In den vergangenen Wochen hat Seitenwahl alle 18 Bundesligisten unter die Lupe genommen und Euch damit einen Überblick über die Chancen und Potentiale der einzelnen Klubs verschafft. Wie in den meisten europäischen Ligen wird der Wettbewerb in der Bundesliga zunehmend außer Kraft gesetzt – insbesondere durch die horrenden Summen, die in der Champions League verdient werden können und ab dieser Saison zusätzlich noch durch die Finanzkraft eines österreichischen Brausekonzerns. Dennoch gibt es auch Positives zu vermelden, denn Spannung ist in nahezu allen Tabellenregionen vorprogrammiert. Zum Glück gibt es immer wieder Vereine wie zuletzt Hertha, Augsburg oder Mainz – und noch viel mehr Borussia – die mit relativ geringem Finanzeinsatz überdurchschnittliche Ergebnisse erzielen. Seitenwahl hat sich den Spaß gegönnt und jeden Redakteur um Prognose einer Endtabelle gebeten. Diese „Kaffeesatzleserei“ soll zum Abschluss der Bundesligachecks als interessante Spielerei verstanden werden. Geht es nach den Einschätzungen der für ihre nahezu unfehlbaren Tipps bekannten Seitenwahl-Redaktion, so könnte die Bundesliga-Saison 2016/17 wie folgt enden (in Klammern die jeweilige Durchschnittsplatzierung aller Prognosen):


Die Seitenwahl-Endtabelle

1. Bayern München (1,33)

2. Bayer Leverkusen (2,33)

3. BV 09 Dortmund (2,50)

4. FC Schalke 04 (4,50)

5. Borussia M´gladbach (4,67)

6. VfL Wolfsburg (6,33)

7. 1.FC Köln (8,67)

8. Hamburger SV (9,67)

9. TSG Hoffenheim (10,17)

9. FSV Mainz 05 (10,17)

11. FC Augsburg (11,00)

11. RB Leipzig (11,00)

13. Hertha BSC (11,17)

14. SC Freiburg (14,17)

15. Werder Bremen (14,83)

16. FC Ingolstadt (15,17)

17. Eintracht Frankfurt (15,33)

18. Darmstadt 98 (18,00)


Spitzengruppe

Nach 4 Meisterschaften in Folge starten die Bayern mit neuem Trainer und verstärkt durch je einen Welt- und Europameister in die Saison. Der Erzrivale aus Dortmund muss dagegen einen gewaltigen Umbruch verkraften und sich ggf. den nachrückenden Leverkusenern erwehren, die sich z. B. mit Volland und Baumgartlinger klug verstärkt haben. Es spricht viel dafür, dass die drei Topteams der vergangenen Saison am Ende der kommenden Spielzeit wieder ganz oben zu finden sein werden. Andererseits wurde dies im Vorjahr z. B. auch vom VfL Wolfsburg erwartet.

Verfolger

Ob die Wolfsburger ernsthaft zurück ganz nach oben springen und um die direkten Champions League Plätze konkurrieren können, erscheint angesichts der aktuellen Querelen im Verein mehr als fraglich. Ihr Finanz- und Spielerpotential ist aber immer noch gewaltig genug, um sie zumindest im Rennen um die Plätze 4 bis 7 auf dem Zettel haben zu müssen. Auch der FC Schalke 04 wird mit neuem Trainer und Manager einen erneuten Anlauf auf die Königsklasse wagen (müssen). Nur dies erfüllt die hohen Ansprüche des Fleischmagnaten Clemens Tönnies und wird den sportlich Verantwortlichen als Erfolg ausgelegt. Da kann André Schubert in Mönchengladbach schon etwas relaxter auf die kommenden 34 Ligaspieltage blicken. Max Eberls Einstelligkeitsmantra ist zwar nach zuletzt zwei Champions-League-Teilnahmen in Folge zunehmend schwieriger zu vermitteln. Ein „Rückfall“ auf einen Europa League Platz wäre für den sympathischen Verein vom Niederrhein aber keinesfalls als Misserfolg zu werten. Neben diesen drei relativ etablierten Spitzenteams wird sich mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut mindestens ein Überraschungskandidat ins Rennen um die internationalen Plätze einmischen.

