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Keine Frage: Das Verhalten von Igor de Camargo ist nicht gutzuheißen. In der Vorrunde war Borussia bereits zweimal das Opfer von eigenen Undiszipliniertheiten, als sich Juan Arango und Raul Bobadilla zu Tätlichkeiten hinreißen ließen und der Mannschaft damit einen Bärendienst erwiesen. In einem derart existenziell wichtigen Spiel wie auf St. Pauli hätte sich der belgische Brasilianer zwingend zurückhalten müssen und nicht die direkte Konfrontation mit dem Gegner suchen dürfen.


Doch fernab der Frage, warum de Camargo seinen Gegenspieler zu einer solch peinlichen Schauspieleinlage einlud. Es sollte nicht nur den Fans der Borussia weh tun, wie das armselige Verhalten von Matthias Lehmann zu einem solch durchschlagenden Erfolg führen konnte. Es sollte nicht nur den Fans des FC St. Pauli zu denken geben, wenn sich der Spieler anschließend grinsend in den Fernsehkameras darüber auslassen darf, wie selbstverständlich er dieses „Geschenk“ annehmen musste. Es sollte nicht nur die Journalisten beschämen, wenn diese ehrlichen Einschätzungen von einigen „Fachleuten“ anschließend mit Worten wie „clever“ und „schlitzohrig“ schön geredet werden.

Dieses Verhalten, das seit einigen Jahren in den deutschen Fußballstadien verstärkt Einzug hält, ist in keinster Weise „clever“. Es ist einzig und allein unsportlich und betrügerisch. Es wäre wünschenswert, wenn dies endlich ins Bewusstsein der Fußball-Öffentlichkeit gelangt. Wir Borussen-Fans müssen uns da nicht ausnehmen, haben wir doch mit Oliver Neuville oder Marko Marin in den vergangenen Jahren so einigen vermeintlichen „Schlitzohren“ zugejubelt.

Es ist nicht damit getan, dass jetzt ggf. auf Lehmann eine Hexenjagd gestartet wird, der nur exemplarisch für eine ganze Reihe ähnlich gepolter Fußballer steht. Wenn der Boulevard – wie damals bei Neuvilles Handtor – laut genug schreit, wird der DFB dem öffentlichen Druck vermutlich nachgeben, den Ex-Aachener für 1-2 Spiele sperren und so ein Exempel statuieren. An der Grundproblematik wird dies aber nichts ändern.

Es ist vielmehr nötig, dass im öffentlichen Bewusstsein aller Beteiligten im Fußballgeschäft ein Umdenken stattfindet. Die englische Premier-League wird hier gerne als Vorbild herangezogen, wo Schwalben und Schauspielereien zurecht als verpönt gelten und gebrandmarkt werden. Die eigenen Fans sollten das Verhalten eines solchen Spielers verteufeln und dies direkt im Spiel deutlich kenntlich machen. Der eigene Trainer müsste dem Spieler die Leviten lesen und ihn ggf. intern sperren. Der DFB muss seine Schiedsrichter dazu anhalten, solche offensichtlichen Schauspielereien rigoros zu bestrafen. Und er sollte sich nicht scheuen, ggf. nachträglich Sperren auszusprechen, wenn sich der Betrug nachweisen lässt. Dies aber nicht nur alle paar Jahre, wenn die Meute allzu laut schreit, sondern konsequent in jeder Situation, in der sich ein Spieler offensichtlich durch Schauspielerei versucht hat, einen Vorteil zu verschaffen. Die Journalisten müssen ein solches Verhalten deutlich anprangern und bloßstellen. Es darf keine Rede mehr von „Schlitzohrigkeit“ sein, sondern ausschließlich von der Betrügerei.

Die Schauspieler müssen von allen Seiten eine Breitseite erhalten, damit sich langsam aber stetig das Bewusstsein einstellt, wie unerwünscht ihr unsportliches Verhalten ist. Solange Betrüger wie Lehmann für ihr Verhalten nicht bestraft, sondern belohnt werden, werden sich immer mehr (junge) Fußballer animiert fühlen, es ihnen nachzutun, wodurch sich die Problematik in Zukunft noch weiter verschärfen wird. Leider scheint dies allzu vielen Fans, Journalisten und sonstigen Verantwortlichen bislang nicht (ausreichend) bewusst zu sein, so dass der Traum von einem faireren Fußballsport voraussichtlich noch für lange Zeit Wunschdenken bleiben wird.

Wer dies ändern möchte, der sollte bei sich selbst anfangen. Es würde unserem Verein gerade in solch schwierigen Zeiten gut zu Gesicht stehen, wenn wir Fans zukünftig auch bei eigenen Spielern besonders kritisch hinsehen, ob diese sich in manch einer Situation unsportlich verhalten haben, und wenn wir dann die entsprechende Reaktion zeigen. Gerade in Zeiten, in denen wir uns immer mehr zu einem gewöhnlichen Fahrstuhlklub entwickeln, könnten so mal wieder ein Zeichen dafür gesetzt werden, dass der Verein Borussia Mönchengladbach trotz allem weiterhin etwas Besonderes ist.