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TSG HoffenheimWer einen Bayernfan so richtig grantig machen will, braucht ihn bloß an das Champions League Finale von 1999 im Nou Camp zu Barcelona erinnern. Seit Samstag aber könnten solche Gemeinheiten für Borussenfans nach hinten los gehen, denn die Endphase der Partie gegen Hoffenheim bot unerfreuliche Parallelen. Wie damals die Bayern hatten auch die Borussen eine frühe Führung lange verteidigt, um in den letzten Minuten nicht nur den Ausgleichstreffer zu kassieren, sondern am Ende sogar mit völlig leeren Händen da zu stehen. Die Mutter aller Münchner Niederlagen wurde dabei insofern noch getoppt, als es die Borussia auf gleich drei Gegentreffer in den letzten vier Minuten brachte.


Das legendäre Champions League Finale blieb vor allem wegen seines spektakulären Ende in Erinnerung, war ansonsten aber ein rechter Langeweiler. Dagegen hatten die 46.000 Zuschauer im Borussiapark, darunter sogar einige Hoffenheimer Anhänger, über weite Strecken ein tolles Spiel gesehen,  mit zwei engagierten und offensivfreudigen Mannschaften und zahlreichen Torraumszenen. Über weite Strecken lieferte die Borussia dabei ihre mit Abstand beste Saisonleistung ab, und bot der TSG nicht nur kämpferisch, sondern gerade auch spielerisch Paroli. Duplizität der Ereignisse: Wie schon im ersten Saisonspiel gegen Bochum war es Arango, der die Borussia in Führung brachte, und wieder wurde die Führung erst ausgebaut und dann verspielt. In Bochum brachten zwei Sonntagsschüsse den Gegner wieder ins Spiel. Diesmal war es eine Verkettung von Schiedsrichter- und Torwartfehler. Das 1:2 hätte nicht fallen können, hätte Wolfgang Stark Demba Bas theatralische Einlage nicht mit einem unberechtigten Freistoß belohnt. Dass dieser zum Tor führte, muss sich allerdings der ins Tor zurückgekehrte Logan Bailly ankreiden, der sich bei Salihovics Schuss übel verschätzte.

In Bochum ging gleich nach dem Anschlusstreffer die defensive Ordnung verloren, gegen Hoffenheim dauerte das immerhin bis Mitte der zweite Hälfte. Wobei dies nicht nur der Gladbacher Schwäche, sondern vor allem auch der Hoffenheimer Stärke geschuldet war. Man braucht das Projekt Hoffenheim nicht so uneingeschränkt unkritisch zu sehen, wie es in der Pressekonferenz vor dem Spiel Michael Frontzeck tat, um anzuerkennen, welche Energieleistung dieses Team an guten Tagen mit spielerischer Brillanz zu verbinden weiß. Ein Hauch von Barcelona lag am Ende über dem Borussiapark, nicht nur wegen der Parallelen zum denkwürdigen Finale von 1999, nicht nur wegen der zwanzig Millionen schweren Offensivabteilung, die nach der Einwechslung Maicosuels auf dem Platz stand, sondern auch wegen der Art, mit der diese am Ende Fußball zelebrierte. Die drei Hoffenheimer Tore in der zweiten Halbzeit waren eine logische Folge, und überraschender als dass sie fielen, war, dass sie erst so spät fielen.


Für den Einbruch der Borussen wollten manche nach dem Spiel auch die erfolgten wie die ausgebliebenen Einwechslungen verantwortlich machen. Dabei mag man zwar fragen, warum Frontzeck in den Schlussminuten auf die noch mögliche dritte Einwechslung verzichtete. Ansonsten aber waren die getätigten Einwechslungen nachvollziehbar. Nachvollziehbar war die Hoffnung, Marko Reus könne für offensive Entlastung und vielleicht sogar, wie schon gegen Mainz, für einen spielentscheidenden Konter sorgen. Nachvollziehbar war es angesichts eines sich anbahnenden Belagerungszustands des Gladbacher Strafraums auch, zusätzliche Kopfballstärke in Gestalt von Rob Friend einzuwechseln. Dass beide Pläne nicht aufgehen sollten, spricht nicht gegen die Überlegungen, die dahinter standen. Hätte Frontzeck die Offensive zugunsten einer zusätzlichen defensiven Absicherung ausgedünnt, so hätte man ihn im Misserfolgsfall wohl Feigheit vorgeworfen. Wer eine mutige und offensive Ausrichtung befürwortet, muss damit rechnen, dass sie auch zu Gegentoren führen kann.

Ohnehin stellt sich die Frage, welche Absicherung denn die späten Treffer hätte verhindern sollen. Vielleicht wiegt der Abgang Thomas Galaseks doch schwerer als gedacht. Es ist eine Anfrage an die Gladbacher Personalpolitik der letzten Jahre wert, warum der Kader mit defensiven Mittelfeldspielern so zahlreich bestückt ist, ohne dass sich daraus echte Variationsmöglichkeiten ergeben, wenn die Mannschaft defensiv ins Schwimmen gerät. Eine ordnende Hand im Mittelfeld, die in dieser Phase Tempo aus dem Spiel hätte nehmen können, wurde jedenfalls schmerzlich vermisst. Das Leben schwer machten sich die Borussen auch durch die Hektik, mit der sie den gerade bei Standards gefährlichen Hoffenheimern immer wieder unnötige Eckbälle und Freistöße auf dem Silbertablett präsentierten. Dass Logan Bailly bei diesen Situationen mehrfach Unsicherheit ausstrahlte, war dabei sicher keine Hilfe.

Unter dem Strich bleibt die Erkenntnis, dass Borussia schon so weit ist, um einem Spitzenteam der Liga über weite Strecken ebenbürtig zu sein, und zwar gerade auch spielerisch. So weit, um dies über neunzig Minuten durchzuhalten, ist sie noch nicht. Und so clever, um einen knappen Vorsprung auch dann über die Ziellinie zu retten, wenn der Gegner richtig aufdreht, ist sie auch noch nicht.