In einem der bislang schwächsten Saisonspiele erkämpfte sich Borussia mit buchstäblich letzter Kraft ein glückliches 0:0 bei der TSG Hoffenheim. Ein nicht nur moralisch wertvoller Punkt, mit dem die direkte Konkurrenz auf Distanz gehalten, der aber auch teuer bezahlt wurde. Innerhalb weniger Minuten musste der einstige Top-Sturm ausgewechselt werden, der voraussichtlich in den beiden abschließenden Spielen des Jahres nicht mehr zur Verfügung stehen wird. Während Raffael mit einem Schlüsselbeinbruch für rund zwei Monate ausfallen dürfte, entpuppte sich die Verletzung von Lars Stindl als weniger dramatisch. Dennoch: Nachdem Borussia im bisherigen Verlauf der Vorrunde erfreulich wenige Ausfälle zu beklagen hatte, häuft sich die Anzahl zuletzt wieder. Die Partie in Hoffenheim offenbarte trotz des Punktgewinns, dass die Mannschaft in der Breite nicht so hochkarätig besetzt ist, um dies auf höchstem Niveau kompensieren zu können.

Dabei ist zu allerletzt der Innenverteidigung ein Vorwurf zu machen, die mit Nico Elvedi und Louis Beyer so jung besetzt war wie lange nicht. Borussias Kinderriegel gehörte zu den besseren Fohlen in Sinsheim und trug wesentlich zum Erfolg bei. Trotz des zweiten Spiels ohne Gegentor im dritten Spiel ohne Abwehrchef Ginter war aber erneut zu erkennen, dass die Defensive gegen temporeiche Offensivabteilungen, wie sie Hoffenheim und Leipzig zu bieten haben, leicht überfordert wirkt. Auch Oscar Wendt, Michael Lang und Tobias Strobl mühten sich redlich. Schnelligkeit ist aber nicht ihre hervorstechendste Eigenschaft.

In der Winterpause sollte sich Max Eberl daher Gedanken machen, ob seine Einschätzung zu Saisonbeginn nicht allzu optimistisch war, mit dem vorhandenen Defensivpersonal durch eine ganze Saison zu kommen. Eine noch längere Verletzung von Ginter z. B. würde es deutlich erschweren, den aktuellen Champions-League-Platz dauerhaft zu halten. Eine hochkarätige Alternative wäre da nicht verkehrt, auch wenn zu bezweifeln ist, ob diese wirklich Christensen heißen wird. Das ebenfalls kolportierte Interesse des FC Barcelona und sein inzwischen exorbitant hohes Gehalt machen eine Rückkehr schwierig. Sinn hätte diese zudem nur, falls sich ein Leihgeschäft mit einer halbwegs realistischen Kaufoption verknüpfen ließe. Borussias Scouting werden realistischere Namen mit Stammplatzpotential einfallen müssen. Dass dies im Idealfall zur Luxuslösung führen könnte, sich ggf. zwischen diesem sowie Ginter und/oder Elvedi entscheiden zu müssen, wird Dieter Hecking verkraften können. Zum einen sind Borussias bisherige Top-Innenverteidiger flexibel einsetzbar. Zudem gibt es auch jetzt schon weiter vorne z. B. mit Kramer und Zakaria einstige Führungsspieler, die vor der Konkurrenz auf die Bank weichen müssen. Mittelfristig wird dies auf allen Positionen unvermeidlich sein, wenn sich Borussia wieder im oberen Tabellendrittel etablieren möchte.

Bislang hat Borussias Trainer dies sehr gut gelöst, so wie überhaupt die meisten seiner Personalentscheidungen in dieser Vorrunde gelangen. Nachdem er gegen Stuttgart mit Neuhaus und Raffael die Matchwinner einwechselte, gingen seine taktischen Umstellungen in Sinsheim aber leider nicht auf. Die Elf von Julian Nagelsmann brauchte nur kurze Zeit, um sich an die neue Spielsituation des defensiveren 3-5-2 der Gladbacher zu gewöhnen. Danach schnürten sie diese noch stärker ein als vor dem Seitenwechsel.

Dies war nicht zuletzt dem Umstand geschuldet, dass die defensive Unterstützung aus dem zentralen Mittelfeld überschaubar blieb. Auch hier war später mit Michael Cuisance und Laszlo Benes ein eher unerfahrenes Duo unterwegs, das qualitativ nicht an die Leistungen von Jonas Hofmann oder Denis Zakaria heranreicht. In dieser Konstellation war es kein Wunder, dass Borussia bei Champions-League-Teilnehmer Hoffenheim unterlegen war und man will sich gar nicht ausmalen, wie es bei einem abschlussstärkeren Gegner ausgesehen hätte bzw. wie es am Freitag im letzten Spiel der Vorrunde mit solch einer Leistung aussehen würde.

Dies auf eine vermeintliche Auswärtsphobie zurückzuführen, wäre zu kurz gesprungen. Auch in der Auswärtstabelle belegt Borussia immerhin den 7. Platz und die ersten Halbzeiten gegen Düsseldorf und Stuttgart waren nicht so viel besser. Die tolle Heimbilanz ist auch dem Umstand geschuldet, dass mit Eintracht Frankfurt lediglich ein Verein aus der oberen Tabellenhälfte in den Borussia-Park gereist ist – und selbst die waren damals als 13. noch weit von ihrer aktuellen Topform entfernt. Die Rückrunde wird zwei Chancen bieten – die vermeintliche Heimstärke gegen richtig starke Konkurrenz unter Beweis zu stellen und auswärts bei den schwächeren Teams mehr zu punkten als es in der Vorrunde auf fremden Plätzen gelang.

Zuvor geht es aber darum, die jetzt schon gelungene Vorrunde zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen. Ein weiterer Heimsieg gegen die auswärtsschwächste Elf der Liga würde die Punktzahl auf 33 erhöhen und Borussia in jedem Fall auf einem Champions-League-Platz überwintern lassen. In Dortmund folgt zuletzt noch die Kür, bei der es darum gehen muss, sich angesichts der angespannten Personaldecke so teuer wie möglich zu verkaufen. Um dort ernsthafte Chancen zu besitzen etwas mitzunehmen, wird eine Leistung wie in den letzten beiden Auswärtsspielen aber definitiv nicht ausreichen, da das Spielglück für dieses Jahr in Sinsheim aufgebraucht worden sein dürfte.