Eine Vorschau auf ein Bundesligaspiel ist so eine Sache, wenn am selben Tag das Transferfenster schließt. Vor allem dann, wenn der Gegner Schalke 04 heißt und mit massiven Verletzungsproblemen zu kämpfen hat. Die Schalker sind in diesem Winter aktiv auf der Suche nach Ergänzungsspielern.  Und so ist nicht ganz auszuschließen, dass am Samstag gegen Borussia ein Spieler im Kader steht, der zum Zeitpunkt, an dem dieser Text entsteht, noch gar keinen Vertrag unterschrieben hat. Zwei haben die Gelsenkirchener in dieser Woche schon verpflichtet: Jeffrey Bruma kommt vom VfL Wolfsburg. Der 27-jährige Niederländer wurde mit Kaufoption ausgeliehen. Er soll dem vom Hof gescheuchten Publikumsliebling Naldo ersetzen. In dieser Saison hat der Ex-Chelsea-Spieler noch kein Ligaspiel bestritten, spielte in Wolfsburg keine Rolle mehr. Auch in der vergangenen Saison machte er verletzungsbedingt nicht viele Partien mit. Dass Schalkes Trainer Domenico Tedesco ihn direkt bringt, ist eher unwahrscheinlich. Allerdings fehlt mit Benjamin Stambouli ein weiterer Defensivmann verletzt. Wirklich eng ist die Personalsituation der Schalker aber eher im Offensivbereich. Guido Burgstaller, Breel Embolo und Steven Skrzybski fallen verletzt aus, Franco Di Santo spielt in den Plänen von Tedesco keine Rolle mehr und sollte eigentlich abgegeben werden. Ein Wechsel nach Istanbul hatte sich am letzten Transfer-Tag zerschlagen, womöglich kommt der Argentinier bis 23:59 aber noch anderswo unter. Wenn nicht, könnte er gegen Borussia zum Aufgebot gehören – was bezeichnend sowohl für die Situation am Transfermarkt als auch für die bei Schalke 04 ist. Ein Stürmer soll noch kommen, vorausgesetzt, der di Santo-Transfer lässt sich verwirklichen. Den Kroaten Nikola Kalinic von Atletico Madrid  zu leihen, hat nicht geklappt, was uns um die Diskussion herumbringt, ob ein Spieler, der während eines WM-Turniers aus dem Kader seiner Nationalmannschaft fliegt, sich danach trotzdem Vizeweltmeister nennen darf. Stattdessen interessiert sich Schalke jetzt dem Vernehmen nach für den Spanier Lucas Perez von West Ham United. Der 30-jährige könnte ausgeliehen werden. Einen neuen Mann für die Offensive hat der amtierende deutsche Vizemeister schon verpflichtet, und zwar einen, der angeblich auch bei Borussia im Gespräch war. Der walisische Nationalspieler Rabbi Matondo, bisher Manchester City, soll das Flügelspiel der Schalker verbessern. Zehn Millionen Euro für einen Spieler, der in der Premier League noch kein einziges Spiel bestritten hat – auch das ist bezeichnend für das Fußballgeschäft in diesem Wintertransferfenster. Aus der Not heraus könnte Matondo durchaus schon eine Alternative für das Spiel gegen Borussia sein. 

Schaut man sich das hektische Transfergebaren durch die schwarz-weiß-grüne Brille an, befällt einen ein Gefühl der entspannten Erhabenheit. Bei Borussia besteht kein Bedarf, man konnte es sich leisten, Lazlo Benes für ein halbes Jahr nach Kiel zu verleihen und unverbesserliche Optimisten glauben noch daran, dass Josip Drmic einen neuen Verein findet, ansonsten herrscht Ruhe. Aber Vorsicht: Schalke ist nicht so schlecht, wie man angesichts der Transferaktivitäten und der jüngst vom Präsidenten angedeuteten Unzufriedenheit mit Trainer und Manager glauben könnte.

Der Saisonstart der Gelsenkirchener war eine Katastrophe, später fing sich das Team, wenn es auch noch nicht wirklich stabil wirkt. Letzteres liegt natürlich vor allem an den erzwungenen Personalwechseln wegen der vielen Verletzten. Inwieweit Tedescos Tendenz, jeden Spieler, der sich beim Publikum einer gewissen Beliebtheit erfreut, zu rasieren, zu Stabilität und Ruhe beiträgt, ist diskutabel. Die Personalie Naldo hat niemand verstanden, den Torwartwechsel von Ralf Fährmann zu Alexander Nübel zunächst auch nicht, wobei die Kritiker recht schnell verstummten, als der 22-jährige in den beiden ersten Spielen der Rückrunde eine gute Figur machte. Rundenübergreifend hat Schalke sieben Punkten aus den letzten drei Spielen erzielt, zuhause gab es zuletzt ein 2:1 gegen den VfL Wolfsburg. Beim 2:2 gegen Hertha ging Schalke zweimal in Front und lieferte eine ansprechende Leistung ab. Die Mannschaft dürfte besser sein, als es Tabellenplatz 12 vermuten lässt.

Ist Borussia auf der anderen Seite so gut, wie es Tabellenplatz 3 vermuten lässt? Sechs Punkte zum Rückrundenstart legen nahe, dass das so ist. Andererseits war man beim Spiel in Leverkusen die etwas schwächere Mannschaft und hatte trotz drückender Überlegenheit beim Heimspiel gegen Augsburg lange Zeit Probleme, den Ball im gegnerischen Tor unterzubringen. Wie gut, dass mit Thorgan Hazard ein Spieler wieder fit ist, der das Toreschießen in dieser Saison recht gut beherrscht. Der Belgier dürfte in der Arena auf Schalke in der Startelf stehen, Ibrahima Traoré dafür wieder auf die Bank rücken. Einzig die Frage, wer neben Jonas Hofmann die zweite Achterposition einnimmt, ist ansonsten offen. Florian Neuhaus hatte gegen Augsburg nicht seinen allerbesten Tag. Womöglich geht der Platz in der ersten Elf wie schon in Leverkusen an Denis Zakaria. Trotz der Schalker Stürmernot dürfte der Schlüssel zu einem möglichen Erfolg wieder in der defensiven Stabilität liegen. Die exzellente Zentrale aus Ginter, Elvedi und Strobl wurde bei SEITENWAHL schon hinreichend gerühmt. Yann Sommer sei vor der Partie auf Schalke besonders erwähnt, macht er doch am Samstag sein 150. Spiel für Borussia.

Mögliche Aufstellungen

Schalke: Nübel- Caligiuri, Sané, Nastasic, Oczipka – Rudy, Bentaleb – Kutucu, Serdar, Konoplyanka – Uth

Borussia: Sommer – Lang, Elvedi, Ginter, Wendt – Strobl – Zakaria, Hofmann – Plea, Stindl, Hazard

SEITENWAHL-Prognose

Christian Spoo: Das Spiel wird nicht schön, bleibt lange offen und geht 2:1 für kampf- und willensstarke Schalker aus.

Thomas Häcki: Gladbach ist gut ins neue Jahr gestartet, Schalke aber auch. Mit dem 1:1 können am Ende beide Mannschaften gut leben.

Michael Heinen: Auf Schalke wartet der erste kleine Dämpfer auf die Fohlenelf. Es gibt einen knappen Heisieg durch einen umstrittenen Handelfmeter. Schalke gewinnt 2:1.

Claus-Dieter Mayer: In Gelsenkirchen reicht es nicht, einfach nur die bessere Mannschaft zu sein; die Knappen siegen knapp und glücklich mit 1:0.