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1.500 Polizisten stehen sich gelangweilt die Beine in den Bauch, auch weil 1.200 Kölner Plätze leer bleiben. 11 weitere Kölner traben desorientiert über den Rasen, drei Tore fallen irgendwie und ein  Bitburger reift immer noch vier Wochen. Wo in den letzten Jahren Aggressionen eskalierten, dass die Polizei NRW von ihren Überstunden nicht mehr runterkam, ließen die Kölner auf dem Rasen und den Rängen beim Derby 2012 jegliches Unheil in Apathie geschehen. Auch im Namen der öffentlichen Ordnung, danke.


Da ist wohl die Luft raus aus diesem Derby, jedenfalls für die nächste Zeit. Jahrelang galt es als "das heisseste Derby Deutschlands", was übersetzt nichts anderes heisst, dass nirgendwo eine so große Zahl Unterbelichteter den Fußball mit einer unbestimmten Zahl von Gesetzesübertretungen zu verbinden suchte. Es sieht so aus, als wäre eine gewisse sportliche Rivalität dafür anspornend und im Umkehrschluss, dass eine katatonische Kölner Kickersammlung dem Landfrieden hilft. Wer eher selten im Stadion ist, dem muss vielleicht gesagt werden, dass so ein Derby dazu dient, allen Missmut und Frust rauszuschreien und, falls noch nicht endgültig abgestiegen, die kleine Hoffnung noch akustisch festzuhalten. Du musst den Gegner schon aus Selbstschutz schmähen, sonst tut er es überwältigend laut mit dir, ganz egal welche Seite und ob Gast oder Heim.

Merkwürdig daher, dass die noch erschienenen Fans vom Dom in Leichenstarre verharrten. Die ersten Probegesänge der Gladbacher Fans waren eine Art Stock, mit der man ein regloses Tier auf dem Waldboden berührt - mal gucken, ob es nicht noch lebt. Bei den Kölnern hätte auch kein Elektroschocker mehr eine Zuckung hervorgerufen, oder nur dann, wenn man ihn bei den Spielern appliziert  hätte. Wenn man woanders davon spricht, dass der Funke vom Publikum auf die Mannschaft überspringt, so hat das Kölner Team wohl seine Fans an seiner Sklerose teilhaben lassen. Und wenn manche Geissbocknahen Beobachter nach dem Spiel eine Verbesserung ausgemacht haben wollten, dann will man das nicht in schlechter sehen.

Womit wir endlich beim Spiel wären. Trainerwechsel und akuter Abstiegskampf konnten die Kölner nicht zu etwas mehr Initiative als zuletzt bewegen, daher die obigen, völlig gerechtfertigten Lästereien. Schlimmer noch aus Kölner Sicht, auch wenn die Mannschaft brav schablonenartig von einer Seite des Feldes auf die andere verschob, war es immer nur eine Sache von wenigen Spielzügen, bis wieder ein Gladbacher tief in der Kölner Hälfte anspielbar war und die Angriffe der Weissen bequem nach vorne trug. Oft waren es Hanke und Reus, die sich die Pässe abholten; vor allem aber lief über links und Daems geradezu ein Förderband mit Bällen in die Kölner Hälfte, ganz so, als hätte man dort noch nicht davon gehört, dass Borussias Kapitän in der Form seiner Karriere spielt. Und der FC versuchte weiterhin, nicht die Demarkationslinie in der Mitte des Feldes zu überschreiten.

So war nach 10 Minuten der Name des Siegers für diesen Tag schon ziemlich klar. Die offenen Fragen beschränkten sich mehr auf das "wie hoch" , "wer" und "wie". Der 50. Derbysieg (ohne Spiele vor 1960) war einer von denen, die am klarsten zu Beginn feststanden. In der 19. Minute legte sich der Künstler der Truppe den Ball zurecht, und da wir seit Marx wissen, dass Geschichte erst als Komödie geschieht und dann als Spaß, schoss Arango wie im Hinspiel ein Freistoßtor. Karl, nicht Thorben.

Das war es. In der restlichen Partie hatten die Borussen viele Chancen aus allen möglichen Richtungen, die Kölner ein paar Gelegenheiten nach Ecken, Rensing heisse Hände und die Heimfans sehr viel Spaß. Aus Gladbacher Sicht sportlich ein schnell abgehakter Sieg, der die Frage offenlässt, wie sehr das Team im Saft steht, um anspruchsvollere Gegner zu bezwingen. Für die Abwehr brachte das Spiel  zu wenig Aufschluss, um die Leistung bei einem Gegner wie Dortmund vorherzusagen. Dank der Kölner  Friedensresolution, aber auch durch die erneut nicht in Stammformation spielende Abwehr. Offensiv gab es dafür ausser den drei Toren noch genug Chancen um ein weiteres Spiel zu gewinnen, und das ist trotz der erwähnten Kölner Erstarrung ein positives Zeichen. Die Borussen ließen sich nie auf den Schlafwagenmodus ein, rochierten, kombinierten und wie schon in Bremen verhinderte mangelnde Genauigkeit mehr Tore.

Wie im Vorbericht angesprochen, starke Abwehrleistung wird Favres Elf immer wieder bringen. Eine gute Offensive ist das Ergebnis von Selbstvertrauen und Spiellaune und kann schon mal Aussetzer haben. Wenn sie so läuft wie in den letzten beiden Spielen, könnte es durchaus für den 3. Platz reichen.

Das Derby hingegen wird nach Lage der Dinge in der nächsten Saison nicht nur kein Maßstab sein sondern überhaupt nicht sein. Das ist schade für den fehlenden Reiz, schade für das sportliche Fortkommen der Gladbacher und ein Segen für den Urlaubsplan der Polizisten, für die Einnahmen der Gastwirte und für alle, die nicht unter Hubschraubern zum Fußball gehen wollen.