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FC SevillaIst es ein gutes Zeichen, wenn sich der Gegner hinterher beeindruckt zeigt? „Sie haben uns heute vor viele Probleme gestellt und uns teilweise auch unsere Grenzen aufgezeigt“ sagte Sevillas Trainer Emery hinterher über die Borussen. Und Mittelfeldspieler Vidal frohlockte, jetzt könne Sevilla auf keinen Gegner mehr treffen, „der noch mehr Qualität mitbringt als Mönchengladbach heute“. Die Gladbacher haben gerade in der Offensive viel getan, um solche Elogen zu verdienen. Ihre Defensive aber zeigte sich ungewohnt spendabel. Und so schwang im spanischen Lob neben der Erleichterung nach einem harten Stück Arbeit vielleicht auch etwas Dankbarkeit über großzügige Willkommensgeschenke mit.

So schon nach acht Minuten, als die Borussen viel zu früh viel zu weit aufgerückt waren, Vidal am Ende des sich so ergebenden Konters zu einfach flanken durfte und Stranzl den Abschluss für Bacca gleich selbst erledigte. So in der 26. Minute, als Dominguez und Vitolo einträchtig nebeneinander her liefen, wie zwei Kollegen, die sich in der Mittagspause zum Joggen verabredet haben. Und so in der 68. Minute, als Granit Xhaka durch einen zwar vergleichsweise harmlosen, aber unnötigen Tritt einem spanischen Laienschauspieler die Gelegenheit für eine große Sterbeszene mit anschließender Wunderheilung schenkte.

Das ist die eine Geschichte dieses Spiels: die Borussia, die in ungestümer Naivität Einfallstore öffnete, durch die ein abgezockter Gegner dankbar spazierte. Aber es gibt auch die andere Geschichte: die Borussia, deren unbändiger Wille auch von zwei Rückstände nicht gebrochen wurde. Die in der Offensive mit variablem, ideenreichen und technisch anspruchsvollem Spiel einen Dauerdruck erzeugte, der zu zwei hoch ansehnlichen Toren führte und mit etwas mehr Glück und einem anderen Schiedsrichter auch zu fünf oder sechs hätte führen können. Latte, Pfosten und zwei Szenen, bei denen sich die Spanier über einen Elfmeter wahrlich nicht hätten beschweren können. Xhaka, der Janus dieses Spiels, zeigte sich als Ballverteiler streckenweise überragend, Hazard war ein steter Aktivposten, Raffaels Formkurve zeigte steil nach oben. Borussias Offensive bereitete ein Festmahl für Fußballgourmets, die Defensivleistung versalzte es.

Nun also das Butterbrot Paderborn. Die vorerst letzte Gelegenheit, nach einem internationalen Auftritt ein Bundesliga-Spiel zu gewinnen, und so die Aussicht auf weitere Gelegenheiten dieser Art in der kommenden Spielzeit zu erhöhen. Im Borussia-Park trifft man auf einen Gegner, dessen Rückrunde mit „durchwachsen“ schmeichelhaft umschrieben wäre. Drei deftige Klatschen gegen den HSV, Mainz und die Bayern stehen zu Buche, dazwischen ein torloses Remis in Köln (wo kaum jemand ein Tor kassiert), immerhin auch ein 2:1-Ausrufezeichen in Hannover, das Albin Meha durch einen direkt verwandelten Freistoß elf Minuten vor Schluss entschied.

Unter dem Strich sind das vier Punkte bei einem Torverhältnis von 2:15. In der Hinrunde holte Paderborn gegen die gleichen fünf Gegner noch 8 Punkte, das Torverhältnis damals 7:6. Vor dem Erfolg in Hannover hatten die 07er zehn Spiele in Folge nicht gewonnen. In der Tabelle standen sie am zehnten Spieltag, ab dem die Tabelle ja angeblich Aussagekraft gewinnt, auf Rang 7 und sind inzwischen auf Rang 15 abgerutscht. Keine andere Mannschaft der Liga verursachte so viele Strafstöße, meistens durch naiv-ungestümes Einsteigen.

Es ist also alles andere als ein übermächtiger Kontrahent, der in den Borussiapark kommt. Zudem ein defensiv geschwächter: Linksverteidiger Hartherz, ein Opfer der unsinnigen Doppelbestrafung, muss rotgesperrt zusehen, Innenverteidiger Rafa Lopez zwicken die Adduktoren.  Beide gingen zwar in München mit unter, vor allem Lopez war aber beim einzigen Rückrundenerfolg einer der Stabilisatoren. Ihn könnte Strohdieck oder Ziegler ersetzen. Viel vorgenommen hat sich Lukas Rupp, der unlängst sein Verhältnis zu Lucien Favre als „distanziert“ beschrieb. Ihn auf Distanz zum Gladbacher Tor zu halten, würde Borussias Distanz zu den eigenen Ambitionen verringern. Willkommensgeschenke wurden in dieser Woche im Borussia-Park schließlich schon genug verteilt.

Borussia Mönchengladbach: Sommer – Korb, Brouwers, Stranzl, Dominguez – Xhaka, Kramer – Traoré, Johnson – Raffael, Hrgota.
SC Paderborn 07: Kruse – Strohdieck, Ziegler, Hünemeier, Brückner – Rupp – Koc, Bakalorz, Vrancic, Meha – Kachunga.

Schiedsrichter: Michael Weiner.
Assistenten: Norbert Grudzinski, Holger Henschel.
Vierter Offizieller: Bibiana Steinhaus.

SEITENWAHL-Meinung:

Christoph Clausen: Ein Feuerwerk wird es nicht, die Borussen sind müde. Aber Paderborn fehlt die Effizienz des FC Sevilla. So reicht den Gladbachern eine überschaubare, durchaus auch fehlerbehaftete Leistung zu einem 2:0-Heimsieg.

Michael Heinen: Wie wird die Mannschaft den tollen Europacup-Fight und das bittere Ausscheiden physisch und psychologisch verkraften? Schon 2 1/2 Tage später gegen einen Underdog wie Paderborn zu spielen, wo jeder einen Sieg erwartet, ist extrem undankbar. Entsprechend schwer wird sich Borussia tun, um am Ende aber doch mit 1:0 siegreich zu sein.

Thomas Häcki: Eben noch Lehrstunde gegen Sevilla und nun Paderborn? Wie undankbar. Die Borussia tut sich schwer gegen den Aussenseiter und wird mit einem 1:1 auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt.

Christian Spoo: Borussia tut sich auch gegen den Abstiegskandidaten alles andere als leicht, es reicht am Ende dennoch für den nächsten Dreier. Um den 2:1-Sieg muss allerdings bis zum Schlusspfiff gezittert werden.