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Geographisch nur vom Rhein getrennt, in der Tabelle von Welten: Der letzte Teil des Überblicks über die Bundesliga präsentiert uns heute Köln und Leverkusen. Am Donnerstag gibt es dann den traditionellen großen Borussen-Check und dann steht uns auch schon die neue Saison bevor.


Va banque - Der 1.FC Köln

Manchmal wünscht man sich, das Leben würde am schönsten Punkt einfach stoppen und nicht mehr weitergehen. Manchmal kann es einfach nicht schöner werden, das Leben aber geht trotzdem weiter und ruiniert gnadenlos auch die schönsten Momente. Fans des 1.FC Köln müssen sich im Nachhinein denken, dass mit der Rückkehr von Lukas Podolski im Sommer 2009 alles hätte aufhören müssen, damit die Homecoming Party für immer weitergeht. Die Saison nahm trotzdem ihren Lauf und seitdem ging vieles bergab, manches war trotz der hysterischen Euphorie erst gar nicht bergauf gegangen.

Zum Beispiel sind 7 Heimsiege nicht gerade ein Rausch. Wenn sie sich auf 2 Spielzeiten verteilen, sind sie ein Alarmzeichen. In Köln gilt das nicht als großes Problem, die Ausbeute an Punkten stimmt ja und im Lauf der Saison kamen auch ein paar Tore zusammen. War ja auch alles nicht so leicht gewesen, nachdem der Club die größte Ohrfeige verpasst bekam, die je ein Bundesligatrainer seinem Arbeitgeber gegeben hat. Die Lösung Soldo, die Sportdirektor Meier präsentierte, darf man getrost als die preiswerteste interpretieren. Der ruhige Kroate, der weit davon entfernt ist, so mit dem Boulevard zu spielen wie Daum, fand keinen Weg, den Luxussturm an das schwache Mittelfeld anzuknüpfen. Immerhin ist er noch da, was er als Erfolg werten darf.

Für die neue Saison muss das Team verändert werden; nur leider werden die Mittel dafür so spärlich freigegeben wie für kommunale Straßenarbeiten. Die Erkenntnis, einen offensiven Mann im Mittelfeld zu brauchen, war soweit richtig; ob Martin Lanig sich dort durchsetzen kann, ist unklar. Nun sind Transfers ja immer mit einer gewissen Unsicherheit behaftet; Michael Meier setzt seinen Club aber größeren Risiken aus als andere. Der Podolski-Transfer hat sich bisher bei weitem nicht rentiert und dringend nötige Mittel entzogen. Und ohne den divenhaften Novakovic loszuwerden, hat er die größte Summe in einen weiteren Stürmer investiert, in Alexandru Ioanita von Rapid Bukarest. Da fragt sich selbst der „Kicker“, dessen Berichterstattung sich sonst eher durch oberflächliche Gutmütigkeit auszeichnet, nach dem Sinn der Vorgänge und spricht von einer Gratwanderung. Danach sieht es auch aus. Meier spielt – wieder – va banque.

Auch wenn sich aus der stark verdichteten veröffentlichten Bilanz des 1.FC Köln keine genauen Zahlen gewinnen lassen, ist doch klar, dass es schlecht um die Finanzen bestellt ist. Als der völlige Flop Maniche seinen Vertrag kündigte und sein Gehalt für edle Zwecke zur Verfügung stellte, dürften in der Geschäftsstelle die Sektkorken so geknallt haben wie damals, als Polster zur Borussia kam. Und trotzdem können nur Spieler gekauft werden, bei denen man hoffen muss, dass sie stärker einschlagen werden, als man realistisch erwarten kann. Hoffnung als Prinzip. Hoffen, dass Geromel wieder zu brauchbarer Form findet; hoffen, dass Andrezinho ein besserer Verteidiger ist als Brecko; hoffen, dass Lanig sich zum Spielmacher entwickelt; hoffen, dass Soldo die Konflikte im Griff behält. Und hoffen, dass Podolski zum ersten Mal seit 4 Jahren wieder eine brauchbare Bundesligasaison spielt, nachdem er mit der Nationalmannschaft seine übliche Blütephase hatte.

Die Neuzugänge müssen den Trend der letzten Spielzeit herumreissen, aber das sieht nach einer schweren Last aus für Buchtmann, Lanig, Jajalo, für Ioanita, Giannoulis, Andrezinho. Wenn man mögliche, einigermaßen wahrscheinliche Saisonverläufe durchspielt, müssten schon viele der auf „hoffentlich“ gestellten Variablen günstig laufen, um eine akzeptable Zeit zu bescheren. Es sieht wahrscheinlicher aus, dass bei den ersten Misserfolgen die Jagdzeit der Kölner Medien beginnt, dass Panik an- und vielleicht abschwillt, dass Soldo ständig im Visier steht. Als vielleicht treffsicherste Prognose bleibt der FC wenigstens drin, irgendwo zwischen Platz 12 – 15. Aber wer Geld darauf setzt, spielt va banque.



