Leverkusen, Freiburg, Leipzig – drei der Teams, gegen die Borussia in dieser Saison schon antreten musste, zeichnen sich durch aggressives und diszipliniertes Pressing aus. Hat der Gegner den Ball, wird der ballführende Spieler sofort attackiert und zum schnellen Abspiel gezwungen. Gleichzeitig werden in dessen Umgebung die Räume eng und damit ein geordneter Spielaufbau unmöglich gemacht. Agieren beide Mannschaften in gleicher Weise, entwickelt sich häufig ein hektisches und zerfahrenes Spiel, das durch viele Zweikämpfe und Kopfballstafetten geprägt ist, alles andere als schön aussieht und in dem – wenn beide „hoch stehen“, wie man heute sagt – sich große Teile des Spiels auf engem Raum jeweils ca. 15 Meter vor oder hinter der Mittellinie abspielen. Ganz offensichtlich – das ist aus der letzten Saison und letztlich auch aus der Ära Favre hinlänglich bekannt – liegt Borussia diese Spielweise nicht, wenn sie der Gegner konsequent und vor allem körperlich robust interpretiert. Deutlich wurde dies zuletzt in Freiburg, als man überhaupt nicht ins Spiel fand und zu Recht deutlich verlor.

Die Frage ist nun, warum gelingt es, gegen Leverkusen zu gewinnen, warum geht man gegen Freiburg unter und warum schafft man es gegen RB nach einem ziemlich unansehnlichen Gewürge immerhin noch zu einem verdienten Ausgleich?

Nimmt man die Eindrücke dieser drei Spiele, scheint es unabhängig von der taktischen Formation folgende Erfolgsfaktoren zu geben: Zum einen ist es unabdingbar, den Kampf anzunehmen. Nur mit spielerischen Mitteln geht es nicht. Körperloses Spiel wie gegen Freiburg kann also nicht die Lösung sein. Andererseits beraubt sich die Mannschaft ganz eindeutig ihrer Stärken, wenn sie sich auf einen reinen Abnutzungskampf im Mittelfeld einlässt, wie gestern gegen RB zu sehen war. Ein solches Spiel begünstigt eindeutig die individuell schlechter besetzte Mannschaft.  

Werfen wir demnach einen Blick auf das Spiel gegen Leverkusen, schauen wir darauf  wie die Tore auch in den anderen Spielen gefallen bzw. Chancen entstanden sind: Gegen Leverkusen war deutlich zu sehen, dass die Mannschaft gewonnen hat, die es im Verlauf des Spiel geschafft hat, Tempowechsel einzubauen, das Spiel immer mal wieder zu beruhigen und zu einem geordneten Spielaufbau zurück zu finden, mit anderen Worten – das eigene Spiel zu variieren, zwischen Pressing und Kontern aus einer geordneten Formation abzuwechseln und den Gegner auch mal kommen zu lassen. Auffällig ist weiter, dass fast alle Tore von Borussia in diesen Spielen aus Spielzügen entstanden sind, in denen man selbst eher tief stand, den Gegner aufrücken ließ und dann mit wenigen Kontakten das gesamte Spielfeld überbrückt hat. Dem gegenüber ist der Versuch, sich mit gepflegtem Kurzpassspiel durch die eng gesteckten Reihen des Gegners zu kombinieren, in schöner Regelmäßigkeit fehlgeschlagen – bedingt durch fehlende eigene Präzision, vom Gegner erzwungene Hektik und auch durch manchen Hackentrick zuviel.  

Könnte es also ein Erfolgsrezept sein, gegen einen ohnehin hoch stehenden oder fast nur auf Spielzerstörung ausgerichteten Gegner selbst nicht auch noch ausschließlich hoch zu stehen und damit das Spiel in eine eng begrenzte Zone zu verlagern? Könnte man in solchen Spielen jedenfalls phasenweise einen etwas defensiveren Ansatz wählen, geordnet verteidigen, den Gegner zu noch höherem Spiel verleiten und sich damit die Räume zu verschaffen, um die eigene Konterstärke mit Präzision und Ruhe am Ball ausnutzen?

Den nächsten Versuch kann Borussia am Samstag gegen Ingolstadt unternehmen. Auch wenn Ralph Hasenhüttl dort nicht mehr Trainer ist, wird noch genügend DNA von ihm in der Mannschaft stecken. Das lässt eine ähnliche Herangehensweise wie gestern durch RB erwarten. Und auch wenn die Mannschaft mit nur einem Punkt gegen den HSV sowie Niederlagen gegen Hertha, Bayern und Frankfurt schlecht gestartet ist – sie wird der erwartet unbequeme Gegner sein. Borussia wird gut beraten sein, einerseits den Kampf anzunehmen, andererseits aber ihre spielerische Überlegenheit und taktische Variabilität auszuspielen. Gelingt das, sollte einem Heimsieg nichts im Wege stehen.

 

Seitenwahl-Prognose:

Uwe Pirl: Daheim ist Borussia eine Macht. Kämpferisch auf der zweiten Halbzeit gegen RB aufbauend, spielerisch den Schwung aus der ersten Halbzeit gegen Bremen konservierend – das wäre das Ideal. Damit gewinnt man sicher 3:1.

Claus-Dieter Mayer: Auch wenn Ingolstadt es der Borussia nicht ganz so leicht macht wie der SV Werder, gibt es wieder einen Heimsieg, diesmal mit 3:0.

Michael Heinen: Im heimischen Borussia-Park ist die Fohlenelf eine Macht. Dieses Jahr gelingt auch ein Sieg über Ingolstadt - und zwar mit 2:1.

Thomas Häcki: Borussia spielt zu Hause. Ingolstadt ist schlecht aus den Startlöchern gekommen. Wenn die Borussia sich auf ihr Brot und Butter Geschäft konzentriert und nicht bereits das Gimmick Barcelona im Kopf hat, sollte ein Sieg möglich sein. 4:1

Christian Spoo: Heimspiel - aber gegen einen fiesen Gegner. Wenn Ingolstadt so spielt, wie zuletzt in München, wird es mächtig schwer. Trotzdem quält sich Borussia zu einem 2:1-Sieg.

Christoph Clausen: Pro: Heimspiel; Gegner formschwach; grundsätzliches Qualitätsgefälle. Contra: Barca im Kopf; Gegner mit Spielweise, die Gladbach nicht behagt und gegen den man in der Vergangenheit keine adäquaten Mittel fand; Raffael fehlt. Contra wiegt leider schwer genug, um eine Fortsetzung der Erfolgsserie zuhause zu verhindern. Borussia hadert nach einem unglücklichen 1:1.