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tsghoffenheim Es ist soweit - es geht auf in die so oft beschworene Doppelbelastung der Europacup-Teilnehmer, um die Borussia die anderen Clubs so lange beneidet hat. Raus mit Kiew und dem internationalen Flair aus den Köpfen, rein mit Hoffenheim und dem Bundesliga-Alltag, ohne den es nächstes Jahr sicher nichts wird mit internationalem Flair. Raus aus den Köpfen auch mit der selbst eingeschusselten Niederlage vom Dienstag und der verpassten großen Chance auf mehr.


Borussias erstes Europapokalspiel seit einer halben Generation verlief sehr unglücklich. Was nicht heisst, das die Niederlage nur von Pech herrührt. Das 1:3 scheint alle Skeptiker zu bestätigen, die von mangelnder internationaler Erfahrung sprachen, tatsächlich wird dieses Argument und die "mangelnde Reife" der Mannschaft überall als Grund für das nun sehr wahrscheinliche Ausscheiden genannt. Dabei ist das Geschehene mehreren Interpretationen offen. Sicher muss man Mikhalyk nicht vor dem Strafraum zum Schuss kommen lassen. Aber wieviele Schüsse nach Ecken gehen von dieser Position aus rein, zumal Daems den Ball noch abgefälscht hatte? de Jongs "ersten Treffer" kann man auch nicht so kategorisieren, dass der Ball in der Liga über die Latte geht und im Europacup eben im eigenen Tor einschlägt. Es ist ohnehin eine Tatsache, dass Fußball weniger berechenbar ist als andere Sportarten und mehr für Zufälle zugetan, mithin Glück oder Pech. Je nach Blickwinkel.

Allerdings kann man keine Mannschaft fortentwickeln, wenn man alles dem Pech zuschreibt. Das ist angesichts des Gegentreffers zum 1:2 auch nicht nötig. Xhakas Fehlpass und Jarmolenkos Alleingang waren ein Musterbeispiel naiver Abwehrarbeit und wurden angemessen geahndet. Wenn die Mannschaft aus Fehlern lernen kann, dann hieraus hoffentlich sehr viel. Ohnehin wäre es nach dem Ausgleich kaum nötig gewesen, sich aufzustellen wie nach einem 0:1 in der 89. Minute. Kiew hatte vorher zu verstehen gegeben, dass sie sich bei konsequenter Spielweise durchaus packen lassen und dazu wäre noch über eine Stunde Zeit gewesen. Da war es nicht nötig, dem Gegner wieder so auf die Beine zu helfen.

Denn man darf auch festhalten, dass die Ukrainer bis zum Ausgleich lange unter Druck standen. Wenn in dieser Phase auch wenig klare Chancen herauskamen, so taugte die Spielweise insgesamt sehr gut als Modell für das ganze Spiel. Die Borussen setzten druckvoll in der gegnerischen Hälfte nach, holten sich den Ball zurück, kamen teilweise direkt zu Schussmöglichkeiten wie bei Granit Xhakas scharfem Ball, der am langen Eck vorbeirauschte. Wenn fußballerisch und in den Zweikämpfen bis dahin ein Unterschied auszumachen war, dann eher zu Gunsten der Gladbacher als für die erfahreneren Spieler  von Dynamo Kiew. Und auch der Rest des Spiels war keine fußballerische Lehrstunde für die Fohlen. Aber irgendwann muss man bei allen positiven Feststellungen nicht mehr am Endergebnis vorbei und der Frage, woran es denn nun liegt.

Von vielen spekulativen Ansätzen seien einmal zwei Einzelbeobachtungen herausgegriffen. Da ist zum einen Granit Xhaka, der in der Offensive viel auffälliger ist als Roman Neustädter, defensiv aber ebensoviel weniger vorhanden. Wenn man bedenkt, wieviel Zeit der Neuschalker brauchte, um sich auf der Position einzuspielen und für die Mannschaft so wertvoll zu werden, dann sind Xhakas Aussetzer einerseits verständlich, andererseits bedenklich. Und für de Jong gilt, sehr diplomatisch formuliert, dass wenn er nicht Marco Reus ist, man ihn nicht wie Marco Reus einsetzen sollte. Thema auf Wiedervorlage. Nachdem Favre etwas überraschend über zu ähnliche Typen im Sturm geklagt hat, kann es auch sein, dass er de Jong durch einen anderen Nebenmann als de Camargo zu verbessern sucht.

Am Samstag spielt Borussia Mönchengladbach gegen Hoffenheim. Was für eine Ankündigung - nach dem so wichtigen Dienstag in Echtzeit und Historie kommt die überflüssigste Idee jemals von einer Bundesligamannschaft. Aber im Gegensatz zum Spiel vor 5 Monaten kommen wir da heute nicht drumherum.

