1FC KlnMusste man vor den ersten drei Spieltagen der Überschrift des Vorberichts noch eine erklärende Komponente hinzufügen, um den Leser darauf hinzuweisen, welche Akteure bzw. Aspekte die Beschreibung des kommenden Spiels als Clash rechtfertigen, ist das am Spieltag 4 selbsterklärend: FC gegen Borussia. Rhein-Derby. Fohlen gegen Ziegen. Brennende Bahnhofskapellen. Trömmelche in der Version der Gladbacher Kurve. Geistig Verwirrte in Maleranzügen. Für den Trainer zur Einordnung: Mehr wie Chemie gegen Lok als Mainz gegen Frankfurt. An Emotionen wird es am Samstag nicht mangeln.  

Zugleich wird mit Spannung der weiteren fußballerischen Entwicklung der Rose-Borussia entgegen gesehen. Die Frage, ob sich eine auf Ballbesitz fokussierte Mannschaft wie das derzeitige Team von Borussia Mönchengladbach in eine Pressingmaschine verwandeln lässt, wird ja weiterhin kontrovers diskutiert. Vielleicht ist diese Frage aber auch einfach nur falsch gestellt. Interessant war in diesem Zusammenhang eine Äußerung von Frank Geideck in einem Interview auf Spox.com (Link), die darauf hindeutet, dass es möglicherweise gar nicht um eine komplette Neuerfindung von Borussia Mönchengladbach geht, sondern eher um eine Weiterentwicklung und Ergänzung: „Es ist wie ein Haus mit einem gewissen Fundament, bei dem nun eine neue Etage hinzukommt. Salzburg hatte unter Marco viel und sehr guten Ballbesitz, den sie mit klugen Bewegungen und Abläufen wunderbar ausgespielt haben. Diese grundsätzlichen Abläufe sind nahezu identisch zu dem, was wir zuvor in Ballbesitz ohnehin schon gemacht haben. Was neu hinzukommt, ist das Verhalten bei gegnerischem Ballbesitz.“ Marco Rose bestätigte diesen Aspekt in einem zeitgleichen Interview in der WZ (Link) auf eine Frage nach der zukünftigen Rolle von Raffael und Stindl: „Das ist ja auch ein Ammenmärchen: Der Rose kommt und jetzt sind nur noch extrem dynamische Fußballer gefragt. Wenn man den Fußball verfolgt, stellt man fest, dass er insgesamt dynamischer geworden ist. Mittlerweile verpflichten manche Vereine nur noch nach Dynamik. Das ist aber nicht unser Ansatz. Unser Fußball soll das Komplettpaket sein. Wir wollen auch fußballerische Lösungen, gut gegen den Ball sein und gut umschalten. Wenn du dann als Trainer auf einen Raffael oder Lars Stindl mit dieser fußballerischen Qualität zurückgreifen kannst, ist das Freude.“

Borussia geht die Aufgabe in Köln mit wenig Verletzten an, es fehlen nur Hofmann und Stindl. Die Äußerungen von Marco Rose auf der Pressekonferenz deuten darauf hin, dass Matthias Ginter trotz im Länderspiel erlittener Prellung spielen kann. Gleiches gilt für Tobias Strobl und Christoph Kramer, sodass – was Rose auch offen zugab – die Besetzung des Mittelfelds für den Trainer ein Puzzle mit einer großen Auswahl an geeigneten Kandidaten sein wird. Denkbar, dass Zakaria auf eine der Halbpositionen rückt und damit die Sechs frei macht für Kramer. Denkbar aber auch, dass die Startelf bleibt, wie sie ist.

Köln kann ebenfalls aus dem Vollen schöpfen, mit Ausnahme des Langzeitverletzen Christian Clemens sind alle Mann an Bord. Köln erhielt in den ersten beiden Bundesligaspielen ordentliche Kritiken, auch wenn die Auftritte in Wolfsburg und daheim gegen Dortmund mit Niederlagen endeten. Zuletzt gelang sogar ein eher etwas überraschender Sieg in Freiburg. Das Derby mit der Etikettierung „Aufsteiger gegen Europapokalteilnehmer“ zu versehen und Borussia Mönchengladbach zum klaren Favoriten zu erklären, wäre deshalb leichtfertig. Dennoch bleibt beim Blick auf die Qualität beider Mannschaften nicht anderes übrig, als Borussia hier einen gewissen Vorsprung zu attestieren. Die bisherigen Berichte über die Kölner Abwehr legen zudem nahe, dass diese unter Druck anfällig zu werden scheint. Folglich scheint eine offensive, „Rose-gemäße“ Herangehensweise an das Derby nicht der falscheste Weg zu sein, kann man damit doch den notwendigen Druck auf den Gegner machen und gleichzeitig die eigene, in den letzten Spielen nicht immer sattelfest wirkende Abwehr entlasten.

 

Der SEITENWAHL-Tipp:

Uwe Pirl: Am Ende singt die Gladbacher Kurve. Borussia gewinnt 3:1 und macht einen deutlichen Schritt nach vorn in der Balance zwischen Ballbesitz und Pressing.

Michael Heinen: Es wird Zeit die zuletzt nur noch durchschnittliche Derbybilanz wieder aufzubessern. Dies gelingt Borussia aber leider durch ein 1:1 nur zur Hälfte.

Christian Spoo: Ich habe kein Gefühl für dieses Derby. Ratlos und verlegen tippe ich ein 1:1. Um nicht einfach sagen zu müssen: „Ich weiset nich“.

Mike Lukanz: Herrje, wie soll man dieses Spiel tippen? Die Vernunft meiner Kollegen kann ich dann doch nicht teilen, denn es ist halt Derby. 2:0-Auswärtssieg.

Claus-Dieter Mayer: Und auf einmal funktioniert alles: Das 4:0 in Köln überrascht nicht nur die überforderten Geißböcke sondern selbst den eigenen Trainer.

Thomas Häcki: Das Derby ist zurück und wie erwartet schenken sich beide Mannschaften nichts. Dass die Borussia sich am Ende knapp mit 2:1 durchsetzt hat auch mit Qualität zu tun.