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SEITENwechsel Eigentlich ist dies nicht mehr die Zeit für große Worte: Geistig ist es für uns alle bereits 15.30 h am Samstag. Doch was ist besser, um aufkommende Übelkeit, Torschußpanik und Halluzinationen zu bekämpfen, als ein SEITENwechsel? Wir unterbreiten daher beim VfLog einen Vorschlag, wie man sein Wochenende zielführend verbringen kann, während Martin in die USA ausgereist ist (von wo er hoffentlich zurückkommt, wenn er der Versuchung widersteht, die Grenzbeamten mit politischen Witzen zu unterhalten). Unterm Strich bleibt freilich, was wir immer mit Bezug auf die Flensburger Verkehrssünderkartei sagen: Hauptsache, die Punkte stimmen.

Lieber Joachim,

wie schön! Kujonieren! Welch ein hübsches Wort, ich werde gleich mal ein paar Google-Anzeigen auf diesen Suchbegriff schalten, denn zweifellos werden unsere Leser nun kein anderes Wort mehr in die Suchfenster eingeben. „Kujonieren?! Watt datt dann???“ Ich bin schon weiter und habe gerade mal die derzeit überall gehypte Rechen-Suchmaschine Wolframalpha mit dem Begriff traktiert.
Und? „Wolfram|Alpha isn't sure what to do with your input.”

Ein Satz den ich mir merken werde und in Zukunft sicher noch oft brauchen kann. Wann immer jemand auf einen einredet, schwallt, nervt: „I’m not sure what to do with your input.“ Ein immer tauglicher Satz, den Hans Meyer beim Training bestimmt regelmäßig von seinen Spielern zu hören bekommt.

Du siehst schon, auch ich bin relativ guter Dinge gerade, lasse meine Gedanken schweifen und zittere wenig. Und dennoch unterscheiden sich unsere Ansätze, mit dem letzten Spieltag umzugehen gravierend. Ich habe nämlich die Flucht ergriffen, weit, weit weg nach Amerika. (Deswegen wusste Maik auch nicht, ob ich Dir diese Woche schreiben kann. Maik diktiert seine Texte für den Blog ja immer noch in ein Tonbandgerät, sie werden dann von einer süßen 19jährigen Publizistikstudentin abgetippt, die dafür auf Maiks schickem Sofa sonntags den Tatort an seiner Seite schauen darf und bei spannenden Szenen in den Arm genommen wird. Selbst geht Maik nicht ins Internet, da ist er old school, weswegen ihm auch nicht ganz klar ist, dass ich Dir auch aus den USA eine Mail schicken kann.) So weit weg bin ich natürlich an diesem Wochenende nicht ganz freiwillig, zugegeben, ich bin hier beruflich unterwegs, aber der Abstand tut mir dennoch gut. Zum einen werde ich so sicher nicht Trainer eines gebeutelten bayrischen X-Ligisten werden, denn ich kann nur durch Absenz glänzen. Derlei Knochenjobs überlasse ich gerne Dir, zumal in meinem Herzen ohnehin kein Platz mehr für weitere Vereine frei ist. Ich muss ja noch meinen Heimatverein, den Wuppertaler „VfL“ SV (Koblenz, pah!) unterbringen, der immerhin vorzeitig den Klassenerhalt gesichert hat in dieser Saison. Und nur aus Geldgründen einen Club aus dem Verderben führen, das könnte ich nicht. Das kann nur Hans „der Kapitalist der Herzen“ Meyer. Der Abstand ist aber auch gut, weil ich so einen weiteren Herzinfarkt (Du hast sicher mitgezählt: ich hatte in dieser Saison bereits mehrere) vermeiden kann. Wäre ich in der Lage im Stadion zu sein, ja selbst nur Premiere zu schauen, ich wäre mit Sicherheit reif für die Nervenheilanstalt.

Du bist gelassen, weil Du Dich in bekannten Situationen wähnst. Immerhin scheinst Du eine leise Ahnung zu haben, wie irrgeleitet solche Sicherheit ist. 90% aller Unfälle passieren zuhause. Also genau dort, wo man sich wohlfühlt, auskennt. Dort, wo man Angst hat, im Flugzeug, in der Tiefgarage nach Mitternacht, auf dem Hochseil – dort passiert nur selten etwas. Ich habe nun also doppelt Angst, weil Du keine hast, und werde somit hoffentlich dafür sorgen, dass am Ende alles gut geht. Aber, und dies ist mein Beitrag zur Dialektik für diese Woche, nur weil ich mich gesorgt habe, nicht stattdessen. Dies ist eben der grundlegende Trugschluss Deiner „heulen kann ich auch wenn’s passiert ist“-Mentalität – um die ich Dich natürlich gleichwohl beneide.

Zustimmen kann ich nur bei der Frage nach dem Unentschieden, das man auch wie im Schach „Remis“ nennen könnte – dies schreibe ich natürlich nur, um Dich zu erinnern, dass wir immer noch eine Partie offen haben, die ich wie Hans Meyer aus der Asche zu gewinnen gedenke, also zieh endlich mal wieder Deine Figürles übers Karree! Doch zurück zum Thema: Wann immer Borussia in dieser Saison „auf Unentschieden“ gespielt hat, hat sie bewiesen, dass sie dies noch weniger kann als vieles andere. Ein Sieg gegen die falsche Borussia muss also her, so schwierig dies werden wird. Wenn uns dies nicht gelingt, dann ist die Relegation nah, vor einem direkten Abstieg sorge selbst ich mich weniger, denn so hoch werden wir hoffentlich dann doch nicht zweimal in Folge verlieren.

Dir also viel Spaß im Helikopter wie einst Franz Beckenbauer beim Stadionhopping! Ich freu mich auf unseren nächsten Brief, in dem wir hoffentlich auf die Saison zurückschauen, und nicht auf noch ausstehende Spiele vorausblicken müssen…

Herzliche Grüße über „dän großen Teisch“, wie ihn gestern mein Sitznachbar im Flugzeug nannte,

Martin