Noch vor zwei Wochen war großes Wehklagen angesagt am Niederrhein. Nach zwei desolaten Auswärtsniederlagen in Ingolstadt und Hannover schien Borussia auf dem Tiefpunkt und drohte im schlimmsten Fall sogar noch die bereits sicher geglaubte Europacup-Teilnahme zu verspielen. Wie schnelllebig der Fußball doch ist! Nur zwei Partien später hat sich die Mannschaft von André Schubert wieder auf den 4. Platz vorgeschoben und hat beste Aussichten, in weiteren zwei Wochen einen erneut überragenden Saisonausgang zu feiern.

Hilfreich war dabei das 1:1 bei der B-Elf des FC Bayern, bei dem insbesondere die Leistungssteigerung in der 2. Spielhälfte Grund zur Zuversicht bot. Trotz einer etwas mauen Startphase war es insgesamt ein ordentlicher Auswärtsauftritt, der zurecht mit einem Punkt belohnt wurde. Ob die Auswärtsphobie der letzten Monate tatsächlich behoben ist, wird sich aber frühestens beim Endspiel in Darmstadt zeigen.

Schalkes Lame-Duck-Manager Horst Heldt bemängelte mit Recht, dass die Bayern ihren Hauptfokus eher auf das Champions League-Halbfinale legten und dafür sogar die vermeintliche Meisterfeier dahoam aufs Spiel setzten. Es ist stets ein großes Ärgernis, wenn Vereine zum Ende einer Spielzeit den Wettbewerb verzerren und dies ist auch dann zu kritisieren, wenn Borussia davon profitiert. Im Vorjahr gestatteten die Bayern z. B. Bayer Leverkusen einen leichten Heimsieg, indem sie diversen A-Jugendlichen zu ihrem Bundesliga-Debüt verhalfen, deren Namen vorher und nachher kaum jemandem bekannt waren. Gegen Borussia war von Rico Strieder, Lukas Görtler und Gianluca Gaudino allerdings wenig zu sehen. Die Bayern setzten immerhin auf 4 Weltmeister und eine insgesamt immer noch sehr ansehnliche Truppe, die einen ca. dreimal so hohen Marktwert aufwies wie der Startkader von Borussia. Von daher war der Punktgewinn nicht komplett geschenkt, wenngleich der absolute Siegeswille beim designierten Meister nicht zu erkennen war. Ob derlei Kritik allerdings ausgerechnet vom Manager des Vereins angemessen ist, der noch drei Wochen zuvor von der B-Elf des Reviernachbarn aus Dortmund einen glücklichen Punkt geschenkt bekommen hat?

Die Schalker sind nach dem ebenso glücklichen 3:1 in Hannover nur noch einen Punkt von Borussia entfernt, was angesichts des direkten Duells und der generellen Saison“leistung“ der Knappen ein schlechter Scherz ist. Bei so viel Dusel ist es ihnen aber zuzutrauen, im Saisonendspurt auch noch die beiden letzten Spiele gegen Augsburg und in Hoffenheim siegreich zu gestalten, wodurch Borussia in jedem Fall noch zwei Siege benötigt, um den CL-Qualifikationsplatz abzusichern.

Beide ausstehenden Partien sind völlig offen. Leverkusen kommt mit einer Serie von 7 Siegen in Folge, hat sich aber durch den Sieg über Berlin vergangene Woche Platz 3 bereits fest gesichert. Trotzdem ist nicht zu erwarten, dass sie die Saison nun mit zwei Niederlagen ausklingen lassen werden. Die bestehende Euphorie wird sie auch am kommenden Samstag zu einem richtig schweren Gegner machen, gegen den Borussia ihre volle Heimstärke wird aufbringen müssen. Im letzten Saisonspiel sind die Vorzeichen für den Gegner komplett umgedreht. Darmstadt wird vermutlich auch am letzten Spieltag noch gegen den Abstieg kämpfen und jeden Punkt benötigen, um diesen aus eigener Kraft zu vermeiden. Die letzten Niederlagen, durch die eine höchst komfortable Ausgangsposition noch hergeschenkt worden ist, haben aber zur Verunsicherung beigetragen. Borussia erwartet daher ein Kampfspiel, das sie mit der zuletzt in Ingolstadt und Hannover gezeigten Auswärtseinstellung nur verlieren kann. Es wäre traurig, wenn eine ansonsten zwar wechselhafte, aber ordentliche Saison durch einen weiteren enttäuschenden Auswärtsauftritt negativ enden würde.

Im schlimmsten Fall droht Borussia noch ein Abrutschen auf den undankbaren 7. Tabellenplatz, was angesichts der schwachen Form von Mainz und Hertha und deren direktem Aufeinandertreffen am letzten Spieltag eher unwahrscheinlich ist. Der Tabellensiebte muss bereits am 28. Juli und 4. August in die 3. Qualifikationsrunde zur Europa League und im Erfolgsfall am 18. und 25. August gleich noch eine Play-Off-Runde überstehen, um an der Gruppenphase teilnehmen zu dürfen. Borussia sollte sich die Reise zu ebenso illustren wie undankbaren Vereinen a la Zorya Luhansk oder Vorskla Poltava besser ersparen. Die Plätze 5 und 6 würden dazu ausreichen, denn dann würde es am 15. September sofort in der Gruppenphase der Europa-League losgehen.

Im Idealfall kann die Mannschaft aber den 4. Platz halten und sich damit erneut für die Play-Offs zur Champions League am 16./17. sowie 23./24. August qualifizieren. Da der UEFA-Koeffizient der Borussia weiterhin relativ niedrig ist, würde sie dort eher zu den ungesetzten Teams gehören und könnte damit z. B. auf Manchester City, FC Porto oder Villarreal (sofern diese nicht die EL gewinnen) treffen. Auftritte wie gegen Turin oder München in dieser Saison haben aber gezeigt, dass sich die Fohlenelf in Bestform europaweit vor keinem Team verstecken braucht – und dies selbst auswärts.