Mittelfeld

Nicht auszuschließen, dass die Kölner ihren zuletzt beschrittenen Weg der Kontinuität in dieser Saison endlich mit dem großen Wurf krönen und die Rückkehr auf Europas Bühnen feiern dürfen. Die bisherigen Verstärkungen sind bislang aber nur bedingt überzeugend. Beim Hamburger SV ist es genau andersherum. Kontinuität ist hier seit jeher ein Fremdwort, selbst wenn die Amtszeit von Bruno Labbadia jetzt schon länger andauert als man es dem Klub zugetraut hätte. Die Millionen von Gönner Kühne, der damit den Wettbewerb nicht unwesentlich verzerrt, haben den Hanseaten aber einige hochkarätige Neuzugänge beschert, mit denen der Klub evtl. wieder weiter oben anklopfen könnte. Andererseits handelt es sich immer noch um den HSV und da ist eine Rückkehr des Chaos nur eine Frage der Zeit. Weit beschaulicher geht es in Mainz und Augsburg zu, also bei zwei Vereinen, die vor einer ähnlichen Situation und höchst ungewissen Zukunft stehen. Beide mussten die Architekten ihres jüngsten Erfolgs an die russischen Gasmillionäre von Schalke 04 abgeben. Es ist schwer abzusehen, wie sich dies auf die Saisonleistung auswirken könnte. In Hoffenheim hat man mit Julian Nagelsmann einen potentiellen Heilsbringer gefunden, der den Verein im Vorjahr von den Abstiegsrängen ins gesicherte Mittelfeld geführt hat. Setzt er diese Linie ohne Topstürmer Kevin Volland fort, so könnte auch der Hopp-Klub ein Kandidat für Europa werden. Dies würde Deutschlands Fußballfans vermutlich ebensowenig gefallen wie die Aussicht, dass Aufsteiger RB Leipzig schon in dieser Saison direkt nach oben durchstarten könnte. Bislang hat das Marketing-Projekt auf die ganz großen Einkäufe verzichtet. Dies muss aber bis zum Transferschluss nicht so bleiben.

Einer der genannten Klubs wird mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit am Ende des kommenden Jahres über ein Ticket nach Europa jubeln dürfen – allein schon deshalb weil Platz 7 zumeist für die Qualifikationsspiele reicht und sich ganz oben nur 6 favorisierte Teams tummeln. Dass diese Qualifikation nicht immer ein Segen sein muss, hat zuletzt Hertha BSC leidvoll erfahren. Eine anfänglich so überragende Vorsaison wurde durch eine schwache Rückrunde und das peinliche Aus gegen Bröndby Kopenhagen verspielt. Pal Dardai steht vor der schwierigen Aufgabe, den deutlichen Negativtrend aufzuhalten, damit der Verein nicht im schlimmsten Fall gar in den Abstiegsstrudel gerät. Immerhin wurde die Hertha nur 16. in der Rückrundentabelle.

Abstiegskandidaten

Für die Hertha gilt wie auch für Köln, Hamburg, Augsburg, Mainz, Hoffenheim und Leipzig: Läuft alles optimal, so könnte sogar ein Platz in Europa möglich sein. Läuft die Saison hingegen schlecht, ist Abstiegskampf angesagt. Diesen werden die fünf übrigen Klubs mit recht hoher Wahrscheinlichkeit über sich ergehen lassen müssen. Am ehesten ist es noch dem FC Ingolstadt zuzutrauen, an die gute Vorsaison anzuknüpfen und sich von den bedrohlichen Rängen fernzuhalten. Dies werden die Schanzer aber mit neuem Trainer angehen müssen, was die Aufgabe nicht leichter erscheinen lässt. Vorjahres-Mitaufsteiger Darmstadt 98 hat neben seinem Erfolgstrainer der letzten Jahre einige der besseren Spieler verloren. Daher werden sie von den Experten als klarer Favorit auf eine Rückkehr in Liga 2 gehandelt. Genauso verhielt es sich aber bekanntlich schon vor der letzten Spielzeit. Von den aktuellen Aufsteigern war der SC Freiburg sportlich sogar der stärkere. Trotzdem wird von ihnen logischerweise weniger erwartet als von den Leipzigern. Die Ruhe und Kontinuität im Breisgau könnten zum Garanten für den Klassenerhalt werden. Die äußerst geringe Finanzkraft macht aus dem SC aber immer einen logischen Abstiegskandidaten. Mit derselben Logik müssten Eintracht Frankfurt und Werder Bremen eigentlich mindestens ins Mittelfeld einsortiert werden. Die Erfahrungen der letzten Jahre lassen aber befürchten, dass es für die beiden Traditionsmannschaften auch in dieser Saison wieder sehr eng wird. Zumal sich beide Vereine nicht wirklich personell verstärkt haben.

Fazit

All diese Ausführungen mögen aus heutiger Sicht plausibel klingen. Am Ende werden viele dieser Prognosen und Einstufungen aber durch die Realität über den Haufen geworfen. Nahezu jedem Bundesliga-Klub ist es zuzutrauen, in einem gewissen Rahmen für Überraschungen zu sorgen. Zumindest ab Platz 2 kann sich die Bundesliga über Spannung nicht beklagen. Dennoch ist die Tendenz unverkennbar, dass sich die Platzierungen vieler Klubs zunehmend zementieren. Die Bayern werden Schwierigkeiten haben, ihren Titel nicht erneut zu verteidigen. Die regelmäßigen Champions League Teilnehmer Dortmund oder Leverkusen sollten selbst in einer katastrophalen Saison immer noch mindestens europäisch vertreten sein. Die europäische Elite hat sich zum Ziel gesetzt, unter sich zu bleiben und nutzt die Geldmaschine Champions League, um sich über Jahrzehnte hinaus finanzielle Planungssicherheit zu verschaffen. Es ist ein Armutszeugnis, dass die Liga seit Jahrzehnten gute Miene zu diesem allzu neokapitalistischen Spiel macht und nicht geschlossen Wege findet, um die Abstände nach oben signifikant zu verringern. Inzwischen sind die Verhältnisse allerdings so stark zementiert, dass ein Zurück kaum noch möglich erscheint.