Es ist angesichts der Unfassbarkeiten, die an diesem Freitag über den Anschlag auf den Mannschaftsbus von Borussias Gegner bekannt wurden, kaum möglich, diese Thematik auszublenden - dennoch geht es am Samstag Abend vornehmlich um Fußball und um Punkte, die beide Teams dringend brauchen. Borussia (die echte) will noch ins internationale Geschäft, welches in der kommenden Saison bestenfalls "Euro-League" bedeutet. Der Ballspielverein aus Dortmund hat das klare Ziel "direkte Qualifikation für die Champions League" und braucht einen Sieg, um im Duell mit Hoffenheim nicht ins Hintertreffen zu geraten. Die Hoffenheimer haben Borussia gerade geschlagen, wenngleich das Spiel in Sinsheim bis kurz vor Schluss ein offenes war. Deutlich wurde dabei aber die Verwundbarkeit der Gladbacher Hintermannschaft. Das Verwundungspotenzial der Dortmunder Offensive ist enorm, so dass ohne eine defensive Topleistung erneut ein Gegentorfestival zu befürchten steht.

Um die Gefährlichkeit der Dortmunder zu belegen genügen zwei Worte: Aubameyang. Reus. Zweiterer trifft gegen seinen früherern Arbeitgeber immer gerne. Ersterer trifft ohnehin in dieser Saison fast nach Belieben. Dass Dortmunds Trainer Thomas Tuchel offen aussprach, dass er den nicht zu 100% fitten Marco Reus zu schonen gedenkt, spricht für die Selbstsicherheit, mit der Dortmund die Partie trotz des Ausscheidens aus der Champions League angeht. Mit Schürrle und dem Langzeitausfall Götze fehlen dem BvB weitere Offensivkräfte. Aber Tempokünstler Aubameyang allein wird die Gladbacher Defensive vermutlich vor allerlei Probleme stellen. Einen ähnlich schwachen Tag wie am vergangenen Samstag dürfen sich die beiden Dänen in Gladbachs Innenverteidigung nicht leisten. In Sachen Schnelligkeit kann es ohnehin in der Borussen-Defensive niemand mit dem Gabuner aufnehmen.

Die Dortmunder Defensive ist voraussichtlich personell komplett. Mit Matthias Ginter läuft in der Innenverteidigung ein Spieler auf, der schon des Öfteren von Max Eberl umworben wurde. Fast war der Nationalspieler schon in Gladbach gelandet, seinem Bruder hatte Borussia sogar schon einen Job angedeihen lassen, da entschied sich Ginter zum Wechsel nach Dortmund. Dort wollte Borussia ihn ein Jahr später loseisen, Ginter aber entschied sich erneut gegen Gladbach. Dem Vernehmen nach hat das bei Eberl wenig Eindruck hinterlassen, angeblich baggert der Sportdirektor ein weiteres Mal am gebürtigen Freiburger. Der hat am Samstag die Gelegenheit, zu zeigen, dass er tatsächlich annähernd ein Ersatz für Andreas Christensen sein könnte. Lieber wäre es den Fans der richtigen Borussia freilich zumindest für den Moment, er würde Eberl vom Gegenteil überzeugen.

Die Gladbacher Offensive gehört potenziell ebenfalls zu den besseren der Liga. Die Verletzungen von Raffael und womöglich auch Hazard senken dieses Potenzial aber merklich. Raffael fällt definitiv aus, bei Thorgan Hazard bestand am Freitag noch eine Resthoffnung auf einen Einsatz. André Hahn hat sich in Hoffenheim nicht für weitere Startelfeinsätze aufgedrängt, so dass im Zweifelsfall erneut eine Chance für den Mann entsteht, bei dem man beim Wort "Chance" aus Erfahrung gerne "ntod" mitdenkt. Und damit ist nicht Jonas Hofmann gemeint, der trotz ähnlicher Attribute wohl auf jeden Fall spielen wird.

Im defensiven Mittelfeld muss Borussia weiter auf Christoph Kramer verzichten, der selbst angekündigt hat, auf einen Kaderplatz am Dienstag im Pokal zu schielen. Mo Dahoud ist gegne seinen künftigen Arbeitgeber gesetzt und hoffentlich nicht gehemmt. An seiner Seite im defensiven Mittelfeld wird voraussichtlich Tobi Strobl spielen, der in Hoffenheim kein gutes Spiel gemacht hat. Dass Trainer Dieter Hecking trotzdem auf die defensive Variante mit Strobl setzt, ist aber wahrscheinlicher, als dass er im zweiten Heimspiel in Folge Laszlo Benes aufbietet - auch wenn der gegen Hertha BSC nicht nur wegen seines Siegtores überzeugt hat.

Borussias Fans mögen den Kontrahenten aus Dortmund angesichts der irren und wie wir inzwischen wissen letzten Endes geradezu noch glücklich verlaufenen Bomben-Geschichte mit Respekt entgegentreten, hat Max Eberl gemahnt. Das ist eine Selbstverständlichkeit. Dumme Sprüche, Transparente oder Gesänge sind nicht angebracht. 100% Support für das Heimteam dagegen natürlich sehr wohl. Der wird auch nötig sein, damit Borussia im Streben nach einer Qualifikation fürs internationale Geschäft auch nach dem Spiel noch eine realistische Chance hat.

mögliche Aufstellungen

Borussia: Sommer - Elvedi, Vestergaard, Christensen, Wendt - Strobl, Dahoud - Traoré, Hofmann - Stindl, Drmic

Dortmund: Bürki - Pisczek, Sokratis, Ginter, Schmelzer - Weigl - Dembélé, Castro, Kagawa, Pulisic - Aubameyang

SEITENWAHL-Prognose

Christian Spoo: Borussia ist ersatzgeschwächt nicht in der Lage, Dortmund wirklich wehzutun. Dazu steht die Mannschaft hinten nicht stabil und verliert entsprechend deutlich mit 1:3

Thomas Häcki: Fussballerisch weit vom Möglichen entfernt, aber unterhaltsam ist es allemal. Nur weiß das 2:2 niemand so richtig zu deuten!

Michael Heinen: Borussia trennt sich von Dortmund mit 1:1. Am Ende wäre sogar noch mehr drin gewesen.