Zweiter Sieg in Serie am Netzer-Geburtstag?

Zweiter Sieg in Serie am Netzer-Geburtstag?

Der 14. September 2024 ist ein großer Tag. Das liegt gewiss nicht am Bundesliga-Spiel zwischen Borussia Mönchengladbach und dem VfB Stuttgart, sondern am Ehrentag des legendärsten Borussen aller Zeiten: Günter Netzer feiert am Samstag seinen 80. Geburtstag. Die monumentale Bedeutung des Fußball-Freigeists für Borussia Mönchengladbach kann mit Worten nicht beschrieben werden. Darum konzentrieren wir uns lieber auf den schnöden Liga-Alltag und die Ausgangslage vor dem Duell mit den Schwaben.

Zunächst ist festzuhalten, dass die Stimmung im Fan-Umfeld der Borussia gerade recht gut ist. Wer hätte das gedacht, nach den Leiden der vergangenen Spielzeiten und dem desaströsen Endspurt in der Vorsaison – mit dem Tiefpunkt eines unrühmlichen 0:4-Absch(l)usses beim VfB Stuttgart am letzten Spieltag? Viele Fans dürften es nicht gewesen sein, die mit Optimismus und Lust auf Borussia in die Saison gestartet sind. Aber der stabile Saisonstart hat für etwas Versöhnung und vorsichtige Euphorie gesorgt. Das schwierige Pokalspiel in Aue wurde doch noch gewonnen, gegen Bayer Leverkusen wäre ein Punkt am Ende verdient gewesen und in Bochum spielte Borussia einen für ihre Verhältnisse sehr souveränen Sieg heraus. 

Einen großen Anteil am vernünftigen Saisonstart und dem daraus resultierenden Stimmungsumschwung haben die Neuzugänge: Philipp Sander scheint den Qualitätssprung in die Bundesliga schaffen zu können, Kevin Stöger zieht schon jetzt die Fäden im Mittelfeld, Tim Kleindienst wird bereits in die Nationalmannschaft hochgelobt.

Doch zur Wahrheit gehört auch: Das Gebilde Borussia Mönchengladbach ist noch ein ziemlich fragiles. Der Kader, das geben die Verantwortlichen zumindest zwischen den Zeilen zu, ist durchaus auf Kante genäht. Was, wenn die erste Verletzungswelle das zarte Pflänzchen der Euphorie überspült, bevor sie wachsen kann? Was, wenn trotz weiterhin passabler Leistungen die nächsten beiden Spiele gegen Stuttgart und Frankfurt verloren gehen und nach vier guten Spielen der Druck vor der Partie gegen Union Berlin groß wird? Was, wenn sich zeigt, dass Borussias Defensive gegen die starken Offensiven von VfB und Eintracht doch eher an die Chaos-Abwehr der Vorsaison erinnert? Wir sollten uns bewusst machen, dass nichts Verrücktes passieren muss, damit pessimistische Szenarien eintreten.

Gleichzeitig müssen wir feststellen, dass sowohl Pessimisten als auch Optimisten sich auf diesen Nenner einigen werden: Borussia hat gezeigt, dass es in dieser Saison besser, vielleicht sogar deutlich besser laufen kann als zuletzt. Wenn alles passt. Oder zumindest vieles.

Ein Anfang wäre es, die Horror-Serie der vergangenen Jahre endlich zu durchbrechen. Seit unfassbaren zweieinhalb Jahren schafft es Borussia Mönchengladbach nicht, zwei Bundesliga-Spiele in Folge zu gewinnen. Der letzte Sieg-Doppelpack datiert aus dem März 2022. Damals siegte die Fohlenelf mit 2:0 gegen Hertha und eine Woche später gewann sie das Becherwurf-Spiel in Bochum mit 2:0.

Nach dem insgesamt erst 8. Sieg im 36. Spiel unter der Leitung von Gerardo Seoane, dem Nach-Nachfolger von Hütter, soll jetzt endlich der zweite Sieg in Folge her. Borussia Mönchengladbach trifft am Samstag um 15:30 Uhr auf den VfB Stuttgart. Es ist bereits das dritte Aufeinandertreffen der beiden Teams in diesem Jahr. Im Januar siegte Borussia mit 3:1, wurde aber im Mai am letzten Spieltag der Vorsaison mit 0:4 aus dem Stuttgarter Stadion geschraubt.

