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Das letzte Heimspiel im Borussia-Park im Jahr 2012 steht an. Im Vergleich zum rauschhaften 2011 gab es im ablaufenden Kalenderjahr weniger Anlass zum Zungeschnalzen, der Zauber der frühen Ära Favre ist etwas verflogen und auch die Euphorie in der Anhängerschaft ist futsch. Klar ist aber auch: Borussia 2012 ist saisonübergreifend gesehen ein sehr ordentliches Bundesligateam, das das klare Zeug dazu hat, sich aus dem Abstiegskampf komplett herauszuhalten, vom Leistungsvermögen her ins obere Tabellenmittelfeld gehört. Am Sonntag gibt es noch einmal eine Aufgabe, die den Fans zeigen könnte, wo genau Borussia am Ende dieses Jahres steht. Mit Mainz 05 kommt eine Mannschaft, die etwas überraschend sogar vor den Gladbachern steht und die mit ihrer starken Defensive eine echte Herausforderung für das in dieser Saison eindeutig noch optimierungsfähige Angriffsspiel Borussias darstellt.


Istanbul: was bleibt?

 

„Kombiniere doch den Bericht zum Istanbul-Spiel mit der Vorschau auf Mainz“, das war der gut gemeinte Ratschlag der Seitenwahl-Kollegen für den heutigen Tag. Allerdings wird es sich um das Spiel zweier komplett verschiedener Borussen-Teams handeln. Auch wenn viele Spieler aus der zweiten Garnitur in Istanbul klar zeigten, dass sie Fußball spielen können und das durchaus auch miteinander, ist kaum damit zu rechnen, dass sich einer aus dieser Garde stante pede in die erste Elf gespielt haben wird. Ein Kandidat wäre mit Sicherheit Granit Xhaka. Der zu Recht viel gescholtene Schweizer zeigte in Istanbul das, was Lucien Favre von einem defensiven Mittelfeldspieler erwartet: eine solide, unaufgeregte und sichere Leistung ohne Sperenzchen und ohne das dringende Bedürfnis, sich in den Vordergrund zu drängen oder die Mitspieler gestenreich zu „motivieren“. Wenn Xhaka diese Disziplin und Selbstbescheidung konservieren kann, ist mit ihm spätestens in der Rückrunde wieder zu rechnen. Womöglich sieht die Doppel-Sechs der Zukunft genauso und doch anders aus, als vor der Spielzeit erwartet: Nordtveit und Xhaka, aber mit dem Norweger in der offensiveren Rolle. Womöglich bleibt aber auch alles, wie es ist, denn Thorben Marx wird zwar im Borussia-Park nicht mehr zum Publikumsliebling, einen anderen Grund, ihn aus der Mannschaft zu nehmen, hat er bisher aber nicht geliefert.

 

Spektakulär war in Istanbul stellenweise das, was die offensiven Außenspieler boten. Tolga Cigerci erzielte ein wunderschönes Tor, Branimir Hrgota und Amin Younes begeisterten die Zuschauer mit starken Dribblings, im Gegensatz zum erwähnten Wasser-und-Brot-Fußballer Marx gehören die beiden zum Typ Fußballer, der schnell die Herzen der Zuschauer erobert. In der Tat waren die Aktionen, die den Toren zum 2:0 und 3:0 vorausgingen richtig stark. Das zu hoch zu hängen, sollte man sich allerdings hüten. Das Spiel gegen Istanbul war, wenngleich nett anzusehen, doch eher ein Freundschaftsspiel. Wettbewerbsbedingungen sehen anders aus, am Donnerstag ging niemand hart auf den Mann, wurden keine erbitterten Zweikämpfe geführt, leistete kein Abwehrspieler Gegenwehr bis zur Erschöpfung. Auch das zum Strafstoß führende Foul von Bienvenue gegen Hrgota war eher eine Ungeschicklichkeit als eine heroische Rettungstat. Ob und wie die feinen Techniker in der Bundesliga funktionieren, lässt sich nach einem Spiel wie bei Fenerbahce nicht wirklich prognostizieren. Younes und Hrgota haben gezeigt, dass sie gute Anlagen haben, mehr erst einmal nicht. Auch vor der Saison haben diese beiden Spieler in Testspielen einiges gezeigt und wurden von vielen Beobachtern schon als Startelfkandidaten oder im Falle Younes gar mehr gesehen. Die zahlreichen Chancen, die Lucien Favre Hrgota in Bundesliga und Euro-League eingeräumt hat, zeigten eins recht deutlich: die jungen Leute müssen noch viel lernen.

