Im Vorfeld der Partie in Heidenheim war erwartet worden, dass die Gladbacher Mannschaft nach dem Rückschlag gegen Augsburg viel Resilienz gegen eine unangenehm zu bespielende, kämpferisch auftretende Gastgebermannschaft brauchen würde. Es kam anders. Zum einen, weil Heidenheim erschreckend schwach und vor allem über die Dauer des Spiels immer wieder fehlerhaft agierte, zum anderen, weil Gladbach diese Fehler auch konsequent ausnutzte und nie einen Zweifel aufkommen ließ, wer an diesem Samstagnachmittag die Arena als Sieger verlassen würde.
Im Mittelpunkt standen natürlich das Debüt von Tiago Pereira Cardoso und die Rückkehr von Tim Kleindienst nach Heidenheim.
Dem Gladbacher Keeper war zunächst einige Nervosität anzumerken. In der Anfangsphase des Spiels wurde Pereira Cardoso nach Rückpässen relativ intensiv von den gegnerischen Offensivspielern angelaufen und wirkte dabei durchaus etwas wackelig. Er entschied sich – richtigerweise – konsequent für die Sicherheitsvariante und schlug einige lange Bälle, die nicht auf dem Flügel, sondern im Seitenaus landeten. Vorbildlich, wie die Mannschaft in dieser Phase unterstützte – zum einen durch permanentes Aufmuntern, zum anderen dadurch, dass der Ball sehr gut vom eigenen Tor ferngehalten wurde. Mit zunehmender Spieldauer wurde der Gladbacher Torwart dann sicherer in seinen Aktionen, er gewann an Selbstverständlichkeit und dann kamen auch die Bälle besser zum Mitspieler. Viel zu halten hatte er über das gesamte Spiel nicht, was er zu halten hatte, hielt er. Glück hatte er bei der Kopfballchance von Föhrenbach unmittelbar nach dem Führungstor, wobei der Kopfball – wäre er aufs Tor gekommen und nicht wegen Abseits abgepfiffen worden (das wurde natürlich nicht untersucht, aber der VAR hätte hier sicher eine Meinung gehabt) – eher in die Kategorie unhaltbar und damit nicht in die Verantwortung des Keepers fiel. So durfte sich Pereira Cardoso zurecht nach der Partie von der Gästekurve für ein gelungenes Debüt feiern lassen. Gut zu wissen, dass der Verein – unabhängig von der aktuellen Verletzungs- und Sperrenmisere – die Zukunft schon in den eigenen Reihen hat, sollte einer der aktuellen Stammkeeper Veränderungsgelüste haben.
Etwas anders lief der Nachmittag von Tim Kleindienst. Der wurde – wie nicht anders zu erwarten – über die gesamten 90 Minuten mit vollem Körpereinsatz von seinen ehemaligen Mannschaftskameraden bearbeitet und insbesondere bei Standardsituationen wie Ecken und Freistößen in dreifache Manndeckung genommen. Wie immer arbeitete er dennoch unverdrossen mit und gegen den Ball, eroberte Bälle und hinderte den Gegner am Spielaufbau. Zwar gelang ihm weder ein Tor noch ein Assist. Dieses permanente Arbeiten verschaffte seinen offensiven Mitspielern Räume.
So war Kleindienst durchaus mitverantwortlich dafür, dass die Geschichte des Spiels andere schrieben, in erster Linie Robin Hack und Nathan Ngoumou. Robin Hack wird – wie im letzten Jahr – mit zunehmender Dauer der Saison besser, torgefährlicher und unverzichtbarer: stets aufmerksam nach hinten mitarbeitend, im Mittelfeld gut kombinierend und vorne auf eine unnachahmliche Weise mit einem sehr geradlinigem Zug zum Tor. Um ein Haar hätte es sogar zum zweiten Dreierpack gereicht, wäre da nicht eine extrem knappe Abseitsstellung im Spiel gewesen. Nathan Ngoumou wächst mit der zunehmenden Anzahl der Startelf-Einsätze in seine Aufgabe hinein, auch wenn er diese natürlich ganz anders als Franck Honorat interpretiert, mehr als zweiter, mit seiner Schnelligkeit den eher robusten Kleindienst gut ergänzender Stürmer, weniger als Schienenspieler und Flankengott auf der Außenbahn. Das Tor zum 2:0 war technisch hochwertig gemacht, auch wenn der Ball vermutlich bei 10 Versuchen nicht zu oft in dieser Weise aufs Tor fliegen würde. Bestätigt sehen dürfen sich mittlerweile alle, die schon immer die Meinung vertreten haben, es gäbe Ngoumou zweimal: Einmal den unbeholfenen, fehlerbehafteten kaum anspielbaren Ngoumou auf der linken Außenbahn. Und dann den schnellen, spielfreudigen, torgefährlichen Ngoumou auf der rechten Seite. Man hofft, dass diese Erkenntnis mittlerweile auch beim Trainer gereift ist.
Nicht untergehen unter den ganzen Lobeshymnen darf das Startelf-Comeback von Alassane Plea, der für Stöger reinrotierte und vor allem im Vorwärtsgang viel Spielfreunde ausstrahlte, dafür – das ist unübersehbar – im Vergleich mit Stöger deutlich weniger nach hinten mitarbeitete. Viel spricht dafür, dass die beiden in der näheren Zukunft weiter munter rotieren könnten. Ist mehr Stabilität gefragt, hat Stöger die Nase vorn, geht es um Kreativität und Spielfreude ist Plea erste Wahl.
Gibt es auch Wermutstropfen? Ja, die gibt es, vor allem mit Blick auf das nächste Spiel. Lukas Ulrich musste zur Pause angeschlagen raus und Luca Netz fiel im Vergleich mit seinem Konkurrenten schon deutlich ab. Scally und Itakura holten sich im Spiel die jeweils fünfte Verwarnung, sodass im schlechtesten Fall gegen Mainz eine komplett neuformierte Abwehrformation ins Spiel geschickt werden muss. Während eine Innenverteidigung bestehend aus Elvedi und Friedrich im Grunde nicht viele Bauchschmerzen auslöst, sieht das auf den Außenpositionen anders aus – weder Netz noch Lainer sind derzeit auf dem Level von Ulrich und Scally. Aber das ist Zukunftsmusik – für diese Woche dürfen wir uns erstmal die ansonsten düsteren Zeiten mit dem Gedanken an einen verdienten Sieg gegen aufhellen lassen.