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(c) borussia.deMit dem Wechsel von Raul Bobadilla zu Young Boys Bern endet für den Spieler und für Borussia Mönchengladbach eine komplizierte Geschichte mit vielen Tief- und einigen wenigen Höhepunkten. Der teuerste Einkauf der Ära Eberl muss summa summarum als Fehleinkauf betrachtet werden. Der kapriziöse Stürmer konnte in Gladbach nur äußerst selten überzeugen, für Schlagzeilen sorgten weniger seine Tore und Vorlagen, als vielmehr seine Eskapaden auf und neben dem Platz. Jetzt kehrt er zurück in die Liga, aus der ihn Borussia vor zweieinhalb Jahren geholt hatte. Sein großes Potenzial hat Bobadilla so gut wie nie ausgeschöpft, die Karriere, die er dank seines Talents hätte haben können, wird ihm voraussichtlich verwehrt bleiben. Immerhin verdient Borussia am Verkauf des Stürmers, im Gegensatz zu anderen Abgängen in der jüngeren Vergangenheit. Seinen Marktwert aber hat Bobadilla während seiner Gladbacher Zeit halbiert. Mehr als vier Millionen Euro zahlte Borussia einst an Grasshoppers Zürich, rund zwei bekommt sie dem Vernehmen nach jetzt aus Bern.



Vor der Saison 2009/10, nachdem Borussia unter dem „Feuerwehrmann“ Hans Meyer nur haarscharf dem Abstieg entronnen war, griff der Verein tief in die Tasche, um einen solchen Saisonverlauf für die Zukunft ausschließen zu können. So wurden mit Juan Arango und Raul Bobadilla zwei Südamerikaner verpflichtet, die das Offensivspiel prägen und beleben sollten. Die 45 ersten Bundesligaminuten der neuen Borussen-Offensive ließen sich gut an – 3:0 lag man zur Pause in Bochum vorne. Arango und Bobadilla spielten, wie man es in Gladbach lange nicht gesehen hatte. Als in der zweiten Halbzeit ein weiterer Neuzugang zum Einsatz kam, ein gewisser Marco Reus, der für kleines Geld aus Ahlen geholt worden war, sorgte das im Vergleich für Schulterzucken. Der junge Blondschopf agierte nervös und ineffektiv, das Spiel endete 3:3.
Der Mann von dem sich die Borussen große Dinge erhofften, war nicht der schmächtige Reus, sondern der bullige Bobadilla, dessen technische Fähigkeiten und Durchsetzungswillen von Beginn an deutlich zu erkennen waren.

Der Stürmer aber wurde letzten Endes in insgesamt zwei Jahren Borussia den Erwartungen kaum einmal gerecht. Acht Tore in 59 Bundesligaspiele gelangen Bobadilla, zu wenig für einen Mann, dem Optimisten zu Beginn des Engagements ein Minimum von zehn Toren pro Saison zutrauten.  Grob gesagt hatte der Argentinier pro Saisonhälfte ein Spiel, in dem er brillieren konnte. Immer hieß es danach: jetzt könnte der Knoten geplatzt sein, ohne dass diese Hoffnung je erfüllt wurde. Stattdessen lieferte Bobadilla teils groteske Szenen: unvergessen sein gescheiterter  Versuch, den Ball mit der Hacke ins leere gegnerische Tor zu bugsieren, bemerkenswert, wie er sich nach einem glasklaren Eigentor des Gegners als Schütze feiern ließ, ungezählt die Flüche im Stadion, wenn Bobadilla den Ball wieder mit der Sohle zu streicheln versuchte und ihn dabei verlor. Dazu kamen immer wieder Unbeherrschtheit auf dem Platz, wie jener Tritt gegen den Hannoveraner Pinto, der Bobadilla eine Fünf-Spiele-Sperre einbrachte. Außerdem wurden immer wieder private Eskapaden bekannt, die das Bild eines undisziplinierten, unreifen und egoistischen Fußballers vervollständigten. Wirklich problematisch wurde all das, weil sich Bobadilla zudem als lernresistent erwies. Seine Probleme schienen lange Zeit nicht zur Folge zu haben, dass er sich mit ihnen selbstkritisch auseinandersetzte.

