bemerkung, dass angesichts der widrigen Umstände Kritik am Saisonverlauf und dem bisherigen Abschneiden eigentlich nicht gerechtfertigt sei. Viel Fähigkeit zur selbstkritischen Betrachtung kommt da nicht gerade zum Vorschein. Zum einen wird völlig ausgeblendet, dass auch Borussia Mönchengladbach – trotz mancher hier bereits kritisierter Unwucht – über einen breiten Kader verfügt und auch auf dem Höhepunkt der Verletzungsmisere jederzeit noch elf Spieler aufstellen konnte, die den Anspruch haben, zum oberen Durchschnitt der Bundesliga zu gehören. Zum Anderen erklärt das Verletzungspech gerade nicht die Lethargie in manchen Partien und auch nicht die teilweise zu besichtigende spielerische Armut.

Bemerkenswert ist auch der Hinweis des Trainers darauf, dass er bisher nicht habe spielen können wie er wolle, weil die Mannschaft auf ein 4-4-2 ausgerichtet sei: Die Mannschaft hat unter Dieter Hecking drei Vorbereitungen absolviert und es gab seit seinem Amtsantritt drei Transferperioden, in denen der Trainer mutmaßlich eng in die Entscheidungen über die Ausrichtung des Kaders einbezogen wurde. Wenn er meint, nach einer so langen Zeit den mehr oder weniger versteckten Hinweis anbringen zu müssen, die Ausrichtung des Kaders entspreche nicht seiner Vision von Fußball, macht er es sich deutlich zu einfach. Sollte es wirklich so schlimm sein, hätte der Trainer früher auf Änderungen dringen müssen. Mindestens hätte er versuchen müssen, mit den vorhandenen Mitteln seine Vorstellungen umzusetzen. Erst nach eineinhalb Jahren festzustellen, dass manches nicht passt, ist dagegen erstaunlich und lässt eher vermuten, dass auch auf der Trainerbank eine gewisse Lethargie herrscht. Zugleich bleibt völlig im Dunkeln – das war nämlich die eigentliche Frage – welche Vision von Fußball Dieter Hecking tatsächlich hat. Leider wurde an dem Punkt von den Interviewern nicht nachgehakt. Alles in allem gibt der Trainer in dem Interview keine gute Figur ab.

Zurück zum Spiel: Ob Borussia Mönchengladbach am Samstag in München eine Chance hat oder nicht, wird sich daran entscheiden, ob Bayern München in Führung geht. Sollte das der Fall sein, vielleicht sogar früh in der Begegnung, dürfte diese entschieden sein. Bayern wird dann den Vorsprung verwalten und den Ball möglichst einfach behalten. Da Borussia keine Mannschaft ist, der Pressing liegt, haben die Gladbacher dagegen kein Mittel. Was die Aufstellung angeht, ist die Verletzung von Patrick Herrmann natürlich ein erneuter Rückschlag. Für ihn wird, da es bei Traoré noch nicht für die Startelf reicht, vermutlich Hofmann beginnen. Stindl ist gesperrt, Hazard damit wieder gesetzt. Weitere Änderungen sind wohl nicht zu erwarten.

 

Denkbare Aufstellungen

Bayern München: Ulreich - Rafinha, Süle, Hummels, Alaba - Rudy - Tolisso, Thiago - Müller, Juan Bernat - Wagner

Borussia Mönchengladbach: Sommer - Elvedi, Ginter, Vestergaard, Wendt - Kramer, Zakaria, Cuisance - Hofmann, Hazard - Raffael

 

Der SEITENWAHL-Tipp

Uwe Pirl: Da die Bayern keine Lust haben und die Borussen derzeit nicht besser können, erleben wir ein ereignisloses Ballgeschiebe. Entweder der Münchener Dusel oder der eine Aussetzer, für den Borussia auch bei einer konzentrierten Leistung immer gut ist, sorgen dann für den 1:0-Sieg der Bayern.

Michael Heinen: Hätte Borussia alle Mann an Bord, dann wäre eine knappe Niederlage möglicherweise erreichbar. So kann man sich am Samstagabend freuen, mit einer 0:3-Niederlage das Beste aus den Möglichkeiten gemacht zu haben.

Thomas Häcki: In einem wenig unterhaltsamen Sommerkick spult der Meister nur das notwendige herunter. Das reicht für ein 3:0. Einigen mitgereisten Fans reicht es auch.

Christian Spoo: Bayern tut, was es muss, kein Bisschen mehr. Das reicht, um tapfere aber biedere Borussen mit 2:0 zu schlagen.

Claus-Dieter Mayer: Die Borussia bleibt der Angstgegner der Bayern. Auch wenn das 1:1 am Ende extrem schmeichelhaft ist, wandert zumindest ein Punkt nach Mönchengladbach.