Borussia Mönchengladbach hat 2:1 gegen Hertha BSC gewonnen und damit wenigstens den Anschluss an die internationalen Plätze gewahrt. Hätte man das Spiel nicht gesehen und stattdessen nur die statistischen Daten zur Verfügung, ließe sich vielleicht folgende Geschichte erzählen: Borussia liegt durch ein unglückliches Missverständnis zwischen Sommer und Vestergaard zur Halbzeit 0:1 hinten. Dieter Hecking stellt dann auf Viererkette um und wechselt genialerweise mit Hazard den Doppeltorschützen ein. Hertha ausgecoacht, alles gut!

Eine weitere Interpretation wäre, dass eine starke Viertelstunde von Borussia Mönchengladbach auch nach 75 Minuten Lethargie noch reicht, um gegen einen Gegner wie Hertha BSC zuhause zu gewinnen.

Leider kann diese Geschichten nur erzählen, wer das Spiel nicht gesehen hat. Denn nach mehrfachem Anschauen des Spiels drängt sich eine andere Geschichte auf: Zur Verhinderung einer weiteren Niederlage und zur Erhaltung wenigstens von Restambitionen in Richtung Europa brauchte Borussia Mönchengladbach erstens einen Gegner, der vorne reihenweise beste Chancen vergibt und hinten durch ein dummes Foul einen Elfmeter verursacht, zweitens ziemliches Glück in Form des Ausgleichstores von Hazard, dem beim besten Willen kein gezielter Schuss, sondern nur der Versuch zugrunde lag, den Ball irgendwie aufs Tor zu bringen, und drittens den Videobeweis. An Chancen der Borussia bleiben ansonsten nur der schöne Schuss von Cuisance vor der Pause und der wegen Abseits nicht gegebene Treffer von Herrmann in Erinnerung (auch das ein abgefälschter Schuss, der wohl normalerweise nicht ins Tor geht und deshalb in die Kategorie Glückstreffer gefallen wäre).

Dass der Sieg nicht verdient, sondern glücklich war, sahen hinterher alle Beteiligten so – immerhin neigte dieses Mal erfreulicherweise niemand dazu, die Leistung schönzureden. Wohltuend realistisch zu hören sind in diesem Zusammenhang die Statements von Yann Sommer und Nico Elvedi auf Fohlen TV sowie das des Trainers auf der Pressekonferenz.

Bemerkenswert ist auch, was aus den Diskussionen zwischen Spielern und Fans nach dem Spiel zu hören war: Dass die Mannschaft nach so einem Spiel nicht uneingeschränkt gefeiert, sondern die Spielweise hinterfragt wird, ist legitim. Weniger legitim ist, dass einzelne Spieler, dem Vernehmen nach Yann Sommer, herausgegriffen und verbal attackiert werden. Hier sollte auch dem Fan in der Kurve klar sein, dass die Mannschaft in der Regel gemeinsam gewinnt und verliert. Dennoch liegt Christoph Kramer völlig falsch, wenn er vom Fan fordert sich zu entscheiden, ob die Mannschaft für Ergebnisse oder für schönen Fußball gefeiert werden soll. Optimal wäre natürlich, man würde Ergebnisse mit schönem Fußball einfahren. Dann könnte jeder zu Recht einfordern, gefeiert zu werden. Auch wenn Ergebnisse und Spielweise grundsätzlich stimmen würden, zwischendrin aber mal ein dreckiger Sieg liegt, wäre Kramers Sichtweise wohl legitim. Im Moment stimmen aber weder Spielweise noch Ergebnisse, im Gegenteil, in beiden Punkten läuft ziemlich viel schief. Da hilft es dann auch nicht, gegen Dortmund nach einer guten Leistung zu verlieren. Das provoziert eher die Frage, warum die Mannschaft sich gegen Dortmund zu einer starken Leistung aufraffen kann, sich jedoch gegen Mainz und Hertha widerstandslos dem Niveau des Gegners anpasst, ohne auch nur ansatzweise den Willen erkennen zu lassen, ihre Qualität zu zeigen.

Den seit Wochen herrschenden Eindruck, dass der Verein ziemlich uninspiriert dem Saisonende entgegentrudelt und derzeit nicht den Kraftakt einer Aufholjagd erwarten lässt, konnte das Spiel gegen Hertha BSC jedenfalls nicht entkräften.