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Dass die Diskussion um sichere und mögliche Abgänge seit Wochen den sportlichen Erfolg Borussias überschattet, ist ein Ärgernis. Der Verein tut bisher alles, um sich von der Hysterie in den Medien und unter den Fans nicht anstecken zu lassen und versucht weiter, konzentriert und fokussiert auf das Wesentliche zu Werk zu gehen. Umso ärgerlicher, wenn dann ein Spieler selbst die Debatte wieder befeuert - zumal wenn es sich um einen Spieler handelt, der selbst mit dem Verein schon so gut wie abgeschlossen hat. Vermutlich ohne Arg hat Marco Reus einen unschönen Blick in Fußballerköpfe und -seelen gewährt.

Seit Wochen plagen sich Borussias Fans mit Gerüchten rund um den Abgang weitere Leistungsträger herum. Kein Tag vergeht, an dem keine neue Spekulation um das Schicksal von Dante, das Werben um Havard Nordtveit oder um Marc-André ter Stegens vermeintliches Traumziel Barcelona aufkommen. Von Borussia werden diese teilweise vermutlich durchaus gezielt gestreuten Gerüchte in der Regel nicht kommentiert. Beim Verein weiß man, dass ohnehin jedwede Äußerung dreimal gewendet und gemäß den jeweiligen Interessen interpretiert wird.

Dass der Mannschaft eine ganze Achse wichtiger Spieler wegbricht oder zumindest wegzubrechen droht, ist indes eine Tatsache. Die Frage, ob das tatsächlich eine völlig normale und nicht zu verhindernde Entwicklung ist, wird kontrovers diskutiert. Das Rätsel, wie eine dem Vernehmen nach in der Höhe eher lächerliche Ausstiegsklausel in den Vertrag des Spielers Dante kommt, ist weiter ungelöst. Auch für nicht zur Hysterie neigende Beobachter ist all das trotz der bisher so positiv verlaufenden Saison ein Ärgernis, es trübt die Freude über das schon Erreichte und es trübt den Optimismus, was sich darüber hinaus noch erreichen lassen wird.

Mitten in dieser Situation erlaubt der künftige Dortmunder Marco Reus aus freien Stücken einen bezeichnenden Einblick in Fußballerlogik und damit wohl auch ins Innenleben der Mannschaft. Im Interview mit „Sport Bild“ legt Reus seinem Mannschaftskollegen Dante kaum verbrämt den Wechsel zu Bayern München nah. Reus wird zitiert wie folgt:

 „Dante weiß, dass er in einem Alter ist, in dem er seinen letzten großen Vertrag abschließen kann. Er ist 28 Jahre alt. Er will unbedingt Champions League mal bei einem Top-Klub spielen. Ich kann seine Gedanken nachvollziehen. Wenn man das nicht versteht, was dann?“

Gesetzt den Fall, dass diese Äußerung von Springers heißem Blatt nicht frei erfunden ist, ist sie gleich aus mehreren Gründen wahlweise ungeschickt oder unverschämt. In einer Situation, in der Borussia noch aus eigener Kraft die direkte Champions-League-Qualifikation erreichen kann, impliziert Reus, dass eben dieses Ziel wohl nicht erreicht werden wird. Auch die Unterscheidung zwischen dem FC Bayern und dem (noch) eigenen Club in einen Top- und einen Flop-Club lässt tief blicken. Dass Reus so denkt, hat er mit seiner eigenen Karriereplanung zwar schon verdeutlicht, eine öffentliche Äußerung dieser Art hat aber noch eine andere Qualität. Sie ist respektlos gegenüber dem Verein, der ihn groß gemacht hat, und seinen Anhängern. Klar ist auch: wenn Reus‘ Äußerungen das Meinungsbild im kompletten Team wiedergeben, dann sollten sich Borussias Fans nicht mehr wundern, wenn immer weitere Spieler den Lockrufen vermeintlich größerer, schönerer und attraktiverer Vereine erliegen.

Grundsätzlich hat ein Angestellter sich öffentlicher Äußerungen, die nicht ihn selbst, sondern die ungeklärte Zukunft seiner Kollegen und vor allem das Schicksal seines Arbeitgebers betreffen zu enthalten. Das ist eine Selbstverständlichkeit, nicht nur im Fußballgeschäft. Borussia muss sich fragen lassen, ob sich solche vereinsschädigenden Interviews nicht schon im Vorfeld verhindern lassen. Den Spielern sollte unmissverständlich klar gemacht werden, was in solchen Fällen geht und was nicht.