 

Davon abgesehen dürfte Julian Korb froh sein, dass er überhaupt einmal zeigen konnte, was und wo er spielen kann. Alexander Ring belegte zumindest seine Polyvalenz, ohne zu glänzen. Tolga Cigerci lieferte trotz des Tores wenig Argumente, die für mehr Bundesliga-Spielzeit oder gar eine dauerhafte Verpflichtung. Im Sturm belegte Peniel Mlapa, dass er in der Stürmer-Hierarchie zu Recht hinter Mike Hanke, Patrick Herrmann und Igor de Camargo steht. Luuk de Jong wird zunächst einmal erleichtert sein, dass er seine Verletzung überwunden hat. Sein Tor wird ihm gut tun, wenngleich diesen Ball vermutlich nicht einmal Max Eberl am Tor vorbei bugsiert hätte. Nicht einmal in der Form des Jahres 2012.

 

Lange Rede, kurzer Sinn: die Startelf gegen Mainz wird aller Voraussicht nach die gleiche sein, die auch die Spiele gegen Wolfsburg und in Gelsenkirchen begann.

 

Der Gegner aus Mainz

 

Mainz 05 gehört bis zum jetzigen Zeitpunkt zu den Überraschungsteams der Saison. Derzeit steht die Mannschaft auf einem Europa-League-Platz. Zuletzt konnten die Rheinhessen den großen Rivalen Eintracht Frankfurt in dessen Stadion besiegen und gegen den Europa-League-Teilnehmer Hannover in Unterzahl gewinnen. Auch gegen Meister Dortmund konnte Mainz überzeugen und verlor nur unglücklich. Kurz gesagt: die Mannschaft ist in hervorragender Verfassung.

 

Grundlage für den Mainzer Erfolg in dieser Saison ist eine sichere Defensive. Die Viererkette funktioniert trotz des langfristigen Ausfalls von Innenverteidiger Niko Bungert ausgezeichnet. Der in der vergangenen Saison noch als kommender Nationalspieler gehandelte Jan Kirchhoff spielt dabei in dieser Saison nur eine Nebenrolle, zu Beginn der Saison kämpfte der 22-jährige mit seiner Form, als er sich gerade zurückgekämpft hatte, setzte ihn eine Verletzung außer Gefecht. Der lange Defensive, der sowohl in der Innenverteidigung als auch auf der „Sechs“ spielen kann, wurde immer wieder als möglicher Gladbacher Neuzugang gehandelt. Im Borussia-Park dürfte Kirchhoff aber bestenfalls als Einwechselspieler zum Zuge kommen. Unangefochtener Stammspieler ist in der Mainzer Innenverteidigung stattdessen mit Bo Svensson ein Ex-Borusse. Daneben spielt mit Nikolce Noveski ein Dauerbrenner. Seit  fast neun Jahren im Verein hat der Mazedonier in dieser Saison noch keine Bundesliga-Minute verpasst. Auf den Außenpositionen ist Zdenek Pospech rechts gesetzt, links bekam Radosloav Zabavnik zuletzt den Vorzug vor dem Costa-Ricanischen Neuzugang Junior Diaz.

