Fußballspiele an einem Freitagabend können herrlich sein. Nach einem Sieg des eigenen Teams kann man sich gutgelaunt das restliche Wochenende zurücklehnen und entspannt die Konkurrenz beobachten.

Fußballspiele an einem Freitagabend können grausam sein. Nach einer Niederlage des eigenen Teams ist die Stimmung für das restliche Wochenende im Keller und man kann nur noch hilflos zuschauen, wie die Konkurrenz punktet.

An diesem Freitag wird sich der beschriebene Effekt durch die anschließende Länderspielpause in beiden Varianten sogar noch verstärken. Die Fohlenelf kann sich aussuchen, welches der beiden Szenarien sie ihren Fans zumuten möchte. Einiges spricht leider für letzteres: Seit 1998 konnte der große VfL im Ruhrstadion nicht mehr gewinnen. Zudem sind die Bochumer genau das, was Borussia in der aktuellen Verfassung nicht liegt: eine gut eingestellte, homogene Mannschaft, die mit Leidenschaft und Engagement auftritt.

Borussia selbst bleibt in diesen Punkten leider meist in Ansätzen stecken und konnte eine solche Einstellung in dieser Saison noch nie konstant über mehrere Spiele hinweg durchhalten. Der ungefährdete Sieg über die Hertha war extrem wichtig. Er sagt aber wenig über die Aussichten in den kommenden Wochen aus. In den verbleibenden acht Partien wird kein weiterer Gegner auf dem Niveau der Hertha warten – selbst Fürth tritt in dieser Rückrunde deutlich besser auf. Von daher sollten sich Mannschaft und Trainerteam nicht zu viel auf das erste „Zu Null“ seit November einbilden. Die echte Bewährungsprobe wartet im Ruhrstadion auf die Borussen-Defensive, die zu einer erneuten Umstellung gezwungen wird.

Auch wenn Öffentlichkeit und Politik zunehmend den Eindruck zu vermitteln versuchen, die Pandemie sei vorbei und 200-300 Tote pro Tag seien ein akzeptabler Kollateralschaden: Corona-Erkrankungen häufen sich in der Gesellschaft ebenso wie in den Fußballmannschaften. Borussia hat es mit Trainer Adi Hütter und Nico Elvedi noch relativ glimpflich erwischt. Beim Gegner aus Bochum drohen neben Trainer Thomas Reis gleich fünf Akteure aufgrund eines positiven Tests auszufallen.

Borussias Aushilfstrainer Christian Peintinger hat inzwischen wieder einige Optionen, um die Defensive endlich wieder zu konstanter Stabilität zu führen. Sofern er das von ihm propagierte Credo „Never change a winning team“ so wenig wie möglich antasten möchte, könnte er Rückkehrer Ramy Bensebaini in die Dreierkette neben Beyer und Ginter beordern. Alternativ bieten sich aber auch die etatmäßigen Innenverteidiger Manuel Friedrich und Tony Jantschke an.

In der Offensive wird es voraussichtlich keine Veränderungen geben. Lars Stindl verbleibt zunächst die Rolle als Edeljoker. Zusammen mit Jonas Hofmann soll er nach der Länderspielpause den Konkurrenzdruck wieder erhöhen.

Der Gegner aus Bochum hat vornehmlich in der Defensive einige Ausfälle zu beklagen. Insgesamt fallen bis zu sieben potentielle Stammspieler aus. Bei Pokalheld Leitsch und Soares besteht noch Hoffnung auf eine Rückkehr in den Kader. Voraussichtlich werden die Westfalen aber erneut mit der Truppe starten müssen, die zuletzt in Frankfurt 1:2 verlor. Auf der Trainerbank wird Ex-Borusse Markus Gellhaus sitzen, der 2007/2008 als Assistent von Jos Luhukay agierte.

Borussia sollte sich hüten, den ersatzgeschwächten Gegner zu unterschätzen. Die Bochumer haben an der Castroper Straße bereits 24 Punkte in 13 Heimspielen geholt und dabei u. a. Hoffenheim und die Bayern besiegt. Nach dem glorreichen 4:2 über den Rekordmeister konnte zuletzt von fünf Partien nur das Heimspiel gegen Fürth knapp gewonnen werden. Es wäre gut, wenn sich der berüchtigte Bayern-Fluch noch um zumindest eine Woche verlängern ließe.

Hierzu wird es aber auf Borussen-Seite einer besseren Leistung bedürfen als zuletzt in Stuttgart oder Dortmund. Auf fremdem Platz konnte Borussia in dieser Bundesliga-Saison bislang nur bei den corona-geplagten Bayern sowie in Wolfsburg gewinnen und überzeugen.

Zwei Siege wird Borussia noch benötigen, um Planungssicherheit für ein weiteres Jahr in der 1. Bundesliga zu bekommen. Mit Blick auf die ausstehenden Baustellen im Kader wäre es doppelt wichtig, dies so schnell wie möglich zu bewerkstelligen. Idealerweise sollte dort der erste Schritt gelingen, wo schon im Mai 2011 ein Meilenstein für eine bessere Borussen-Zukunft gesetzt wurde.


Mögliche Aufstellungen

Bochum: Riemann – Bockhorn, Masovic, Bella Kotchap, Stafylidis – Losilla – Löwen, Rexhbecaj – Antwi-Adjei, Holtmann – Polter

Borussia: Sommer – Beyer, Ginter, Bensebaini – Lainer, Neuhaus, Koné, Netz – Plea, Thuram – Embolo


SEITENWAHL-TIPPS

Michael Heinen: Gegen die Leidenschaft der Bochumer wird Borussias Wohlfühl-Team wenig entgegenzusetzen haben. Nach dem 1:2 im Ruhrstadion kehrt die Ernüchterung zurück, dass der Abstiegskampf noch lange nicht ausgestanden ist.

Christian Spoo: Borussia hat mehr Qualität, Bochum mehr Qualitäten. Plural schlägt Singular mit 2:1.

Volkhard Patten: Nach dem überragenden Sieg gegen Hertha wird Bochum uns wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholen. Nach dem 1:3 wird der Traum der Fans von einer besseren Zukunft unter Peinti beendet sein.

Thomas Häcki: Bochum ist giftig, Gladbach kontert. Nach dem 2:1-Auswärtssieg stellt Adi Hütter einen Antrag auf Homeoffice.

Uwe Pirl: Haben Sie es endlich begriffen? Meine Hoffnung darauf stirbt zuletzt und deshalb glaube ich daran, dass Borussia in Bochum 2:1 gewinnt.

Claus-Dieter Mayer: Nach frühem Gegentreffer berappelt sich die Borussia und fährt am Ende einen überraschenden 4:1-Sieg ein.