Warnung
  • JUser: :_load: Fehler beim Laden des Benutzers mit der ID: 80

Schon wieder wurde eine große Chance vertan, wieder einmal wurden die Hoffnungen enttäuscht. Wann immer Borussia Mönchengladbach in dieser Saison die Möglichkeit hatte, den Abstiegskampf aus ihrer Sicht spannend und offen zu gestalten, blieben die guten Vorsätze bereits im Ansatz stecken. Die Art, wie das Team bei jeder Möglichkeit, einen großen Wurf zu landen, erstarrt, kann nur noch mit Versagen tituliert werden. So auch beim Gastspiel in Wolfsburg. 60 Minuten spielte man passiv und behäbig, unkonzentriert und lasch bei einem direkten Konkurrenten. Das kann niemals reichen, um auch in der nächsten Saison in der Bundesliga spielen zu dürfen. Es steht die Frage im Raum, woran es liegt. Wie kommt es, dass die Mannschaft sich mühsam eine Ausgangsbasis aufbaut, die sie innerhalb einer Woche mit dem eigener destruktiver Kraft brutal umreißt? Ist der "Favre Effekt" schon verpufft, bevor er überhaupt begonnen hat?


Die Probleme nur auf diese Saison zu beziehen, erscheint zu kurz gegriffen. Es drängt sich vielmehr die Frage auf, warum es dieser Verein einfach nicht schafft, aus seinen wirtschaftlich und sportlich-strukturellen durchaus guten bis sehr guten Möglichkeiten das zu machen, was ohne Größenwahn und Fantastereien erwartet werden kann (oder darf!): einen normalen Bundesligaclub wachsen zu lassen, welcher sich durch stetige Arbeit etablieren kann. Warum wird (und so sieht es derzeit ja leider aus) dieser Club, welcher über hohes Potential und ein gewachsenes Umfeld verfügt, lediglich ein "Club zwischen den Ligen"?


Folgt man der „Initiative Borussia“, liegt die Hauptverantwortung wohl bei den führenden Köpfen in Präsidium und Aufsichtsrat. Dies ist eine derzeit populäre Ansicht, welche besonders in den Kreisen des Boulevard und bei Stammtischexperten hohen Anklang findet. Dabei drängt sich dem kritischen Beobachter allerdings der Verdacht auf, dass diese Initiativen hinter ihren Parolen wenig bis nichts zu bieten hat. Der Verdacht, dass man Mitgliedern und Fans vorgaukelt, ihnen ihre Borussia "zurückgeben" wollen, aber, wenn man sich die vorgeschlagenen Strukturveränderungen genau anschaut, genau das Gegenteil der Fall zu sein scheint. Der Verdacht, dass man sich mit falschen Zahlen, Gerüchten und Halbwahrheiten an den eigenen Schlagzeilen hochzieht. Liegt es wirklich nur daran, dass Borussia Mönchengladbach seit etwa 15 Jahren (von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen) ständig die falschen Sportdirektoren und Trainer einstellt, die dann fast zwangsläufig auch die falschen Spieler holen und einsetzen?

Bei genauer Betrachtung muss man zugeben, dass in den letzten 10-15 Jahren eigentlich alles versucht wurde: Sowohl erfahrene Sportdirektoren (Pander) wie auch Neulinge auf diesem Gebiet (Hochstätter, Ziege, Eberl) holten junge, hungrige Trainer (Fach, Luhukay, Frontzeck) oder erfahrene und international renommierte Trainer (Heynckes, Advocaat). Es wurde auf Stallgeruch gesetzt (Fach, Heynckes, Lienen, Frontzeck), es wurden neue Wege bestritten (Meyers erste Amtszeit), es wurde versucht, den schnellen Erfolg herbeizukaufen (Pander, Advocaat) und es wurde versucht, kontinuierlich zu arbeiten (Eberl, Frontzeck). Anscheinend hat nichts den gewünschten Erfolg gebracht. Dabei hätte sich die Vorstellung von Erfolg schon damit realisiert, wenn eine im Mittelfeld etablierte Mannschaft geformt worden wäre, die nicht spätestens alle zwei Jahre in arge Abstiegsnöte geriete. Die Frage, was denn nun der richtige Weg sein könnte bzw. wer diesen Weg bestreiten solle, ist eine ebenso schwere, wie lange, wie auch in vielerlei Hinsicht interpretierbare Frage.

"Lösungsvorschläge", wie sie von der Initiative oder auch von ehemaligen Borussen vorgeschlagen werden, erscheinen dabei entweder zu einfach (nach dem Motto, "alle raus und andere rein"), zu populistisch - oder eben beides. Im Moment hilft nichts weniger, als die unqualifizierten Frustbekundungen eines Herrn Vogts oder das gezielte Provozieren und Getratsche von angeblichen Borussenfans mit "wirtschaftlichem Background". Wenn man sich Gedanken um „seine Borussia“ macht (und viele machen das täglich), scheinen gar nicht so sehr personelle Veränderungen bedeutsam, sondern eher wirklich strukturelle. Oder anders gesagt: An den Ämtern von Königs, Söllner, Schippers, Bonhof und Eberl braucht nicht unbedingt "gerüttelt" zu werden. Sportlich hat die Borussia mit Lucien Favre einen sehr guten Griff getan. Ihm eilt voraus, ein Trainer zu sein, welcher nachhaltig arbeiten und vor allem taktisch und personell äußerst flexibel agieren kann. Dies ist eine im modernen Fußball unerlässliche Eigenschaft.

 

Vielleicht bedarf es aber auch keiner radikalen Änderungen bei der Borussia, sondern vielmehr sinnvoller Ergänzungen des von Max Eberls vorgeschlagenen Weg der konzeptionellen Kontinuität. Wie wäre es, wenn man neben dem Aufsichtsrat ein sportliches "Beratergremium" installieren würde. Dieses Gremium wäre ausschließlich für die sportlichen Entwicklungen (von der Jugend bis zum Profibereich) zuständig. Es würden Konzepte erstellt, welche personell wie taktisch den zukünftigen Fußball unserer Borussia vorgeben. Diese Konzepte werden auf der Mitgliederversammlung 2012 vorgestellt und wären (bei einem entsprechenden Abstimmungsergebnis) bindend für die handelnden Personen bei Borussia. Auch wenn dies auf den ersten Blick seltsam klingen mag, ist es eine zumindest diskutable Idee. Natürlich müsste ein solches Modell immer wieder und regelmäßig überprüft werden - wichtig aber ist es, dass es unabhängig davon ist, wer sportlich das Sagen hat.

 

Dabei geht es nicht darum, wer das Sagen hat, sondern das man gemeinsam eine Borussia "erarbeitet", welche mittelfristig in der Bundesliga besteht und langfristig vielleicht auch mal wieder an obere Plätze rankommen kann. Es ist egal, ob eine Initiative oder eine Mitgliederoffensive den Verein "revolutioniert". Borussia Mönchengladbach ist keine politische Partei, die nach links oder rechts wandert. Borussia Mönchengladbach ist ein Verein und für viele auch eine Lebenseinstellung. Es kann nur miteinander und für Borussia gehen. Dort ist kein Platz für Profilneurotiker oder gekränkte Eitelkeiten. Mit Sicherheit ist eine solche Idee in dieser Form unausgegoren. Allerdings sollten wir als Borussen dahin kommen müssen, dass die aktuellen Verantwortlichen sich mit verdienten und fachkundigen Ex-Borussen zusammentun, anstatt sich über die Medien auf dem Rücken dieses großartigen Vereins zu bekriegen.