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Halbzeitpause im Borussiapark. Der Autor - in Borussendingen Pessimist aus Erfahrung - steht hängenden Kopfes vor seinem Sitz in Block 10. 45 Minuten lang schon hat seine Mannschaft ein uninspiriertes, ängstliches und harmloses Spiel gegen gut gestaffelte Freiburger hingelegt. Die wenigen Versuche, spielerisch durchs Mittelfeld zu kommen, scheiterten am exzellent stehenden Gegner, das Alternativrezept, mit langen hohen Bällen gefährlich vors gegnerische Tor zu kommen, war ähnlich fruchtlos geblieben. Auf den anderen Plätzen läuft alles für Borussia. Köln führt in Frankfurt, Kaiserslautern in Wolfsburg. Aber Borussia scheint ihren Teil zur Rettung heute nicht beitragen zu können. Erstaunte Blicke erntet der hessische Borussenfreund, der dem Autor just in dieser Halbzeitpause völlig selbstverständlich sagt: „des gewinne mir noch".

 

82. Minute im Borussiapark. Der Autor ist außer sich. Und kann für einen Mann von immerhin vierzig Jahren verdammt hoch hüpfen. Soeben hat Marco Reus mit einem unwiderstehlichen Antritt einen Traumpass von Mike Hanke erlaufen  - von dem Mike Hanke, der schon drei Minuten zuvor den Park mit seinem ersten Treffer zum Beben brachte. Reus jedenfalls lässt sich von seinem Freiburger Gegenspieler nicht mehr einfangen und schiebt den Ball eiskalt an Keeper Baumann vorbei zum 2:0 ein. Ein Doppelschlag. Die Entscheidung. Und erstmals seit dem 4:0 Auswärtssieg in Köln hat der Autor das Gefühl, dass sich der Abstieg in die Zweite Liga doch noch verhindern lassen könnte.

 

Auch einen Tag nach dem 33. Bundesligaspieltag dieser über weite Strecken so fürchterlichen Saison hält das leicht euphorische Gefühl an (was man diesem Text möglicherweise ein wenig anmerkt). Es fühlt sich ein wenig an, wie nach den Last-Minute-Siegen über Schalke und Cottbus gegen Ende der vorletzten Spielzeit. Lazarusgleich ist die totgeglaubte Borussia aus der Gruft gekrochen und hat es nun tatsächlich selbst in der Hand, die Klasse zu erhalten. „Das war ein Spieltag, wie von einem zehnjährigen Borussenfan ausgedacht", brachte es ein glücklicher Blocknachbar nach der Partie auf den Punkt.

 

Noch aber ist nichts gewonnen und man kann nur inständig hoffen, dass Trainer und Spieler spätestens am Montag jeden Anflug von Euphorie für mindestens sechs Tage wieder in die Schublade packen. In Hamburg zu gewinnen, ist nicht leicht und gewinnen muss Borussia, will man weiterhin nicht von Ergebnissen auf anderen Plätzen abhängig sein. Auch wenn der HSV in der Liga jenseits von gut und böse ist und zuletzt mehrfach äußerst schlagbar wirkte.


Borussia hat gegen Freiburg außerordentlich glücklich gewonnen, das sollte bei aller Freude niemand vergessen. Die Badener - ebenfalls jenseits von gut und böse - waren nicht nur in der ersten Halbzeit sondern im Grunde genommen bis zum ersten Gegentor die bessere Mannschaft, Borussia agierte wenig souverän und so mancher Spieler zeigte Nerven. Mit der Leistung von gestern lässt sich in Hamburg wohl nicht der vierte Sieg in Folge holen, es sei denn das Glück ist der Mannschaft von Lucien Favre abermals hold. Darauf aber sollten sich die Gladbacher wirklich nicht verlassen. Noch hat Dortmund Frankfurt nicht geschlagen.

 

Aber genug der Kassandrarufe - heute ist ein Tag der Freude, noch bis zum „Tatort" wird der Autor jetzt genießen. Sich noch drei-viermal die Tore des gestrigen Tages ansehen, leise „döp döp döp" vor sich hin pfeifen (und damit die Lebensabschnittsgefährtin langsam in den Wahnsinn treiben) und sich am völlig unerwarteten und ungewohnten Gefühl berauschen, dass es in der kommenden Saison vielleicht doch nicht nach Aue, Braunschweig oder Paderborn geht.