Ein perfekt getretener Freistoß reichte aus, um Borussia am vergangenen Sonntag aus allen Pokalträumen zu reißen und in den Arbeitsalltag zurück zu katapultieren. Die letzten Minuten der Partie gegen den VfL Bochum verliefen daher unnötig spannend, verdeutlichten der Mannschaft aber noch einmal, dass 80 % Leistung gegen keinen Gegner in der Bundesliga ausreichen. Schon gar nicht gegen den FSV Mainz 05, der Borussia am Freitagabend auf Augenhöhe gegenüberstehen wird.

Genau genommen müssen sich die Borussen derzeit sogar strecken, um die Mainzer in der Tabelle zu finden. Sie stehen nämlich auf genau dem Tabellenplatz, den Borussia am Saisonende gerne einnehmen würde. Dass der 5. Platz des FSV kein Zufall ist, verrät ein Blick auf die Rückrunde der Vorsaison, in der die Mannschaft von Bo Svensson genauso erfolgreich war. Funfact: Auch Borussia befindet sich derzeit mit Rang 10 exakt auf Rückrundenkurs. Die aktuelle Tabellenlage ist aber noch nicht überzubewerten, denn zwischen beiden Kontrahenten stehen lediglich zwei Zähler, sodass Gladbach mit einem Auswärtssieg an den 05ern vorbeiziehen könnte.

Borussias Ex-Verteidiger Bo Svensson ist es im vergangenen Jahr gelungen, aus einem fast schon sicher geglaubten Absteiger ein ambitioniertes Bundesligateam zu formen, dem bei guten Saisonverlauf ein gewichtiges Wort um die Plätze in Europa zuzutrauen ist. Bemerkenswert in zudem die Arbeitseinstellung des Dänen, die sich manch anderer lässiger Übungsleiter zum Vorbild nehmen sollte. Auf die Frage des Redaktionsnetzwerks Sportbuzzer, warum er keine Ausstiegsklausel in seinem Vertrag habe, antwortete Svensson: „Für mich persönlich wäre es komisch, wenn ich sage, ich unterschreibe bei Mainz 05 dafür, dass wir zusammen etwas aufbauen wollen und gleichzeitig sage ich mit einer Ausstiegsklausel: Wenn sich die Lage in zwölf Monaten schneller verbessert, möchte ich schon raus. Dann kann ich nicht von einer kompletten Überzeugung sprechen. Daher war das nie eine Überlegung.“

Das Spiel seiner Mainzer ist im Grunde genau das, was Borussia zuletzt überhaupt nicht behagte: Ein zweikampf- und defensivstarker Gegner – 10 Gegentore sind der zweitbeste Wert der Liga – der zudem schnell und gefährlich nach vorne spielt. Dort wartet das kongeniale Sturmduo bestehend aus Karim Onisiwo und Jonathan Burkhardt. Während ersterer zumeist für die Vorlagen zuständig ist, bewährte sich der deutsche U21-Nationalspieler zuletzt als Torschütze. Fünf seiner acht Saisontore markierte Burkhardt in den letzten vier Spielen, weshalb er mittlerweile für die A-Nationalmannschaft gehandelt wird. Derzeit spricht viel dafür, dass er das nächste Mainzer Eigengewächs sein wird, das den Sprung zu einem noch ambitionierteren Bundesligisten schaffen wird. Neben Hansi Flick dürften auch Borussias Scouts am Freitag auf ihn ein besonderes Auge werfen.

Personell gibt es auf beiden Seiten wenig Grund für einen Wechsel der zuletzt erfolgreichen Teams. Bei den Gastgebern dürfte Kapitän Niakhaté für Nemeth in die Abwehr-Dreierkette zurückkehren. Bei Borussia steht noch ein Fragezeichen hinter Denis Zakaria, der positionsgetreu am ehesten durch Florian Neuhaus ersetzt werden könnte. Alternativ wäre Bensebaini ein Kandidat fürs defensive Mittelfeld, um Luca Netz auf der Außenbahn eine Rückkehr in die Startelf zu ermöglichen.

Die Mainzer sind wie Borussia derzeit gut in Form und gewannen ihre drei letzten Pflichtspiele. Die dortigen Gegner (1x Augsburg, 2x Bielefeld) wiesen zwar ein anderes Kaliber auf als Borussia. Dass der FSV es aber auch mit Gegnern der gehobenen Kategorie aufnehmen kann, bewiesen sie am ersten Spieltag, als sie RB Leipzig direkt die erste Saisonniederlage zufügten.

Borussia sollte also gewarnt sein: Eine Auswärtspartie in Mainz ist nicht in die Kategorie „Pflichtsieg“ einzuordnen, sondern als eine echte Herausforderung zu werten, für die eine Topleistung erforderlich sein wird. Ein Auftritt wie zuletzt in Augsburg oder Berlin wird am Freitagabend ganz bestimmt nicht reichen, um den Aufwärtstrend der letzten Partien fortzusetzen.

Mögliche Aufstellungen

Zentner – Niakhaté, Bell, Hack – Widmer, Lee, Kohr, Boetius, Aaron – Onisiwo, Burkardt

Sommer – Scally, Ginter, Elvedi, Bensebaini – Neuhaus, Koné – Hofmann, Stindl, Plea – Embolo

SEITENWAHL-TIPPS

Michael Heinen: „Es wird alles andere als einfach, aber es wird endlich mal wieder Zeit für einen überzeugenden Auswärtsauftritt der Borussia. Nach dem 2:1 Auswärtssieg kann sich die Elf von Adi Hütter endlich wieder nach oben orientieren.“

Thomas Häcki: „Kampf- und laufstark… ein Gegner, wie er der Borussia gewöhnlich nicht schmeckt. Mit einem 1:1 wird man zufrieden sein müssen.“

Claus-Dieter Mayer: „Mit dem 1:1 in Mainz nach einem intensiven Spiel bleibt die Borussia im Tabellenmittelfeld stecken.“

Christian Spoo: „Gegen souveräne Mainzer findet Borussia kein Mittel. Das Heimteam beherrscht das aggressive Spiel nach vorne besser. Mit der 0:2-Niederlage ist Borussia noch gut bedient.“