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Seit dem 2. Spieltag schwankt Borussia im gesicherten Tabellenmittelfeld zwischen den Plätzen 7 und 13. Mit dem 1:0 über Hannover und den gleichzeitig kollektiven Punktverlusten der Konkurrenz ist man so nah wie selten an die begehrten Europacup-Ränge herangerückt. Die Lehren aus diesem so erfolgreichen letzten Spieltag sind dabei größtenteils nicht neu,verstärken aber die Tendenzen der vergangenen Wochen. Es war noch lange nicht alles Gold im Spiel gegen die Niedersachsen. Gegen einen solch schwachen Gast hätte eine Spitzenmannschaft den einen oder anderen Konter gefahren und zur Absicherung des Ergebnisses erfolgreich beendet. In den letzten 40 Spielminuten wurde allerdings keine einzige zwingende Torchance herausgespielt. Dies war in den 50 vorherigen Minuten anders, wo es ein wenig an der zuletzt so

hervorstechenden Effizienz mangelte.

 

Dass immer noch eine mehr als realistische Chance auf die Europa League und sogar nur noch ein Punkt Rückstand auf die Vorjahres-Endplatzierung 4 besteht, ist in allererster Linie der schwachen Konkurrenz zu verdanken. Bis auf die 3 diesjährigen Topmannschaften präsentiert sich keine Mannschaft konstant und hochklassig genug, um sich vom mittelmäßigen Rest abzusetzen. Bis auf Schalke 04 ist zwar keiner der Konkurrenten allzu viel stärker besetzt als Borussia. Man sollte aber nicht den Fehler machen zu glauben, dass die nominell schwächer klingenden Spieler aus Freiburg, Mainz oder Frankfurt in der Gesamtheit allzu weit hinter der Borussen-Elf stehen. Die Leistungsunterschiede sind auf den Plätzen 4 bis 10 gering. Echte Spitzenklasse verkörpern im Grunde nur die drei darüber stehenden Vereine. Von der neuformierten Borussen-Mannschaft sollte aber auch nicht zu viel erwartet werden nach dem Abgang des besten Defensivspielers der Liga sowie des aktuellen Fußballer des Jahres. Unter den somit gegebenen Voraussetzungen ist das aktuelle Tabellenbild höchst beachtlich.

 

Filip Daems ist der bessere Linksverteidiger

 

Nichts gegen Oscar Wendt, der seine Aufgabe gegen Hannover auf der linken Defensivseite ordentlich erledigte. Durch Arangos Ausfall zur Halbzeit rückte er anschließend in die offensivere Mittelfeld-Rolle, die ihm ganz offensichtlich weniger behagt. Der Leistungsunterschied zu Kapitän Filip Daems ist nicht riesig, er ist aber gegeben. Der Belgier, der in seinen ersten Borussen-Jahren ein steter Unsicherheitsfaktor gewesen war, besticht seit der Inthronisierung von Lucien Favre durch erstaunliche Konstanz und Abgeklärtheit. Defensiv ist er eine Bank und dem Schweden noch einiges voraus. Dessen Vorteile in der Offensive sind dagegen weit marginaler. Zwar ist er bemühter, sich im Spiel nach vorne einzubringen. Im Ergebnis kann aber auch Wendt nicht als der herbeigesehnte Flankengott angesehen werden, der Luuk de Jong unablässig mit Vorlagen füttert. Überhaupt: Wer einfordert, Borussia solle mal eben sein Spiel um- und auf den neuen Holland-Stürmer einstellen, der verkennt, dass hierzu zunächst einmal die adäquaten Spieler vorhanden sein müssten. Weder Jantschke, Herrmann, Arango, Wendt oder Daems sind ausgewiesene Experten für hohe Flanken aus dem Spiel heraus und es wäre naiv zu glauben, dass sich dies durch ein paar Trainingseinheiten ändern ließe.

 

Borussias Defensive ist wieder stabil

 

Spätestens als Marc-Andre ter Stegen im Februar innerhalb weniger Tage zweimal in Folge drei Gegentore kassierte, galt Borussias einst so stabile Defensive als größtes Sorgenkind. Seitdem hat der Keeper aber in den letzten 5 Bundesligaspielen nur noch insgesamt dreimal hinter sich greifen müssen. Die einst so goldene Regel, dass sich Borussia in keiner Partie mehr als ein Tor fängt, ist in den letzten Wochen wieder zum Leben erweckt worden. Neben der tadellosen Viererkette ist hier das defensive Mittelfeld zu loben, das in seiner Bewertung oft zu schlecht weg kommt. Gerade Thorben Marx hat bei vielen Fans einen schweren Stand, weil er aus Sicht dieser der weiteren Entwicklung von Borussia im Wege stehen könnte. Dabei wird übersehen, dass jener Marx ganz entscheidenden Anteil daran hat, dass die Mannschaft überhaupt noch von Europa träumen darf. Der Ex-Bielefelder wird in den letzten Jahren seiner Karriere nicht mehr zum großen Spielstrategen mutieren – dafür sind seine Fähigkeiten offensichtlich zu überschaubar. Ohne Zweifel sind die Hoffnungen auf einen entsprechenden Leistungsschub bei einem 20jährigen wie Granit Xhaka, der bereits in Basel und mit der Schweizer Nationalmannschaft imposante Leistungen erbracht hat, größer. Trotz alledem tut Favre gut daran, in jedem Spiel die elf Spieler auf den Platz zu beordern, die aus seiner Sicht die größten Erfolgsaussichten zum Gewinn der Partie versprechen lassen. Und hier ist bei Betrachtung der bisherigen Saisonleistungen mehr als offensichtlich, warum Marx immer wieder den Vorzug erhält. Im Gesamtpaket ist Marx für die Mannschaft bislang wertvoller.

