Die 0:2-Niederlage von Borussia Mönchengladbach bei Eintracht Frankfurt taugt nicht dazu, um den Stab über die Fohlenelf zu brechen. Dafür waren die Borussen einmal mehr zu nah dran an einem Punktgewinn gegen ein Top-Sechs-Team der Liga. Ähnlich nah wie bei der 1:3-Niederlage gegen den VfB Stuttgart oder beim unglücklichen wie unverdienten Last-Minute-2:3 gegen Bayer Leverkusen. Und doch ist es, ungeachtet der drei starken Auftaktgegner, schon wieder eine Niederlage zu viel, um entspannt in die nächsten Wochen zu gehen.
Vier Spiele, drei Niederlagen, ein Sieg beim VfL Bochum. Keine Frage, das Heimspiel gegen Union Berlin am Samstag taugt zum Schlüsselspiel der Hinrunde. Gewinnt Gladbach gegen die noch ungeschlagenen Hauptstädter, ist die Borussia einigermaßen im Soll. Wenn es keinen Sieg gibt, droht eine ähnliche Saison wie die vergangene und Trainer Gerardo Seoane wird es schwer haben, nicht mehr mit chronischer Erfolglosigkeit in Verbindung gebracht zu werden.
Die Bilanz des Schweizers ist ein einziges Desaster: 38 Bundesliga-Spiele hat Borussia Mönchengladbach unter seiner Ägide bestritten und nur 8 gewonnen. Vor allem die jüngere Entwicklung – seit Jahresstart 2024 – ist bedenklich: Nur der VfL Bochum hat in den 22 Partien dieses Jahres weniger Punkte (18) eingefahren als die Gladbacher (20). Ironischerweise hat die Borussia zwei seiner nur vier Siege in diesem Kalenderjahr gegen Bochum eingefahren.
Der VfL Bochum ist auch einer der Vereine, die zumindest die Worst-Case-Szenarien rund um die Borussias etwas einhegen. Auch in einer schwierigen Umbruch-Phase ist die Kaderqualität von Borussia Mönchengladbach höher als die von Bochum und vor allem als die der Aufsteiger St. Pauli und Kiel. Es darf kein Szenario eintreten, in dem das Seoane-Team einen der letzten drei Plätze der Tabelle belegt. Selbst in der vermaledeiten vergangenen Saison waren vier Mannschaften schlechter.
Und Borussia hat sich im Vergleich zur Vorsaison immerhin nicht weiter verschlechtert. Auch wenn die Abwehr aus unverständlichen Gründen nicht verstärkt, sondern quantitativ sogar noch abgebaut wurde, ist die Mönchengladbacher Mannschaft insgesamt eher besser besetzt. Die zuvor nicht vorhandenen Qualitäten von Kevin Stöger und Tim Kleindienst müssen hier nicht weiter ausgeführt werden. Das sollte reichen, um mindestens drei Mannschaften hinter sich zu lassen und mit Teams wie Heidenheim, Mainz, Augsburg, Bremen, Hoffenheim, Union Berlin und vielleicht auch den Dauer-Lowperformern aus Wolfsburg mitzuhalten.
Für die Einschaltquoten von Sky und DAZN mag eine Bundesliga mit Kiel, St. Pauli und Heidenheim ein Problem sein, für Gladbach ist es eine Wohltat. Die Schere zwischen Oberhaus und Unterhaus ist in den vergangenen Jahren immer größer geworden. Aufsteiger wie St. Pauli und Kiel tun sich schwer, konkurrenzfähig zu sein. Das Beispiel Bochum zeigt, dass selbst nach drei knappen Klassenerhalten noch nicht nach höheren Tabellenplätzen gestrebt werden kann, wenn man zuvor besonders lange Zweitligist war. Mannschaften wie Darmstadt und Fürth waren weiter weg vom Klassenerhalt als die Borussia von den Europapokalplätzen. Die Relegation – für Zweitligisten eine weitere Hürde auf dem Weg ins Oberhaus – ist ein weiterer Rettungsanker.
Die Wucht eines Hamburger SV, vom 1. FC Köln, Schalke 04 oder vom Hauptstadtklub Hertha BSC, wäre für Borussia Mönchengladbach bedrohlicher als es die Bundesliga derzeit ist. Für ein Worst-Case-Szenario „Abstieg“ ist das Seoane-Team im Normalfall zu gut besetzt, nach oben geht aber auch nicht viel. Das ist die Lehre der ersten vier Bundesliga-Spiele. Gegen Union Berlin trifft die Borussia erstmals in dieser Saison auf ein Team, das weder besser noch schlechter besetzt ist als Mönchengladbach. Die Partie wird den Weg ebnen für den weiteren Verlauf Hinrunde. Im besten Fall hält die Borussia Tuchfühlung zur oberen Tabellenhälfte, andernfalls droht eine Saison kaum besser als die vergangene.
Der Verein muss aber besonders viel falsch machen, um ganz unten drin zu landen. In Mönchengladbach wurde in den vergangenen Jahren zwar einiges falsch gemacht (Personalentscheidungen, Transfers, viele Trainer etc.), aber von Ausmaßen wie in Köln, Berlin oder Gelsenkirchen ist der Verein zum Glück weit entfernt. Die derzeitige Besetzung der Bundesliga verzeiht zudem noch mehr Fehler als in der Vergangenheit. Es ist die richtige Zeit, um richtig schlecht zu sein.