Laut Wikipedia ein ehemaliger deutscher Fußballspieler und heutiger Trainer. Nach eigener Wahrnehmung – klassischer Fall einer Parallelrealität – einer, der „schon als Spieler sehr vereinstreu war“ (Quelle: Interview auf Sport1.de vom 30.05.2017) und deshalb eigentlich am Wochenende „mit einer großen Dankbarkeit und Demut“ (Quelle: Focus-Online am 11.Juni 2017) auf der Bank von Jahn Regensburg bei deren Spiel in Aue sitzen sollte. Schicksalhafte widrige Umstände haben das verhindert, Heiko Herrlich – der bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit „christliche Werte“ betont - wurde von Rudi Völler ganz offensichtlich massiv genötigt, Knall auf Fall zu Bayer Leverkusen zu wechseln.

Und so kommt es, dass eben dieser Heiko Herrlich am Samstag auf der Bank des nächsten Gegners von Borussia Mönchengladbach sitzen wird. Von großem Erfolg war dieses Engagement bisher nicht gekrönt, Platz 12 nach acht Spielen, nur zwei Siege, drei Unentschieden und drei Niederlagen entsprechen mit Sicherheit nicht dem Anspruch von Bayer Leverkusen, das trotz der Abgänge von Chicharito, Calhanoglu, Kampl und Toprak nach wie vor über einen qualitativ hochwertigen Kader verfügt. Allerdings auch – dieses Phänomen zieht sich durch die letzten 15 Jahre der Vereinsgeschichte – über eine Kaderzusammenstellung, die zwar an guten Tagen jederzeit für berauschende Momente sorgen kann, gleichzeitig aber fast immer dann versagt hat, wenn es darauf ankam. Deshalb ist es vielleicht kein Zufall, dass zwei der vier prominenteren Neuzugänge, nämlich Dominik Kohr und Sven Bender, weniger für die filigrane und mehr für die kämpferische Seite des Fußballs stehen. Hinzu kommen mit Panagiotis Retsos ein Innenverteidiger, der von der Presse auch schon mal nach Mönchengladbach geschrieben wurde sowie mit Lukas Alario ein argentinischer Stürmer. Dass schon ein gewisser Druck herrschen dürfte, zeigen die Statements vor dem Spiel. Herrlich wird dahingehend zitiert, dass es sich um ein „richtungsweisendes Spiel" handele. Gleichwohl: "Wir dürfen nicht Harakiri spielen. Wenn wir eine gute Leistung bringen und Gladbach hat einen überragenden Tag und es ist dann nur ein Punkt, ist es okay. Dann haben wir zwar immer noch die Momentaufnahme, dass wir zu wenig Punkte haben, um unsere Ziele zu erreichen" (Quelle: kicker.de). Einerseits zeigt dieses Statement: Verlieren ist verboten. Andererseits zeugt es angesichts der Tabellensituation schon von einer gewissen Arroganz davon auszugehen, dass Borussia Mönchengladbach einen überragenden Tag brauche, um gegen eine gut spielende Leverkusener Mannschaft einen Punkt zu holen.

Nicht nur die Tabelle, auch die Bundesligaergebnisse gegen Leverkusen aus den vergangenen Jahren sprechen eine andere Sprache. Die letzten drei Spiele wurden ausnahmslos gewonnen, seit 2011 ist die Bilanz deutlich positiv mit einem negativen Ausreißer in Form der 0:5-Niederlage im Herbst 2015.

Insofern steht aus Sicht von Borussia Mönchengladbach ein Duell mindestens auf Augenhöhe bevor. Für Borussia bietet sich die Chance, eine kleine Serie zu starten, sich in den vorderen Tabellenregionen festzusetzen und einen wahrscheinlichen Konkurrenten um die Qualifikation für das internationale „Geschäft“ (bezeichnend, dass man heutzutage nicht mehr vom internationalen Wettbewerb oder vom internationalen Sport spricht) bereits relativ früh in der Saison deutlich zu distanzieren. Insofern wird auch das Spiel am Samstag darüber entscheiden, ob es sich bei der Tabellensituation wie von Heiko Herrlich postuliert nur um eine Momentaufnahme handelt.