Dass es zumindest vorstellbar ist, dass sich beide Teams nach dem ungleichen Kräftemessen vor vier Monaten nun wieder auf einem ähnlichen Niveau begegnen, ist ein Kompliment für die Borussia. Schließlich ist der VfB amtierender Vizemeister und darf zur Belohnung mindestens acht Champions-League-Spiele absolvieren. Zu Beginn der „Königsklassen“-Saison geht es ins Estadio Santiago Bernabéu nach Madrid. Das Duell mit Real steigt bereits am Dienstag.

Borussia könnte davon profitieren, dass auf den VfB nur 77 Stunden später das glamouröseste Spiel der jüngeren Vereinsgeschichte wartet. Schließlich will sich auf den letzten Metern sicher kein Spieler verletzen. Dass solch ein Spagat zwischen Liga-Alltag und Champions League schwierig ist für eine Mannschaft, die diesen nicht gewohnt ist, zeigt das Beispiel der Borussia. Gladbach spielte unter Rose 2020 eine bärenstarke Champions-League-Vorrunde, in der Bundesliga war aber oft Schonkost angesagt. Dieses Modell schlägt die Seitenwahl-Redaktion nun auch den Stuttgartern vor. Zumindest am Samstag dürfen sie gerne ähnlich erfolglos sei wie in den bisherigen Ligaspielen.

Nach dem 1:3 in Freiburg und dem 3:3 gegen Mainz stehen die Schwaben erst bei einem Punkt, zeigen in der Defensive Schwächen. Waldemar Anton und Hiroki Ito sind weg, der Ex-Kölner Jeff Chabot und Anrie Chase bekommen den Laden noch nicht dicht. Gut möglich, dass auch Borussia das ausnutzen kann. Immerhin hat auch das Seonae-Team seine Stärken in der Offensive. Mit Robin Hack kommt sogar ein weiterer Spieler nun erstmals für die Startelf infrage. Möglich, dass Alassane Pléa für den besten Gladbacher Torschützen der vergangenen Saison weichen muss. Seine ersten beiden Tore im Borussia-Dress erzielte Hack im Januar beim 3:1-Sieg gegen den VfB Stuttgart. Gelingt wieder ein Heimsieg gegen die Hoeneß-Elf, wird die Stimmung im Umfeld noch besser und am zarten Pflänzchen der Euphorie wachsen womöglich die ersten Gladbach-grünen Blätter. Nicht nur Günter Netzer würde sich freuen.

Seitenwahl-Prognose

Michael Heinen: Erneut verpasst Borussia die große Chance, zwei Siege in Folge einzufahren. Vom VfB Stuttgart trennt man sich 2:2.

Christian Spoo: Borussia spielt ordentlich, aber die Defensive bleibt verwundbar. Das 2:2 fühlt sich nach vergebener Möglichkeit an.

Volkhard Patten: Nach dem Meister kommt der Vizemeister zum zweiten Heimspiel. Borussia zeigt eine starke Leistung und verdient sich den 2:1-Sieg durch eine starke defensive Leistung.

Mike Lukanz: Die Kleindienst- & Stöger-Wochen halten an. Nach dem 3:1 zu Hause herrscht blanke Euphorie am Niederrhein.

Michael Oehm: Zwei Spiele in Folge gewinnen? Fast hätte es geklappt, doch der späte Ausgleich hinterlässt einen faden Nachgeschmack. 2:2

Claus-Dieter Mayer: Ein unterhaltsames und lange Zeit ausgeglichenes Spiel verliert die Borussia am Ende mit 2:4. In Mönchengladbach beginnt man sich zu fragen, warum es in diesem Sommer eigentlich keine jener Transferperioden gab, in der man sich defensiv hätte verstärken können.

Kevin Schulte: Borussia spielt erneut gut, kann sich aber nur einmal belohnen und kassiert zwei Gegentreffer. Das 1:2 gegen den VfB Stuttgart hinterlasst betrübte Gesichter, weil mehr drin war und drei Punkte aus drei Spielen nach drei guten Leistungen zu wenig sind.

 

Die Bilder der Saison