 

Xhaka wird in den kommenden Wochen und Monaten noch ausreichend Gelegenheiten bekommen, an dieser Einschätzung zu kratzen. Es ist auch völlig verfrüht, angesichts der erneuten Nicht-Berücksichtigung des Schweizers schon jetzt von einer „letzten Chance“ zu sprechen. Im Fußball kann es sehr schnell gehen. Schon ein überragender Kurzeinsatz, eine Verletzung oder Sperre können die Karten vollkommen neu mischen. Tolga Cigerci reichte in der vergangenen Saison eine einzige Toppartie beim sportlich wertlosen Auswärtssieg in Mainz, um in den Augen vieler Experten und Fans zum großen Hoffnungsträger für die aktuelle Saison aufzusteigen. Vor diesem Spiel galt er für denselben Personenkreis als beinahe aussichtsloses Talent, das den Sprung ins Stammteam kaum noch schaffen dürfte. Genauso sollte man auch Xhaka noch nicht endgültig abschreiben. Er selbst sollte sich vielmehr bewusst machen, dass er in jedem Training und mit jedem (Kurz-)Einsatz Argumente für seine sportliche Zukunft bei Borussia liefern kann. Wenn ihm dies nicht gelingt, ist dies einzig ihm selbst anzulasten und ganz bestimmt nicht dem Trainer, der sicherlich nicht freiwillig auf einen Spieler verzichten würde, der seine Mannschaft verbessert.

 

Borussias Offensive kommt langsam in Fahrt

 

Auch ohne einen hoffentlich irgendwann erstarkenden Xhaka machen speziell die ersten 50 Minuten aus dem Hannover-Spiel Mut. Arango, Younes, Herrmann und de Jong sind noch weit entfernt von einem „magischen Viereck“ wie es Herrmann und Arango im Vorjahr mit Hanke und Reus gebildet haben. Sie verfügen aber allesamt über offensichtliche Qualitäten, die Borussias Hauptmanko der bisherigen Saison lindern helfen sollten – die geringe Anzahl zwingender Torchancen aus dem Spielgeschehen heraus. Amin Younes ist zuzustimmen, dass gerade ihm noch das absolut blinde Verständnis mit seinen Nebenleuten fehlt. Nach bislang zwei Spielen in dieser Offensivbesetzung wäre es aber auch ein mittleres Wunder, wenn dies bereits jetzt vorhanden wäre. Younes und Herrmann deuten in einigen Situationen an, welche Waffe sie im Zusammenspiel bilden können. Gegen ihre Schnelligkeit und ihren Trickreichtum wird sich jede Defensive schwer tun. Wenn dann noch de Jong als weniger schneller, aber dafür umso torgefährlicher Pendant mit eingebunden werden kann, dann verfügt Borussia über einige Varianten, um mehr Torgefahr zu erzeugen als zuletzt, als diese nahezu exklusiv aus Standardsituationen resultierte. Nicht nur der Weltklasse-Pass von Herrmann auf de Jong hat vorgemacht, wie es gehen kann, wenn die Laufwege aufeinander abgestimmt sind.

 

Noch ist nichts erreicht

 

Bei aller Freude über die verbesserte Leistung gegenüber dem ernüchternden Remis gegen Bremen und dem auch sonst so erfreulich verlaufenen Spieltag. Bislang hat Borussia nur ihr Mindestziel erreicht – nichts mit dem Abstieg zu tun zu haben. Für das eigentliche Saisonziel, ein einstelliger Tabellenplatz, bestehen beste Aussichten und dies würde auch am ehesten die bisherige Saisonleistung widerspiegeln. Wenn man aber so nah an die Europacup-Plätze herangerückt ist und zudem mit 8 Punkten aus den letzten 4 Spielen einen höchst erfreulichen Trend vorweisen kann, so ist es nicht vermessen, jetzt auch den letzten entscheidenden Schritt anzuvisieren.

 

In 14 Tagen wird es hierzu das nächste so genannte „6-Punkte-Spiel“ beim SC Freiburg geben. Die Elf von Christian Streich steckt momentan zwar in der Ergebniskrise. Die zuletzt 10 Gegentore aus den beiden Spielen gegen Wolfsburg und Dortmund dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, wie der deutsche Meister im eigenen Stadion über 40 Minuten hinweg beherrscht wurde. Ein Sieg im Breisgau wird alles andere als leicht. Schon im Hinspiel zeigten die Freiburger, wie unbequem sie zu spielen sind und Borussia wird sich gegenüber dem Hannover-Spiel noch einmal ebenso deutlich steigern müssen, um auch hier bestehen zu können. Noch hat die Mannschaft in dieser Saison nichts erreicht. Die inzwischen wieder realistische Aussicht auf eine Wiederholung der so imposanten Fahrten durch europäische Großstädte wie Marseille, Istanbul, Kiew oder Rom sollte aber nicht nur für die Fans, sondern gerade auch für die Spieler Anreiz genug sein, in den letzten 8 Partien noch einmal alles zu geben.