Borussia kann das Spiel wahrscheinlich mit einem unveränderten Personaltableau angehen. Bobadilla fällt weiter aus, Drmic und Doucouré haben Trainingsrückstand, ansonsten sind bis auf die Langzeitverletzten Strobl und Benes alle Mann an Bord. Spannend wie immer wird die Besetzung der Außenbahnen, auf denen viel Auswahl herrscht. Ansonsten dürfte sich wenig ändern, wozu auch angesichts des deutlich verbesserten Auftrittes in Bremen wenig Anlass besteht. Insbesondere Raffael und Stindl - letztgenannter nicht nur wegen seines Traumtores - waren hier Aktivposten, die in den Spielen zuvor nicht in diesem Maße zur Geltung kamen. Die Mannschaft sollte versuchen zu zeigen, dass der überzeugende Sieg gegen Bremen seine Ursache in erster Linie in der Gladbacher Stärke und nicht nur in der Bremer Schwäche hat. Dass mit Leverkusen ein Gegner antritt, der im Gegensatz zu vielen anderen Bundesligisten selbst Fußball spielen und nicht nur das Spiel des Gegners zerstören will, dürfte Borussia zunächst einmal liegen: Spieler wie Raffael, Stindl oder auch Hazard dürften in diesem Spiel mehr Platz bekommen, um ihre Fähigkeiten auszuspielen. Andererseits jedoch wird Bayer Leverkusen die zuletzt gezeigte Stabilität auch auf die Probe stellen wollen und können. Sicher zu stehen, wird deshalb unabdingbar sein.  

 

Denkbare Aufstellungen

Borussia: Sommer - Elvedi, Ginter, Vestergaard, Wendt - Zakaria, Kramer - Hazard, F. Johnson - Stindl, Raffael

Leverkusen: Leno - Retsos, Tah, S. Bender, Wendell - L. Bender, Aranguiz - Bailey, Brandt - Volland, Alario

 

Der SEITENWAHL-Tipp

Uwe Pirl: Borussia ist derzeit die stabilere von zwei im Positiven wie Negativen unberechenbaren Mannschaften. Borussia gewinnt 3:1.

Claus-Dieter Mayer: Mit 2:1 besiegt die Borussia den einstigen Angstgegner und bewegt sich tabellarisch damit weiter in angenehmen Gefilden.

Michael Heinen: Bei Gladbach - Leverkusen tippe ich schon aus Tradition 1:1 - auch wenn sich in mir leiser Optimismus regt, den (einstigen) Rivalen mit einem Sieg endgültig distanzieren zu können.

Christian Spoo: Herr Husefack hat also immer noch Gewissensbisse wegen 1995. Das hat er vor dem Spiel in einem Interview gesagt. Fast zerbrochen wäre er. Ich musste weinen, als ich das las. Um sein Gewissen zu beruhigen, sollte Herr Husefack seine Mannschaft anweisen, die Punkte dazulassen. Da aber jeder weiß, wie es um Herrn Husefacks Gewissen bestellt ist, wenn er gerade kein Interview gibt, wird Leverkusen ein unangenehmer Gegner sein. Borussia muss mindestens das Gesicht von Bremen zeigen, um zu bestehen. Gerät die Mannschaft in Rückstand, wird die alte Unsicherheit zurükkommen. Optimist, der ich bin, tippe ich aber auf einen 2:0-Sieg. Schon wegen des Gewissens von Herrn Husefack.

Thomas Häcki: Schwäääär. Vom Papier her kann die Borussia zufrieden sein. Der rheinische Rivale wohl eher nicht. Insgesamt überzeugt die Borussia spielerisch. Weil man aber wieder Chancen in Serie liegen lässt, endet die Partie 0:0.