Das obligatorische brillante Spiel gab es auch in dieser Saison, in der Trainer Lucien Favre Bobadilla eine zweite Chance einräumte: beim 4:1-Heimsieg gegen den VfL Wolfsburg überzeugte der Stürmer mit einer Vorlage und einem Tor, außerdem wirkte er an diesem Tag wie ein Teil des Favreschen Systems. Dass der Stürmer überhaupt die Chance bekam, sich im System Favre zu beweisen, hatte er dem Trainer selbst zu verdanken. Nachdem sich der Spieler in Gladbach unter Michael Frontzeck nicht nur wegen seiner Leistungen sondern vor allem wegen Unbeherrschtheiten auf dem Platz und diversen Eskapaden außerhalb des Stadions nachhaltig unmöglich gemacht hatte, hatte Borussia ihn ins Exil geschickt. In Thessaloniki, in der ersten griechischen Liga, sollte Bobadilla die Möglichkeit bekommen, sich zu besinnen und sein Selbstbewusstsein aufzufrischen. Letzteres gelang nur mäßig, auch in Griechenland glänzte der Argentinier nicht als Torjäger. Zur Besinnung aber schien er gekommen zu sein.

„Ein neuer Bobadilla“ sei nach Gladbach zurückgekehrt, gab er zu Beginn dieser Saison zu Protokoll. Lucien Favre kannte Bobadilla noch aus der Schweiz, er war zuversichtlich, den kapriziösen Spieler einnorden und in sein System integrieren zu können.
Diesen Eindruck konnte er in der Zeit nach dem Wolfsburg-Spiel nie wieder erwecken – im Gegenteil. Bei seinen Kurzeinsätzen erweckte Bobadilla immer mehr den Eindruck, ein Fremdkörper zu sein. Er spielte „sein“ Spiel, das hieß mit dem Kopf durch die Wand, von zwei Lösungen immer die kompliziertere wählend, selten zum Kombinieren bereit, stattdessen mit dem Ball am Fuß und dem Kopf nach unten direkt in Richtung Tor, ganz egal, wie viele Gegenspieler noch im Weg stehen. Diese „Methode Bobadilla“ führte nie zum Erfolg, im Gegenteil. Das Borussenspiel dieser Tage funktioniert mit schnellem Kombinationsfußball, den Bobadilla zu spielen nicht willens oder nicht in der Lage ist. Für Egoismen ist im System Favre kein Platz, diese – einst für Torjäger als unabdingbar geltende – Eigenschaft konnte Bobadilla nie ablegen. Diese Hoffnung erwies sich letzten Endes als trügerisch. Auch wenn Bobadilla sich nun besser im Griff zu haben schien, wurde klar: es passt weniger denn je. Im Trainingslager in der Türkei drängte sich Bobadilla kaum mehr auf, zum Rückrundenauftakt gegen Bayern war er nicht einmal mehr im 18er-Kader. So ist die Trennung noch in der aktuellen Transferperiode nur folgerichtig. Gleich mehrere Vereine aus der Schweiz bemühten sich um Bobadilla, so stieg für Borussia die Chance, noch eine annehmbare Ablösesumme für den Stürmer kassieren zu können.

Nach Bobadillas Abgang fehlt Borussia allerdings ein Stürmer. Mit Elias Kachunga wurde ein weiterer Angreifer vor der Rückrunde leihweise abgegeben, so dass Lucien Favre mit Reus, dem unerfahrenen Leckie und dem verletzungsanfälligen  de Camargo und dem unter Favre eher im offensiven Mittelfeld beheimateten Hanke nur noch vier Stürmer zur Verfügung stehen. Gut möglich, dass die Gladbacher vor dem Ende der Transferperiode am kommenden Dienstag doch noch einmal auf dem Markt aktiv werden und Ersatz für Bobadilla verpflichten. Das dürfte dann allerdings kein Star-Stürmer mit Stammplatzanspruch wie der von einigen Medien hartnäckig als potenziellen Zugang gehandelte Patrick Helmes sein. Sinnvoll wäre vielmehr, einen jungen talentierten Mann zu holen, den man in den kommenden sechs Monaten behutsam aufbauen kann, der aber andererseits schon ein Niveau hat, dass er einspringen kann, wenn Not am Mann ist.