Höhenangst - Bayer 04 Leverkusen

Am Ende war alles wie immer in Leverkusen. Lange Zeit hatte die Mannschaft oben gestanden, hatte mustergültig schönen Fußball gespielt, hatte Meisterträume erblühen lassen. Um dann ins Taumeln zu geraten, abgeschlagen zu werden, am Ende um 11 Punkte und 5 Siege von den Bayern distanziert. Nicht mal eine tragische Vizemeisterschaft da noch drin. Sicher war es nicht nur die Labilität gewesen, mit der eine so junge Mannschaft immer zu kämpfen hat, nicht nur die Angst vor der eigenen Courage, die das Team an der Spitze der Liga einholt. Die Verletzungen von Helmes und Rolfes wogen auf die Dauer zu schwer; zumal Helmes gerade dabei war, sich vor der WM als bester deutscher Stürmer zu positionieren. Doch am Ende war alles wie immer, als Vierter sogar noch etwas mehr wie immer.

Nachdem das Experiment, das junge, vor Talent überbordende Team mit dem erfahrenen Hyppiä zu stabilisieren, so prächtig geklappt hat, wird der Versuch dieses Jahr wiederholt. Der vielfache Meisterschaftszweite Michael Ballack kehrt zurück an den Ort seiner größten Fast-Erfolge, um die Höhenangst zu vertreiben. Auch wenn der einstige Capitano Nazionale ablösefrei war, zeigt sich an dem Transfer dennoch, dass die zwischenzeitliche Sparsamkeit des Bayerkonzerns zu seiner Fußballabteilung Vergangenheit ist. Letzten Endes ist trotz steigender Etats und Kosten die Werbung zu gut, um dieses Asset zu riskieren, daher wird wieder reingebuttert wie zu besten Calmunder Zeiten. Zudem dürfte die Meisterschaft des anderen Marketingteams der Liga aus Wolfsburg die Einsicht genährt haben, dass es eben doch möglich ist, die Dominanz der Bayern für kurze Zeit zu unterbrechen. Zumindest, nachdem die Fassungslosigkeit darüber vergangen war, dass den Autoverkäufern so locker zufiel, worum die Pharmazeuten so lange gekämpft hatten.

Auch wenn es für den großen Wurf nicht gereicht hat, haben sie in Leverkusen ja auch vieles richtig gemacht. Heynckes, der bei Borussia schnell abgekämpft und ermattet gewirkt hatte, stellte Bayer auf modernen, schnellen, überfallartigen Fußball ein, mit mehr Kontern als Angriffsfußball, blitzartig die Räume nutzend. Die Ähnlichkeit zur Spielweise Nationalmannschaft bei der WM ist nicht zu übersehen. Adler, Castro, Barnetta, Renato Augusto, Rolfes, Helmes sind jung und ausgesprochen talentiert, Hyppiä und jetzt Ballack die Korsettstangen, dazu kommen Leute wie Derdiyok, Kießling, Lars Bender, Manuel Friedrich, Kadlec. Weiters ein Trainer, der seinen guten Namen vollständig wieder hergestellt hat und außer jeder Diskussion steht und obendrauf das anspruchslose Leverkusener Umfeld, das jeden Sieg freudig aufnimmt und Niederlagen ignoriert oder zur Legende der vom Pech verfolgten Bayer-Elf umstrickt. Die Zutaten, um weit zu kommen.

Es ist fast phrasenhaft, diesem Team einen Platz unter den besten Fünf vorherzusagen. Auch die besten drei Plätze sehen nicht utopisch aus. Die Frage ist – ist die Meisterschaft drin? Die Talente sind ein Jahr erfahrener und gereifter, der Trainer wieder voll da; Ballack hinzugekommen, den das Beispiel Matthäus offenbar gründlich von der Vorstellung eines Lebens nach der aktiven Karriere abschreckt. Ja, es kann reichen, um Meister zu werden, wenn die erst mal robbenlosen Bayern von der WM entkräftet sind, die entözilten Bremer keinen Ersatz finden, Magath das Puzzle Schalke nicht erfolgreich wieder neu zusammensetzt. Aber dazu gehört auch, dass Leverkusen sich für einmal in der dünnen Luft da oben zurecht findet, dass es einmal über eine deutsche Vizemeisterschaft hinausgeht und sich die Höhenangst vom Leib schießt.

Jede Serie bricht ein mal. Aber sie sind deswegen Serien, weil sie dazu neigen, zu halten. Die Prognose ist: Oben ja. Ganz oben, nein.