„Das ist nicht unser Spiel“ hatte Trainer André Schubert halb entschuldigend, halb anklagend, nach dem Unentschieden in Leipzig gesagt. Anlass war, dass die Mannschaft in der zweiten Halbzeit spielerische Finesse zugunsten von Kampf vernachlässigt hatte – und so gegen die aggressiv agierenden Leipziger noch einen Punkt errungen hatte. Manch ein Beobachter interpretierte die Aussagen Schuberts so, als hätte die Mannschaft sich über die Anweisungen des Übungsleiters hinweggesetzt, auch wenn das vermutlich eine sehr freie Interpretation seiner Aussagen war. Denn dann hätte das Team es am Samstag gegen Ingolstadt gleich noch einmal so gemacht. Dafür aber war Schubert nach dem 2:0-Arbeitssieg viel zu entspannt. Ausdrücklich lobte er die Art und Weise, in der seine Mannschaft Ingolstadt niedergerungen hatte.

Erneut hatte Borussia es mit einem Gegner zu tun, der aggressiv und bisweilen unfair, aber vor allem hervorragend organisiert auftrat. Dass das vermeintliche Heim/Auswärtsproblem Borussias in Wahrheit wohl eins der Einstellung des jeweiligen Gegners ist, zeigte sich in der erste Hälfte. Ingolstadt schloss die Reihen, stellte Pass- und Laufwege geschickt zu und zwang Borussia dazu, es mit langen Bällen zu versuchen. Was meist vergeblich blieb. Was das Schubert-Team schon da besser machte, als beispielsweise in Freiburg, war, dass sie nicht auf Teufel komm raus „ihr“ Spiel durchzuziehen versuchte und sich nicht locken ließ. Die Gladbacher Defensive blieb in Habachtstellung, geriet nach einem Wackler in der Anfangsphase kein einziges Mal mehr ernsthaft in Bedrängnis. Es zeigte sich, dass Andreas Christensen im Abwehrzentrum deutlich besser aufgehoben ist, als im defensiven Mittelfeld. Der Verbund mit dem sehr starken Elvedi und dem gewohnt coolen Jantschke ist vermutlich im Moment die beste Kombination, die Schubert hinten aufbieten kann, wenn es denn die Dreierkette sein muss. Julian Korb machte auf der vorgezogenen Außenposition ebenfalls ein gutes Spiel – deutlich defensiver orientiert, als Traoré oder Johnson auf dieser Position sonst agieren, aber dennoch offensiv nicht ungefährlich, wie sein Pfostentreffer in der zweiten Halbzeit beweist. Christoph Kramer machte es defensiv ebenfalls sehr ordentlich, legte eine gesunde Aggressivität an den Tag, obwohl man immer noch den Eindruck hat, der einstige Dauerläufer suche noch nach seiner Rolle im Gladbacher Spiel. Seine frühere Stärke, das intelligente Zulaufen und Zustellen, kommt nicht mehr oder noch nicht zum Tragen.

Die Aggressivität aber ist das, was Borussia am Samstag zum verdienten Sieger machte. Nach dem extrem glücklichen 1:0 kurz vor der Pause gingen die Gladbacher den zweiten Durchgang deutlich galliger an. Vor der Pause wirkte das Borussenspiel nach vorne noch ratlos, jetzt wurde wieder gekämpft und gebissen. Das Ergebnis war kein schönes Spiel, aber zu keinem Zeitpunkt entstand mehr der Eindruck, die Mannschaft könnte das Spiel noch aus der Hand geben. Borussia erarbeitete sich jetzt auch gute Chancen. Die Kombination der ansonsten weniger überzeugenden Dahoud und Wendt sorgte schließlich für die Entscheidung. Ingolstadt war geschlagen und wusste es.

Die letzten beiden Bundesligaspiele zeigen: Borussia kann es auch anders. Das ist eine gute Nachricht. Der Plan B, den in der vergangenen Saison so viele zu Recht vermissten, er existiert. Dieser Plan B sieht nicht schön aus, aber gegen Leipzig ist er teilweise, gegen Ingolstadt ganz aufgegangen. Er sieht ganz einfach vor, das Spiel des Gegners anzunehmen, auf Aggressivität mit Aggressivität zu reagieren, gegen gut gestaffelte Gegner die aus Favre-Zeiten bekannte Geduld zu zeigen. Irgendwann klappt es vorne, und solange die Mannschaft hinten stabil steht, kann da nicht viel passieren. Borussia hat ein erwachsenes Spiel gemacht – und alle Beobachter Lügen gestraft, die meinten, die Mannschaft habe doch ohnehin schon Barcelona im Kopf. Auf Barcelona deutete im Borussia-Park am Samstag nichts hin und das war richtig so. Das Kerngeschäft ist die Bundesliga und dieses Kerngeschäft ist manchmal mühsam. Das scheint das Team spätestens jetzt verinnerlicht zu haben.