Das in den vergangenen Tagen geäußerte "Hoffenheim ist ja jetzt nicht gerade Kiew" ist zwar in seinem Wahrheitsgehalt nicht anzuzweifeln, aber bestimmt keine gute Vorbereitung. Das dramatisch schlechte 0:4 der Sinsheimer gegen den viertklassigen AK Berlin darf zwar gerne zur Schadenfreude genutzt werden, aber es ist sicher kein Gradmesser für das Leistungsvermögen der Mannschaft. Jenes ist anfangs der Saison kaum richtig einzuschätzen, aber in Gladbach pflegt Babbels Mannschaft leider keine Siege zu verschenken.

Ironisch Gesinnte äußern die Hoffnung, dass sich das mit Tim Wiese ändert. Der hat in seiner Bremer Zeit vier mal im Borussia Park verloren und weiss also, wie es geht. Seinen Transfer nach Hoffenheim kann man sich nur finanziell zu erklären, denn sportlich wird es im Kraichgau auf absehbare Zeit auch nicht viel besser aussehen als an der Weser. Die Sinsheimer wiederum konterkarieren ihre einstigen Ankündigungen von "Talenten aus der Region" und holen sich zwar einen gestandenen Bundesligatorwart, man darf ihnen aber auch den Gedanken an die PR-Wirkung eines der Nationaltorhüter unterstellen. Eine wirkliche Verstärkung dürfte aber die Verpflichtung von Eren Derdiyok von Bayer Leverkusen sein. Der wuchtige und kopfballstarke Stürmer tauscht den Konkurrenzkampf bei Bayer mit einem Stammplatz bei Hoffenheim und dürfte seinem Team die erhoffte Durchschlagskraft sichern, zumal mit der Unterstützung durch den dribbelstarken und torgefährlichen, aber sehr unkonstanten Firmino.

Die Abwehr steht erst einmal mehr in Frage, auch wenn der in Berlin gesperrte Compper in die Mannschaft zurückkehrt. Vestergaards Auftritt war so desaströs  und darin zeitweise auch von Wiese unterstützt, dass die Borussen nachdrücklich versuchen sollten, hier ihre Chance zu suchen. Wenn sie sie nutzen, ist vielleicht der erste Profit aus der internationalen Erfahrung gewonnen.


Aufstellungen:

Borussia: ter Stegen; Jantschke, Stranzl, Dominguez, Daems; Herrmann, Nordtveit, Xhaka, Arango; de Camargo, de Jong

Hoffenheim: Wiese; Beck, Vestergaard, Compper, Johnson; Rudy, Salihovic; Vukcevic, Volland, Firmino; Derdiyok



SEITENWAHL-Meinung

Christoph Clausen: Zu den Gebeutelten reisen die noch Gebeutelteren. Gegen Kiew drei Tore zu kassieren ist zweifellos weniger ehrenrührig als gegen den Berliner AK deren vier. Am Samstag fällt nur ein Tor, erfreulicherweise für die Heimmannschaft.

Thomas Häcki: Das sich das Team erst noch finden muss, sollte am Dienstag auch dem letzten euphorisierten Beobachter klar geworden sein. Zum Glück hat man in Hoffenheim das gleiche Problem. Die Borussia bezwingt ihren Angstgegner mit 2:1.

Michael Heinen: Borussia ist der Schock nach der unglücklichen Europacup-Niederlage noch anzumerken, so dass sich ein schwieriges Spiel ergibt. Nach dem 0:0 bemängelt Lucien Favre einmal mehr, dass die Durchschlagskraft gefehlt habe.

Christian Spoo: Kiew in den Köpfen? Mag sein. Aber der Wille war der Mannschaft am Dienstag nun wirklich nicht abzusprechen und dieser Wille wird auch gegen Hoffenheim wieder zu spüren sein. Im Gegensatz zum Kiew-Spiel wird das diesmal ausreichen, um als Sieger vom Platz zu gehen. Borussia gewinnt mit 2:0

Christian Grünewald: Viel vorwerfen konnte man der Borussia gegen Kiew nicht - nachdem man aber doch mehr Lehrgeld bezahlen musste, als es wohl auch Teile der Mannschaft selbst vermutet hätten, wird man an der Situation erst einmal zu knabbern haben. Da dies bei Hoffenheim nach der Pokalblamage ähnlich aussehen sollte, werden beide Mannschaften nicht völlig entsetzt über das 1:1 im Auftaktspiel sein.

Christian Heimanns: Jemand muss herhalten, um den Ärger über die vermeidbare Niederlage gegen Kiew wieder loszuwerden. Das Milliardärsspielzeug bietet sich an und wird mit 2:0 bedient.