 

Hinter der Viererkette ist Thomas Tuchel allerdings am Sonntag zum Experimentieren gezwungen. Stammkeeper Christian Wetklo sah gegen Hannover die rote Karte wegen Handspiels außerhalb des Strafraums. Der bei Manchester City ausgebildete Nachwuchskeeper Louis Karius vertrat ihn gut,  allerdings meldet sich auch der lange verletzte Routinier Heinz Müller rechtzeitig zum Spiel in Gladbach wieder fit. Der 34-jährige Publikumsliebling hat in dieser Saison noch keine Minute gespielt, was wohl eher für eine erneute Chance für den 19-jährigen Karius spricht.

 

Dass Mainz im 4-4-2-System spielen wird, scheint klar. Nur selten stellt Thomas Tuchel sein Team auf das Spiel mit einem Stürmer um, zuletzt im Heimspiel gegen Dortmund. Das Vierermittelfeld agiert variabel mal in der Rautenformation, mal mit Doppelsechs. Da Julian Baumgartlinger nach abgelaufener Sperre ins Team zurückkehren kann, spricht einiges für die Rauten-Variante. Soto und Polanski, die gegen Hannover für die doppelte Absicherung vor der Abwehr gesorgt hatte, würden in diesem Fall auf die Außenpositionen verschoben. Nicolai Müller müsste trotz guter Leistung und Tors gegen Hannover wieder auf die Bank. Hinter den Spitzen wird der torgefährliche Österreicher Andreas Ivanschitz erwartet.

 

Im Sturm hat Adam Szalai nach einer kurzen Dürrephase gegen Hannover wieder getroffen. Mit neun Treffern in dieser Saison ist der Ungar der mit Abstand gefährlichste Mainzer. An seiner Seite wird im Borussia-Park wohl wieder der Shooting-Star der vergangenen Wochen auflaufen. Der 19-jährige Shawn Parker, der aus der Mainzer Jugend kommt, gab in Frankfurt sein Startelf-Debut. Dort machte er ein Riesenspiel, bereitete ein Tor vor und erzielte ein weiteres selbst. Auch in Hannover durfte der U20-Nationalspieler wieder mitmachen, wieder war er an einem der Mainzer Tore beteiligt. Der zu Saisonbeginn verpflichtete Ivan Klasnic spielt dagegen bisher überhaupt keine Rolle, außer zwei Kurzeinsätzen hatte der erfahrene Kroate noch keine Gelegenheit, sich zu bewähren.

 

Aufstellungen


Borussia: ter Stegen - Jantschke, Stranzl, Dominguez, Wendt - Marx, Nordtveit - Rupp, Arango - Herrmann, de Camargo

Mainz: Karius - Pospech, Svensson, Noveski, Zabavnik - Baumgartlinger, Soto, Polanski, Ivanschitz - Szalai, Parker

Schiedsrichter: Kinhöfer

 

 

Seitenwahl-Prognose

 

Christian Spoo: Wenn eine mäßig erfolgreiche Offensivformation auf eine starke Defensivformation trifft, spricht das nicht für Karneval im Mainzer Strafraum (hier grunzt das Platitüdenschwein wohlig). Weil aber auch Borussia hinten nicht viel zulässt, endet das letzte Heimspiel des Jahres 0:0.

 

Michael Heinen: Wenn die B-Elf in Istanbul 3:0 gewinnt, wie hoch sollte die A-Elf dann erst daheim gegen Mainz gewinnen? Das Milchmädchen hat am Sonntag leider frei. Deswegen reicht es "nur" zu einem mühsamen 2:1-Sieg. 

 

Christoph Clausen: In acht Auswärtsspielen blieben die Mainzer nur ein einziges Mal ohne Gegentor. Borussia macht es besser als der VfL Wolfsburg und trifft. Und zwar gleich mehrfach. Nach dem 3:1-Heimsieg fährt das Team von Lucien Favre guter Dinge nach München.

 

Thomas Häcki: Können wir eigentlich zweimal hinternander den gleichen Trend? Wenn nicht, gibt es ein 1:1.